29.04.2018

Riverboat


Leute, der Name Riverboat klingt schon irgendwie toll als Spieltitel. Doch die alten Dampfer auf dem Mississippi spielen im Eurokampf um Siegpunkte nur eine untergeordnete Rolle. Aber irgendwie muss das Ding ja heißen. Tut dem ganzen aber auch keinen Abbruch. Riverboat von Michael Kiesling (ja, ohne Wolfgang Kramer) ist ein durchaus interessanter Mechanismenmix, der schnell gespielt ist und in der Kürze der Spieldauer einige sehr interessante Entscheidungen abverlangt.

In Riverboat beackern wir eine Farm am Ufer des Mississippi und versuchen möglichst viele unserer Erzeugnisse auf die ikonischen Dampfer zu verladen. Ein bisschen Mehrheitenpolitik in der nächstgrößten Stadt - New Orleans - darf natürlich auch nicht fehlen. Gleich vorweg fällt materialtechnisch jedoch auf, dass (obwohl es ums Beackern von Farmen in den Südstaaten geht) die Meeples in weißer Farbe gehalten sind. Man muss dem ganzen auch nicht mehr Aufmerksamkeit schenken, als nötig, aber in Zeiten, bei denen die Materialentscheidungen von Puerto Rico oder aber Mombasa kritisiert werden, muss man wohl auf Nummer sicher gehen. In Riverboat arbeiten also weiße Meeples auf Farmen. Punkt.


Aber kommen wir doch mal zur Spielmechanik. Das Grundprinzip in Riverboat ist ein bunter Mix aus bereits Bekanntem. Grundsätzlich teilt sich das Spiel in 4 Runden á 5 Phasen auf. In jeder der fünf Phasen führen alle Spieler die exakt selbe Aktion aus. Nur ein Spieler darf in guter alter Puerto Rico Manier einen kleinen Bonus zusätzlich ausführen. Wer das in welcher Phase der Runde sein wird, wird zu Beginn durch einen simplen Draftmechanismus bestimmt. Ich persönlich bin Fan von diesem Mechanismus. Kleine Regel, großer Effekt. Ich muss also zu Beginn einer jeden Runde entscheiden, welche Bonusaktion mir diese Runde besonders viel Wert ist.


Die einzelnen Runden lassen sich wie folgt grob zusammenfassen: Arbeiter auf Farmen platzieren, Felder beackern, Riverboats beladen, Wertungsplättchen nehmen, Wertung ausführen. Zu schnell? Okay, ich schalte einen Gang zurück. Die Phasen sind ziemlich logisch aufeinander folgend. Während wir in der ersten Platzierungphase noch in einer Art Kingdom Builder Mechanismus versuchen unsere Arbeiter in einem bestimmten Muster auf unserer Farm zu platzieren (Füllen von Farbfelder bringt Punkte), wähle ich in Phase zwei möglichst Ressourcen aus, die ich anbaue, mit denen ich maximale Riverboats beladen kann. Ziel ist es grundsätzlich viele Ressourcen einer Sorte anzubauen. Das bringt mir die großen Dampfer ein und bringt später auch richtig Punkte bei den Wertungsplättchen ein.


Wie in jeder Phase des Spiels ist die Zugreihenfolge nicht von unerheblicher Bedeutung. Ich wähle zuerst die anzubauenden Ressourcen, ich habe Erstzugriff auf die volle Dampferauswahl, ich nehme mir das Wertungsplättchen, was mir persönlich bestmöglich in den Kram passt. In jeder Phase habe ich aber auch die Möglichkeit eine Art Joker zu spielen. Dafür zahle ich Geld. Ein Mechanismus, der mir persönlich in Riverboat sehr gut gefallen hat, da er verhindert, dass Mitspieler einem so richtig die Tour vermasseln können. Klar, bringt Geld am Ende des Spiels nochmal extra Siegpunkte, aber so habe ich stets die Optionen variabel auf die Spielsituation zu reagieren.


Ganz unerwähnt lassen möchte ich natürlich auch nicht den Hafenmeister. Hier haben wir es mit einer Art zusätzlichem Wettrennen um Punkte zu tun. Diesen kann ich durch verschiedene Aktionen auf einer Leiste fortbewegen. Liege ich am Spielende ganz vorne, erhalte ich die volle Bewegungspunktzahl. Alle anderen halbieren den mit dem Hafenmeister zurückgelegten Weg. Clever ist dieser Mechanismus insofern, da er Riverboat noch eine weitere Dimension verpasst. Ich muss dieses (vom Spiel ansonsten völlig losgelöste) Wettrennen permanent im Blick haben. Lohnt es sich weiterhin dort Aktionen zu investieren oder habe ich dort ohnehin keine Chance auf den ersten Platz mehr und platziere meine Aktionen lieber anderweitig? Gefällt!


Gewertet wird hauptsächlich durch sogenannte Gutachter. Diese kann ich einsammeln und pro Runde zwei auf Wertungsplättchen setzen. Dann gibt es Punkte für besonders tolle Kartoffeln, großartige Lagerhäuser und großartig erfüllte Wertunglättchen. Der Clou? Ich kann alles nur einmal werten. Dadurch, dass ich pro Runde aber nur zwei Wertungen durchführen kann, stellt sich mir also permanent die Frage wann und ob ich eine Wertung auslösen sollte.

Zusammenfassend gefällt mir Riverboat sehr gut. Ich mag den puertoricotesschen Aktionsauswahlmechanismus. Aber auch die Verzahnung der einzelnen Phasen spielt sich flüssig. Jede Phase baut aufeinander auf und fühlt sich ins Spiel integriert an. Am wenigsten passt für mich noch die Mehrheitenwertung in New Orleans, wohin ich im Laufe einer Partie Arbeiter schicken kann. Okay, es bringt noch eine weitere Wertung ins Spiel, aber die hätte es für mich am wenigsten gebraucht. Schön finde ich auch das Wettrennen der Hafenmeister. Nicht allein deswegen, da ich Wettrennen mag, sondern da ich hier die Möglichkeit habe mitzumachen (mit der Chance auf große Punkte) oder eben meine Kräfte anderweitig einsetze (und damit vielleicht den Führenden davonziehen lasse).

Riverboat erfindet das Rad nicht neu, spielt sich aber eingängig, da die Mechanismen bekannt sind, und rund. Empfehlung - nicht nur für Eurofans!

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Riverboat von Michael Kiesling
Erschienen bei Lookout
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 90 Min.
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Lookout)