26.06.2020

Arschlochkind


Für mich war es ein deutscher Comedian Anfang der 2000er, der den Begriff des Arschlochkinds geprägt hat. Die darunter zusammengefassten Ergebnisse pädagogischer Fehlleistungen sind den meisten von uns in all ihren Facetten ein (klischeebehafteter) Begriff.

Jetzt kann ich mich mit dem Kartenspiel Arschlochkind jederzeit darum bemühen, die absurdesten Erziehungsmethoden an meinem fiktiven Nachwuchs auszuprobieren. Zusammen mit meinen MitspielerInnen wetteifere ich also darum, das mieseste Elternteil zu sein. 


Arschlochkind reiht sich mit dieser Prämisse also ein in Party-Kartenspiele wie Munchkin, Chez Geek oder Spank the Monkey und möchte den Spielenden einfach eine gute, witzige Zeit schenken. Das beginnt schon mit der Zuteilung des Kindes, das man durch die drei Phasen „Kleinkind“, „Schüler“ und „Teenager“ begleitet und „erzieht“. Vom Dreckspatz über die Petze und den Besserwisser ist bis zur Heulsuse alles dabei. In jeder der drei Wachstumsphasen werden reihum Erziehungskarten auf das eigene oder die Kinder der Mitspielenden gespielt, um die Werte des gewählten Görs zu verschlechtern oder zu verbessern.


Wer am Ende die niedrigste Punktzahl – und damit das größte Arschlochkind – hat, gewinnt. Die Erziehungskarten sind dabei das Herz des Spiels. Die Werte der Kinder (Gesundheit, Freiheit, Liebe, Macht & Erfolg) werden durch krude Erziehungsmaßnahmen verändert. Für jede der drei Wachstumsphasen gibt es ein eigenes passendes Deck mit pädagogischen Totalausfällen. Kleinkinder werden da schon mal mit Whiskey ruhiggestellt, Schüler bis zum Alter von zwölf Jahren gestillt und Teenies zum Leben auf der Straße verdonnert. Die Geschichten, die dabei für die einzelnen Kinder entstehen, sind skurril-witzig und machen besonders Spaß, wenn man seinem Kind anfangs einen passenden Namen gegeben hat. Schön chaotisch wird die Runde dann noch, wenn Abwehrkarten zum Einsatz kommen, um Erziehungskarten oder andere Abwehrkarten abzuwehren.

Nach vier Runden ist eine Wachstumsphase abgeschlossen und es wird gewertet. Dabei zählt man die Werte des Kindes zusammen und es ergibt sich eine Zwischenpunktzahl. Das Spannende an Arschlochkind ist, wie diese Werte zustande kommen. Alle Spielkarten mit Ausnahme der Kinder sind farblos, also durchsichtig. Die Erziehungskarten verändern meist nur einzelne Werte und die entsprechende Karte wird einfach auf das Arschlochkind gelegt, wo es die zuvor sichtbaren Werte teilweise verdeckt. 


Man hat daher immer ein Auge drauf, sein eigenes Kind gleichmäßig in allen Bereichen schlecht zu erziehen, während man bei den Mitspielenden das genaue Gegenteil versucht. Das ist vor allem in der letzten der vier Runden einer Phase relevant, wenn man keine Karten mehr auf das eigene Kind spielen darf. Dass pro Phase nur vier Züge möglich sind, macht planvolles Vorgehen nötig, um möglichst effizient zu spielen. Gleichzeitig kommt das Spiel so in einen passenden Rhythmus, ohne langatmig zu werden.

Wer den manchmal etwas härteren, politisch nicht ganz korrekten Humor von Arschlochkind zu schätzen weiß, wird mit dem Spiel seine helle Freude haben. Von den Mechaniken her ist das Ganze nichts Besonderes, aber es geht auch einfach mehr um die Gaudi, die man beim Ausspielen der Karten und beim „Schlechte-Eltern-Rollenspiel“ haben kann. Dennoch fragt man sich, wie lange das Spiel witzig bleibt. Mit ein und derselben Gruppe wird man wohl maximal zwei, drei unterhaltsame Runden spielen können, ehe sich die Gags wiederholen und ein relativ simples Kartenspiel übrigbleibt.

Wem das reicht, der macht mit Arschlochkind definitiv nichts falsch. Ansonsten sollte man sich aber eher mit den bereits weiter oben genannten Alternativen, wie etwa Munchkin beschäftigen.
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Arschlochkind von Angela Vögtli
Erschienen bei Kampfhummel Spiele
Für 3 bis 6 Spieler in 75 Minuten ab 16 Jahren
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Kampfhummel Spiele)