10.07.2020

So nicht, Schurke!


Ich denke, die meisten werden zustimmen, dass es aus spannungsstrategischen Gründen nur wenig Sinn ergibt, das Fazit bereits an den Anfang einer Rezension zu packen, da es sonst witzlos für den Leser ist, sich die gesamte Rezension von vorne bis hinten aufmerksam durchzulesen. Ich tue es trotzdem. Also hier mein Fazit: So nicht, Schurke! ist das mit Abstand beste Kinderspiel, das ich je gespielt habe, und ich kann es nicht bedenkenlos an alle Familien weiterempfehlen! Ob sich diese Aussagen widersprechen? Nicht wirklich. Warum nicht? Na da müsst ihr wohl die gesamte Rezension von vorne bis hinten aufmerksam durchlesen...

So nicht, Schurke! ist kein typisches Kinderspiel, in dem man sich mit seinen Figuren über ein Spielfeld bewegt, sich Kärtchen merkt oder Kugeln, Pinguine oder andere Dinge durch die Gegend schnippst. Nein, es handelt sich um ein Rollenspiel, das größtenteils in den Köpfen der Kinder – und des Erzählers – stattfindet. Gemeinsam macht man sich auf nach „Fabula“, begibt sich dort auf Rettungsmissionen, kämpft gegen furchterregende – doch teils auch recht lustige – Monster, klettert über wackelige Hängebrücken, zähmt wildgewordene Dinosaurier und hilft sich gegenseitig, um das Abenteuer gemeinsam als Team zu bestehen. Doch genug der Worte... seid ihr bereit, in die spannende vielseitig-farbenfrohe Welt von So nicht, Schurke! einzutauchen?


Material

Ja, es gibt einige vorgedruckte Charakterbögen, die man sich auf der Homepage des Uhrwerk Verlags zusätzlich downloaden kann, falls sie mal ausgehen. Und ja, es gibt sechsseitige Würfel in den fünf verschiedenen Spielerfarben. Und auch kinderfreundlich illustrierte Pappmarker für die später aufzufüllenden Eigenschaftsvorräte sind vorhanden. Sehr schön zudem die 80 Karten mit Infos zu den möglichen Charakteren, Schurken und Fähigkeiten, die das Spielen durchaus erleichtern. Doch auch wenn all dies – bis auf die Würfel vielleicht – nicht vorhanden wäre, hätten wir es nach wie vor mit einem grandiosen Spiel zu tun. Denn alles, was man für eine Partie So nicht, Schurke! im Kern braucht, ist das umfangreiche und unglaublich schön illustrierte Regelbuch sowie das ebenso toll gestaltete Abenteuerbuch. 


Im Regelbuch befinden sich auf insgesamt 106 Seiten die allgemeinen Regeln zum Spielablauf, eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für das Erstellen eines Charakters und eine Menge detailreicher Informationen zur Fabelwelt „Fabula“ und den Kreaturen, die sich in ihr tummeln. Bevor ihr jetzt beim Stichwort „106 Seiten“ sogleich die Flucht ergreift, möchte ich vorab darauf hinweisen, dass es absolut nicht nötig ist, sich vor der ersten Partie alles ganz genau durchzulesen. Solange die Grundregeln klar sind und man weiß, wie die Charaktererstellung funktioniert, kann der Rest des Regelbuchs fürs Erste problemlos übersprungen werden. 

Im Abenteuerbuch findet man schließlich nützliche Tipps für den Spielleiter und drei erste für den Erzähler aufbereitete Abenteuer mit einer Beschreibung des zu lösenden Problems (z.B. eine anstehende Rettungsmission), vorformulierten und die Geschichte vorantreibenden Texten zum Vorlesen, allen wichtigen Informationen zu den in diesem Abenteuer auftauchenden Schurken und Kreaturen, Karten bzw. Skizzen der zu bereisenden Orte, Handouts und Vordrucke für die Spieler und alles, was man sonst als Erzähler braucht, um die Spieler durch das Abenteuer zu leiten.


Wenn ich das gesamte Material berücksichtige, würde ich sagen, dass die Qualität absolut ausreichend ist, und mich vielleicht dezent darüber aufregen, dass einfach zu wenige Eigenschaftsmarker aus Pappe vorhanden sind, um alle Spieler damit zu versorgen – wobei die Eigenschaftsmarker auf der Website des Verlags zumindest zum Download bereitgestellt werden. Fokussiere ich mich jedoch auf das Regel- und Abenteuerbuche gibt es wirklich nichts zu beanstanden, denn die Materialqualität der Seiten ist gut und die Aufmachung und Gestaltung im Inneren schlichtweg der Wahnsinn! 


Ablauf

Doch wie läuft so ne Partie So nicht, Schurke! jetzt eigentlich ab? Zunächst müssen die Spieler sich ihren Charakter zusammenbasteln, indem sie sich zuerst überlegen, ob sie gerne ein Roboter, eine Spionin, ein Zauberer, eine Feuerwehrfrau, ein Pirat, eine Prinzessin, ein Astronaut, eine Superheldin oder doch etwas völlig anderes sein wollen. Danach geben sie ihrem Charakter einen Namen, überlegen sich ggf. eine kurze Hintergrundgeschichte zu ihrem Charakter und suchen sich abhängig von der „Charakterklasse“ entweder eine Nah- oder eine Fernkampfwaffe aus, wie z.B. eine Schlangen-Peitsche, Tigerkrallen, eine Schleimkanone oder einen Zauberstab. Zudem startet jede „Klasse“ mit einer bestimmten Punkteverteilung bei den Eigenschaftsvorräten (Stark, Schnell, Schlau, Fabelhaft) und jede Klasse hat eine Spezialfähigkeit sowie einen Rucksack mit Ausrüstung, Heldenkrams und Kleingeld, von dem sich die Spieler später weitere Ausrüstungsgegenstände kaufen können. Die Spezialfähigkeit der Prinzessin ist es zum Beispiel, Schurken und andere Charaktere in Fabula mit Witz und Gesang auf ihre Seite zu ziehen, während der Spion sich ganz leicht an wachsamen Schurken vorbeischleichen kann. 


Je nach Alter des Kindes kann man seinen Charakter nun noch etwas komplexer machen und ihm einerseits ein Adjektiv (z.B. kräftig oder raffiniert) hinzufügen, was einem einen zusätzlichen Punkt in einem der Eigenschaftsvorräte beschert. Andererseits kann man dem Charakter zusätzlich ein Verb hinzufügen (z.B. „wie der Wind läuft“ oder „mit Wissenschaft experimentiert), was ihm eine weitere Sonderfähigkeit verleiht. Die finale Beschreibung des eigenen Charakters mit Nomen, Adjektiv und Verb könnte auf der höchsten Komplexitätsstufe beispielsweise so ausschauen: Jack ist ein raffinierter Spion, der wie der Wind läuft. 

Zu guter Letzt dürfen sich alle Helden noch einen Begleiter aussuchen, z.B. einen Außerirdischen, einen Wolf, einen kleinen Drachen, einen Robohund oder etwas völlig anderes. Zudem kann man seinem Begleiter – je nach gewünschtem Komplexitätsgrad – zuvor gefundene Leckerlis geben, wodurch sie Tricks erlernen, die fürs spätere Abenteuer nützlich sein könnten.


Haben alle ihre Charaktere erstellt, beginnt das Abenteuer, indem der Spielleiter die Spieler zunächst in erzählerischer Manier mit einem zu lösenden Problem konfrontiert. Im ersten vorgefertigten Abenteuer werden die Spieler z.B. von ihrem Begleiter geweckt, der ihnen einen Brief mit einem Hilferuf der Bienenkönigin Blümchen hinhält, deren Freund bei einer Expedition spurlos verschwunden zu sein scheint. Durch verschiedene Zugänge in ihrem Zimmer, zum Beispiel im Schrank oder unterm Bett, kommen sie nach Fabula, wo sie die anderen Spieler treffen, sich ggf. kurz gegenseitig vorstellen, gemeinsam einen Plan schmieden, und sich dann mit ihnen zusammen ins Abenteuer stürzen. 

Während eines Abenteuers skizziert der Spielleiter den Spielern zunächst immer, welche Umgebung, Situation oder Figuren sie vorfinden und dann dürfen die Spieler reihum Aktionen ausführen. Die Anzahl an möglichen Aktionen ist jedoch nicht, wie es in anderen Spielen der Fall ist, auf einige wenige begrenzt, ganz im Gegenteil können Spieler so ziemlich alles machen – oder es zumindest versuchen – wonach ihnen der Sinn steht. Sehen die Spieler in den wispernden Wäldern zum Beispiel eine Gruppe von Sägezahn-Hexen können sie selbst entscheiden, wie sie an die Situation herangehen. Ein Spieler könnte zum Beispiel sagen: „Ich suche auf dem Boden nach etwas, das ich werfen kann und werfe es in die Büsche links von uns, um die Hexen abzulenken.“ Oder: „Ich reiße einen Ast mit Blättern von einem der Bäume, halte die Äste vor mich und versuche an den Hexen vorbei zu schleichen.“ Oder: „Ich nehme meinen Pfeil und Bogen und schieße auf die Hexe, die am nähesten zu mir steht.“ Oder… Okay, ich glaube es ist klar geworden, wie unendlich groß die Möglichkeiten sind. Sobald ein Spieler geäußert hat, was er bzw. sie tun will, legt der Spielleiter je nach Schwierigkeit der Aktion eine Zielzahl zwischen 1-8 fest, die der Spieler mindestens würfeln muss, um erfolgreich zu sein – natürlich liegt es an dem Spielleiter und den Spielern, wie detailliert sie erfolgreiche und weniger erfolgreiche Aktionen erzählerisch ausschmücken wollen. 


Darüber hinaus dürfen die Spieler je nach Art der Aktion – die ebenfalls vom Leiter festgelegt wird – einen Punkt aus ihrem Eigenschaftsvorrat ausgeben, um die Zielzahl um 1 zu senken. Möchte ein Spieler beispielsweise einen schweren Felsbrocken aus dem Weg rollen, indem er sich mit einem gekonnten Ninjasprung beidbeinig voraus gegen den steinigen Klumpen schleudert, ist dies vermutlich eine „starke“ Aktion, die zudem eine eher hohe Zielzahl (vielleicht 5?) verlangt. Mit dem Ausgeben eines Punkts aus dem „Stark-Vorrat“ ließe sich diese dann auf 4 senken. Darüber hinaus kann ein anderer Spieler dem agierenden Charakter helfen, indem er einen Punkt aus dem „Fabelhaft“-Vorrat ausgibt, was die Zielzahl erneut um 1 senkt. Auf diese Weise können theoretisch sogar extremhohe Zielzahlen wie 7 oder 8 auf 5 bzw. 6 gesenkt werden, sodass im Spiel theoretisch alles möglich bleibt. Gehen die Vorräte einmal zur Neige, lassen sie sich relativ leicht wieder auffüllen – außer man spielt mit erfahreneren Spielern, die sich nach mehr Herausforderung und einem größeren Schwierigkeitsgrad sehnen.


Auf diese Weise bewegen, klettern, reden, springen, tanzen, singen, schwimmen und kämpfen sich die Helden also ihren Weg durchs Abenteuer, bis sie im besten Fall das Problem gelöst haben und alle gemeinsam feiern können. Der Spielleiter sorgt stets dafür, dass die Geschichte voranschreitet, schildert den Spielern immer wieder die neuen Gegebenheiten, beantwortet die Fragen der Spieler, reagiert auf deren Aktionsvorschläge und spielt alle sonstigen Figuren, Monster und Kreaturen in ganz Fabula. Ob die Spieler ganz in ihre Rolle schlüpfen und in echter Rollenspielmanier miteinander interagieren („Pass auf Jack! Da drüben stehen zwei Säbelzahn-Hexen. Wieso schießt du nicht mit deinem Pfeil und Bogen auf sie?“) oder ob sie in der dritten Person über ihre Charaktere sprechen („Jack wirft einen kurzen Blick auf die Säbelzahn-Hexen und weiß sofort, was zu tun ist. Er holt seinen Pfeil und Bogen raus und schießt einen Pfeil in ihre Richtung“.) ist jedem selbst überlassen. Natürlich kann es der Spielleiter den jüngeren und/oder unerfahreneren Spielern einfacher machen, indem er ihnen zunächst eine Auswahl an möglichen Aktionen zur Verfügung stellt („Möchtest du die Säbelzahn-Hexen angreifen, versuchst du dich an ihnen vorbei zu schleichen oder möchtest du etwas ganz anderes tun?“).


Kämpfe in So nicht, Schurke! verlaufen, wie man es aus anderen Rollenspielen wie Dungeons & Dragons kennt, rundenbasiert, wobei die Schurken immer erst nach den Spielern an der Reihe sind. Nahkampfangriffe sind i.d.R. „starke“ Aktionen und Fernkampwaffen „schnelle“. Das Level des Schurken entspricht zugleich der Zielzahl, die es gilt zu würfeln, um Schaden zuzufügen sowie dem Schaden, die sie den Spielern zufügen, wenn sie erfolgreich angreifen. Zudem hat jede Kreatur eine bestimmte Anzahl an Lebenspunkten, eine bestimmte Spezialfähigkeit sowie eine Macke, die es gilt herauszufinden, damit man sie leichter bekämpfen kann.

Da solche Abenteuer für junge Helden zuweilen doch sehr aufregend sein können, hat jeder Spieler zu jederzeit zudem die Möglichkeit, das Spiel zu pausieren, indem er oder sie schlicht und einfach ruftt: "So nicht, Schurke!"


Fazit

Im Grunde genommen kennt ihr mein Fazit ja bereits. Doch ich wiederhole mich gerne. So nicht, Schurke! ist das beste Kinderspiel, das ich je gespielt habe! Warum? Naja, wenn ich Spielspaß und Wiederspielreiz als nachvollziehbare oberste Bewertungskriterien festsetze, führt kein Weg um dieses epische Abenteuer-Rollenspiel für Kinder herum. Meine Patenkinder (6 und 7) fragen mich ständig, wann wir das nächste Abenteuer spielen können und der Wiederspielreiz ist nahezu unendlich, da Fabula mit mehr als 30 Orten, mehreren Problemvorschlägen für jeden dieser Orte, 15 verschiedenen Kreaturen/Schurken und unzähligen möglichen Aktionen während des Abenteuers brilliert. Und was hält euch davon ab, nach den allgemeinen Regeln Monster, Waffen, Charaktere, Begleiter, Problemstellungen etc. hinzu zu erfinden? 


Besondern beeindruckt hat mich die Liebe zum Detail, die auf jeder Seite des Regel- und Abenteuerbuchs zu spüren ist. Es hätte doch sicherlich auch gereicht den Spielern 2-3 Beispielwaffen vorzuschlagen, aber nein, es sind 33 Vorschläge mit kurzer humorvoller Beschreibung. Es wäre völlig ausreichend gewesen, 2-3 Beispielbegleiter vorzustellen, aber nein, es sind 13 Beispiele mit schicker Illustration und kurzer Beschreibung und Vorschlägen. Es hätte sich niemand beschwert, wenn es bei der Beschreibung der Orte von Fabula geblieben wäre, aber nein, die Spieldesigner haben sich zudem noch die zwölf Fabelschätze von Fabula mit Illustration und Kurzbeschreibung überlegt, die irgendwo in Fabula verschollen sind und nur darauf warten von mutigen Helden gefunden zu werden. Und ein letztes Mal noch… Alle Spielleiter wären damit zufrieden gewesen, bei der Beschreibung des ersten Abenteuers den groben Inhalt des Briefes der Bienenkönigin Blümchen zu erfahren, aber nein, der Brief steht mit schöner Gestaltung, Unterschrift und Siegel im Anhang des Abenteuerbuchs als Kopiervorlage bereit – und ihr hättet die großen Augen meiner Patenkinder sehen sollen als ich den Brief hervorgeholt und vor sie gelegt habe. Seite für Seite wird man hier mit Beispielen, Beschreibungen, Vorschlägen, Erklärungen sowie mit sehr hübschen und kreativen Illustrationen bombardiert – im Positiven! Mir persönlich hat es tatsächlich Spaß gemacht, die 106 Seiten des Regelbuchs sowie die weiteren 45 Seiten des Abenteuerbuchs durchzulesen und dabei auf immer neue Details und Ideen zu stoßen. 


Sehr gut durchdacht ist auch die Charaktererstellung, die auf Spieler unterschiedlichen Alters und Erfahrungsgrads Rücksicht nimmt. Dadurch können 4-jährige mit viel Unterstützung ebenso mitspielen wie 8-jährige, deren Charaktere schon etwas komplexer sein dürfen. Auch das Durchspielen des Abenteuers kann leicht an die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Mitspieler angepasst werden. Gibt man unerfahrenen Spielern vielleicht eine Auswahl an möglichen Aktionen in einer Situation, fragt man erfahrenere Spieler ganz offen, was sie tun möchten. Auf diese Weise hat jeder Spaß und alle können am Bestehen des Abenteuers mitwirken.

Allerdings ist das Spiel doch eher für jüngere Kinder gestaltet worden, die sich köstlich über einen mit der Schleimpistole vollgeschleimten Hubba Bubba – eine Kreatur, die mit Kaugummiblasen angreift – amüsieren. Aal-Kanone, Robosaurier, Drachenrotz-Fälle und Stolpergeist mögen jüngere Kinder ganz in ihrer Lebenswelt abholen, sind für ältere Kinder, die sich nach „richtigen“ Abenteuern sehnen, jedoch sicher viel zu kindisch. Das bedeutet jedoch nicht zwingend, dass das Spiel für ältere Kinder rausfällt. Denn es gibt immer noch die Rolle des Spielleiters, die deutlich anspruchsvoller ist als die der Spieler. Anstatt eines Elternteils könnte ja vielleicht auch der große Bruder oder die große Schwester beim nächsten Abenteuer den Spielleiter geben? Außerdem werden die Kinder mit diesem Spiel schon früh mit Rollenspielen vertraut gemacht. Werden sie irgendwann zu alt für So nicht, Schurke!,  fällt der Übergang zu einem der großen „erwachsenen“ RPGs mit Sicherheit deutlich leichter.


Dennoch, und nun kommen wir zum zweiten Teil meines Fazits, würde ich das Spiel nicht bedenkenlos an alle Familien mit jüngeren Kindern empfehlen – zumindest nicht ohne vorher auf ein paar Dinge hingewiesen zu haben. Normalerweise packt man ein Kinderspiel aus, liest sich schnell die überschaubare Anleitung durch und fängt an zu spielen. So läuft das mit So nicht, Schurke! aber nicht. Jeder, der sich schonmal bereiterklärt hat, eine Kampagne bzw. ein Abenteuer eines Rollenspiels zu leiten, weiß, wie viel Vorbereitungsarbeit dahintersteckt. Zunächst heißt es also, hinsetzen und Anleitung lesen, und danach gilt es noch, sich das Abenteuer durchzulesen und vorzubereiten. Selbstverständlich nehmen die Einstiegsabenteuer dem Spielleiter enorm viel Vorbereitungszeit ab, was den Einstieg deutlich erleichtert. Dennoch muss selbst hier vorab deutlich mehr Zeit als für andere Kinder- und Familienspiele investiert werden. 

Zudem können sich Rollenspiele für diejenigen, die in diese Richtung bisher kaum bis keine Erfahrungen gesammelt haben, zu Beginn ein wenig unnatürlich und angestrengt anfühlen. Der Spielspaß hängt jedoch schon auch sehr stark vom Spieleiter und dessen erzählerischem Können ab. Damit möchte ich nicht sagen, dass manche zum Spielleiter geboren sind und es andere gar nicht erst probieren sollten. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass man sich zunächst in die Rolle einfinden muss und noch kein Meister vom Himmel gefallen ist. Von Abenteuer zu Abenteuer – und da bin ich mir sicher – wird das Erzählen und das Rollenspiel immer entspannter werden. Und solange man als Leiter stets offen für Selbst- und Fremdkritik bleibt und sich gut auf die einzelnen Abenteuer vorbereitet, steht einem enormen Langzeitspielspaß mit So nicht, Schurke! nichts mehr im Weg, zumal es bereits zwei Erweiterungen gibt, von denen eine der Unterstützung des (jüngeren) Spielleiters gewidmet ist. Die andere fokussiert sich übrigens auf die Einführung und Erstellung neuer Monster und stellt vier neue Abenteuer bereit.


So schwer die Hürde für manche vielleicht zu nehmen ist, denke ich, dass sich der Aufwand auf alle Fälle lohnt, denn im Rollenspiel werden die Kinder kreativ, denken um die Ecke, um Probleme zu lösen, und merken, wie wichtig es ist, im Team zu arbeiten, um schwierige Herausforderungen zu meistern. 

Schließlich könnte es durchaus wichtig sein, dass der Spielleiter den Kindern schon in der ersten Partie ganz klar macht, dass nur sie Fabula von ihrem Zimmer aus betreten können, und dass ein starker und nicht zu brechender Zauber stets verhindert, dass die Monster aus Fabula in ihr Zimmer gelangen.

Ich bereite gerade schon wieder das nächste Abenteuer für meine beiden Patenkinder vor, in dem sie sich einen Weg einfallen lassen müssen, die Bewohner von Schloss Singsang, die von irgendetwas in einen tiefen Schlummer versetzt wurden, wieder aufzuwecken. Für mich fühlen sich die Abenteuer mit den zweien nicht an wie ein Spiel, das man mal so zwischendurch spielt, sondern wie ein Event, auf das man gemeinsam hinfiebert! Und jetzt muss ich zurück zur Planung… denn ich habe da gerade eine hervorragende Idee, was im Schloss Singsang noch so alles passieren wird. Also, macht’s gut und viel Spaß mit So nicht, Schurke!

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So nicht, Schurke! von Shanna Germain
Erschienen beim Pegasus Spiele 
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 35 Minuten ab 5 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Pegasus Spiele)