16.08.2020

Contact


War das kurz, lang, kurz, kurz, lang? Was bedeutet das? Was möchte er mir mitteilen? Sicherlich glaubt ihr das ich von Morsezeichen spreche. Und so ähnlich sind sie auch, die Signale aus dem Weltall. Doch was ihr im Moment weder hören, noch sehen könnt, ist die Hand meines Nebenspielers, die zuerst Flach auf dem Tisch liegt und dann nach oben startet, eine Weile im Flugmanöver verharrt und dann mit einem tock Geräusch auf dem Tisch landet. Und dasselbe noch ein paar weitere Male. Er übermittelt eine Fluganweisung für unser Raumschiff. Können wir die Anweisung richtig deuten?


In dem kooperativen Kartenspiel Contact von Steffen Benndorf stellen wir uns genau diese Frage. Zu welchem Planeten will uns das Signal aus dem Weltall, die Quelle, leiten? Das Planetenplättchen mit der Erde wird in die Tischmitte gelegt und die restlichen Planetenplättchen werden mit der Buchstabenseite nach oben mit etwas Abstand darum verteilt. Je nach Schwierigkeitsgrad werden 1-6 Planetenkarten aufgedeckt und die entsprechenden Planetenplättchen auf die Planetenseite gedreht. Der Startspieler ist die Quelle, während die restlichen Spieler die Crew darstellen. Die Quelle deckt eine weitere Planetenkarte und den entsprechenden Planeten, sowie eine Signalkarte auf. Anschließend mischt die Quelle verdeckt alle bisher aufgedeckten Planetenkarten und zieht eine davon. Seine Aufgabe ist es nun die Flugroute zu diesem Planeten mithilfe der Handbewegung, den restlichen Crew Mitgliedern mitzuteilen. Abflug, Flug, (Zwischen-) Landung. Das Raumschiff startet dabei zunächst von der Erde aus. Reihum raten die Crewmitglieder. Tippt das erste Crewmitglied richtig erhält die Crew die Signalkarte. Ist der erste Rateversuch misslungen, muss eine der Treibstofftanks abgegeben werden und die Signalkarte kommt aus dem Spiel. Das nächste Crewmitglied versucht den korrekten Planeten zu nennen. Für jeden weiteren falschen Tipp, verliert das Raumschiff mehr Treibstoff. Ist der Planet erraten, versetzt ihr das Raumschiff auf diesen und die Runde ist beendet. Der nächste Spieler wird die Quelle und die Runde wiederholt sich wie oben erklärt, bis 12 Runden vorbei sind oder der gesamte Treibstoff verbraucht ist. Im ersten Fall zählt ihr die Punkte eurer Signalkarten und ermittelt so euer Ergebnis. Im zweiten Fall habt ihr das Spiel verloren. 


In der Profivariante sind im gesamten Spielverlauf alle Planeten aufgedeckt und die Quelle zieht eine Planetenkarte. Zudem sind um die Erde 5 Asteroiden verteilt, auf denen ebenfalls Zwischengelandet werden kann. 3 einmalig einsetzbare Hilfskarten bieten der Crew Unterstützung beim raten.

Fazit:

Ich habe noch nie so vielen Menschen, so lange auf ihre Hände gestarrt! Wie lange war die Hand in der Luft? War die zweite Flugdauer kürzer oder länger als die erste? Wie viele Zwischenladungen waren es. In der kurzen Zeit der Signalübertagung ist vollste Aufmerksamkeit gefragt. Man darf nichts verpassen und muss noch so jedes kleines Detail, hinterfragen. Sehen, Hören und Denken sind jetzt gefragt! Sobald das Signal zum ersten mal durchgegeben wurde, kommt dann das große, große Rätselraten. Je höher die Schwierigkeitsstufe ist, desto öfter kommt es dabei vor, dass mehrere Planeten auf die Flugroute passen könnten. Also müssen die Details genau durchgegangen werden. Oder es wird des Öfteren einfach mal drauf losgeraten.


Das passiert insbesondere dann, wenn die Quelle ungeübt oder ungenau vorgeht und zwischen unterschiedlich weit entfernten Planeten auf der Flugroute, keine Unterschiede bei der Handbewegung macht oder nicht nachvollziehbare Routen auswählt. Aber was ist denn eine nicht nachvollziehbare Route? Nun, wenn der Zielplanet, als einziger Planet, auf kürzesten Weg, mit nur einer Zwischenladung angeflogen werden kann, ist es unvorteilhaft eine Flugroute mit vier Stopps auf anderen Planeten zu vermitteln. 
Andererseits steht die Quelle manches mal vor dem Problem, das der Zielplanet und ein oder mehrere andere Planeten, tatsächlich die nahezu exakt gleiche Flugroute aufweisen. In diesem Fall könnte es ein Hinweis sein, wenn eine völlig abwegige Flugroute gewählt wird, die eigentlich zu keinem der möglichen Planeten passt. Was dann soviel heißen könnte wie: "Achtung, mein Zielplanet ist nicht auf exakten Weg anzufliegen, weil das zu Fehlinterpretationen führen könnte." Ein gut mitdenkendes Crewmitglied erkennt diese Zwickmühle, sieht die beiden Planeten, die in Ihrer direkten Flugroute gleich sind und überträgt die Umgangs Flugroute auf diese Problematik und errät den richtigen Planeten. Eine nicht nachvollziehbare Flugroute kann also auch ein gezieltes Umgehungsmanöver sein! 


Ihr seht sowohl Crewmitglieder, als auch die Quelle müssen wirklich voll bei der Sache sein. Wenn das der Fall ist bietet Contact wirklich tiefgründige Spieltiefe und Spielspannung, insbesondere in der Profivariante. Gehen die Spieler jedoch unkonzentriert an die Sache, kann Contact schnell zu einer langweiligen Raterunde verkommen. Kinder sind oft von der Signalübertragung mit der Hand zunächst begeistert, verstehen aber eher langsam und nur mit Beihilfe die Präzision und die Gedankengänge die in diesem Spiel gefordert werden. In großen Spielrunden wurden die Kinder oft unruhig, bis sie endlich wieder beim Raten oder als Quelle zum Zug kamen. Da immer zuerst, nur der linke Spieler neben der Quelle raten darf und nur bei Versagen, reihum ein weiteres Crewmitglied raten kann, sind einige Spieler eine Zeitlang wie aus dem Spiel genommen. Das ist schade. Mir persönlich gefällt ein gemeinsames raten hier besser. 


Nachdem wir uns das Spiel nun solange angesehen haben, möchte ich mich noch zum Langzeitspielreiz äußern? Dieser ist, trotz unterschiedlicher Schwierigkeitsstufen nicht sehr hoch. Das liegt vor allem daran, dass sich das Spielprinzip bis auf die Profivariante nicht verändert, sondern sich lediglich die Anzahl der möglichen Zielplaneten vergrößert. Die Regel für die Flugbahn ändern sich nicht, selbst die Meteoriten in der Profivariante können wie normale Planeten angeflogen werden. Hier hätte ich mir mehr Varianz gewünscht. Z.B. Aufträge, die eine bestimmte Bedingung in der Flugroute fordern. "Du musst mindestens einen Zwischenstopp machen", "Du musst auf deiner Flugroute auf Planet xy ein Zwischenstopp machen" oder anderes. Ist ein solcher Auftrag auch den Crewmitgliedern bekannt, könnten sie die Flugroute entsprechend umdeuten. Wahrscheinlich wären Kinder mit 8 Jahren hier überfordert gewesen, jedoch hätte das in meinen Augen für mehr Spannung gesorgt. Hier ist das kompetitive Kartenstichspiel Die Crew ein Schritt voraus und sorgt durch seine immer unterschiedlichen Aufträge für mehr Vielfältigkeit in den Spielrunden. Wer Stichspiele mag, sollte hier eher zu Die Crew greifen. Wer sich jedoch vorstellen kann, am Identifizieren von morseähnlichen Handzeichen Spaß zu haben, der sollte sich Contact einmal anschauen.

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Contact von Steffen Benndorf
Erschienen beim NSV
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 20 Minuten ab 8 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier NSV)