22.10.2020

Der weiße Hai


Das Schrecken hat ein Gesicht – oder wohl besser eine Flosse und ein Maul. Ein riesiges Maul, mit dem es Badegäste verschlingt und unser Boot in Stücke reißt. Da bleibt nur eines zu sagen: Herzlich willkommen in Amity, wo wir gemütlich mit dem Jäger der Meere baden!


Von unerwartet gut bis erwartet schlecht – die Höhen und Tiefen mit Der weiße Hai

Zunächst einmal: Genial! Diese Aufmachung des Spieles, ein Abenteuer in zwei Akten, die sich wunderbar in einer Gruppe von vier Leuten an einem Abend runterspielen lassen. Zwei Akte – das hat so etwas erhabenes, unbekanntes. Vor allem in der Brettspielwelt. Doch worum geht es eigentlich in Der weiße Hai?
Im Grunde handelt es sich hierbei um ein one-vs-many-hidden-movement-game. [Einer gegen alle mittels verdeckten Bewegungen.] Als prominentesten Klassiker ist hier wohl Scotland Yard zu nennen. Das Spiel spielt sich für 1-3 Haijäger und einen weißen Hai in einer guten Stunde weg. Und ja, am meisten Freude macht es im 3 gegen 1, da ist die Spannung am Tisch spürbar!


Dabei hält man sich klassisch an die Film-Vorlage, was durch die zwei Akte im Spiel dargestellt wird. Akt eins spielt auf der Insel Amity und stellt mehr oder weniger die Ouvertüre zum absoluten Showdown im zweiten Teil auf der Orca dar. Im ersten Teil versucht der Hai ganz geschickt Schwimmer zu vernaschen. Dafür schwimmt er um die Insel und nutzt unter Umstände Spezialfähigkeiten, welche ihm die Jagd erleichtern, er jedoch nur einmal einsetzen kann. Je mehr Schwimmer er sich dabei zu Gemüte führt, desto mehr Spezialkarten bekommt er und desto weniger Spezialkarten bekommt die Crew für den zweiten Akt. Diese wiederum versucht den Hai im ersten Akt so schnell wie möglich aufzuspüren und zwei Schimmer an ihm zu befestigen. Gelingt entweder dies oder der Bauch des Hais ist um zehn Schwimmer voller, wird in den zweiten Akt gewechselt. 

Nun kommt es zum großen Showdown auf der Orca: Rundenweise versucht der Hai das Boot zu zerstören und die Besatzung ihn genau daran zu hindern. Alternativ kann der Hai auch einfach alle Besatzungsmitglieder aufessen, auch so gewinnt er das Spiel. In diesem Akt kommt es auch darauf an, wie der vorherige gelaufen ist, denn die gesammelten Spezialkarten des Hais und der Mannschaft kommen nun zum Einsatz. Wer am Ende gewinnen wird? Wohl die Partei, welche länger die Nerven behält und auf ein wenig Würfelglück hofft.


Das Gesamtkonzept von Ravensburgers Der weiße Hai ist stimmig. Der erste Akt ist die Vorbereitung des Zweiten und die Spannung ist in beiden Teilen hoch. Es ist nie ganz klar, wer wohl gewinnen wird und jedem Eröffnen sich stets Möglichkeiten. Am Spieldesign lässt sich am Ende nur bemängeln, dass der zweite Akt wesentlich un-intuitiver als der Erste ist. Der Start in das Abenteuer spielt sich ziemlich leicht und danach werden einige Hürden genommen, welche Designtechnisch auch anders hätten gestaltet werden können. Ebenso lässt sich mich das Spielmaterial etwas unbefriedigt zurück: In relativ typischer Ravensburger-Manier sind die Pappen nur so dick, wie sie gerade sein müssen, um nicht als zu dünn zu gelten. Die Karten hingegen sind in Ordnung. Anders verhält es sich mit den Grafiken, welche ich als gelungen bezeichnen muss und auch die darauf vorkommende Ikonografie ist gut eingänglich. Letztlich hätte man noch an der Anleitung etwas feilen können: Es lässt sich meiner Meinung nach schwer damit lernen und auch zum Nachschlagen bei Spielfragen ist diese nicht die Beste. 

Alles in allem ist Der weiße Hai jedoch ein gutes Spiel und hat das Potential den ewigen Klassiker nach einigen Runden vom Thron zu stürzen. Klar, einer gegen alle muss man mögen, hat man jedoch die richtigen Menschen dafür am Tisch, dann macht dieses Spiel wirklich Spaß. Probiert es bei Gelegenheit mal aus und lasst euch nicht von den anfänglichen Regelschwierigkeiten abschrecken. Es lohnt sich! 


Empfehlungen?! – Kurzgefasst:

Kinder: 0/5 (Thematisch sowie mechanisch absolut ungeeignet.)

Familien: 3/5 (Mit der etwas größeren/älteren Familie ab 12 lässt sich hier durchaus Spaß haben. Man benötigt jedoch ein paar Runden zum Reinkommen.)

Kenner: 5/5 (Vorausgesetzt man kann dem oben beschriebenen Setting etwas abgewinnen, liegt hier die Hauptzielgruppe des Spieles.)

Experten: 3/5 (Für absolute Vielspieler fehlt wahrscheinlich etwas beim Wiederspielreiz und Hardcore-Strategen sind bestimmt schon beim Setting ausgestiegen.)

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Jaws: Der Weiße Hai von Prospero Hall
Erschienen bei Ravensburger
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten ab 12 Jahren
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Ravensburger)