09.02.2021

Switch & Signal


Ach ja, was waren das für Zeiten, als Eisenbahnspiele ganz weit vorne waren. Zug um Zug und Trans America auf dem Tisch und das gute alte A-Train oder Railroad Tycoon auf dem PC. Ich bin nun wirklich alles andere als ein „Eisenbahnromantiker“ und wenn ich ehrlich bin, kann ich mit dem eigentlichen Setting gar nicht so viel anfangen, die Spiele selbst haben aber Spaß gemacht. Das letzte, was ich zu dem Thema „entdecken“ durfte, war Tschu tschu kleine Eisenbahn von Haba…aber damit möchte ich hier jetzt gar nicht anfangen. Ansonsten war es in dieser Nische (zumindest für mich) ziemlich ruhig. Während es auf dem PC seit einiger Zeit mit Railway Empire das große Revival des Themas gibt, fehlt mir auf dem Tisch ein wenig eine erfrischende neue Variante von Zug um Zug.

Und da kommt – völlig unerwartet – Switch & Signal um die Ecke…und hat – so viel sei schonmal verraten – mit Zug um Zug so gaaar nichts zu tun. Außer das grundlegende Setting „Eisenbahn“, versteht sich. Und damit endet nun auch meine Analogie zum guten alten Ticket to Ride und wir schauen uns Switch & Signal mal genauer an:


Kosmos-typisch erwartet uns eine gute bestückte Box mit zum Setting passenden schön gestalteten und wertigen Komponenten. Darunter befindet sich ein zweiseitiger Spielplan, dessen Seiten nicht nur schlicht eine jeweils eigene Landkarte, sondern auch spezielle Regeln mit sich bringen. On Top gibt es dann noch Ortsplättchen für weitere Varianten des Spiels. Allein dafür gibt es schonmal einen großen Pluspunkt. Andere Spiele hätten aus der Rückseite samt eigenen Regeln plus zusätzlicher Komponenten für Varianten eine eigene Erweiterung gemacht.

Also ausgepackt und Regeln angeschaut…oder über die Kosmos Erklär-App erklären lassen. Mit Bild, Ton und Text, inkl. Spielaufbau. Und auch wenn die Erklär-App sicherlich der ein oder andere bereits von anderen Kosmos-Spielen kennt, sei hierfür mal eine Lanze gebrochen: So skeptisch ich beim Thema Brettspiel in Kombination mit einer App bin: Hier wird alles richtig gemacht! Die App liefert ein ordentliches, übersichtliches und durchdachtes Tutorial, ohne dass eine App überhaupt fürs Spiel notwendig wäre. Davon können sich spiele, die eine App benötigen eine große Scheibe abschneiden!


Aber kommen wir zum eigentlichen Spiel. Die Packung verrät bereits das wesentliche im Untertitel: „Gemeinsam ans Ziel“. Switch & Signal ist also ein kooperatives Eisenbahnerspiel. Sehr schön. Das Spielfeld zeigt ein Eisenbahnnetz in Europa (bzw. den USA), auf dem diverse Weichen- und Signalscheiben verteilt werden. Dazu kommen noch Warensteine unterschiedlicher Farbe in die jeweils produzierenden Städte und 7 Zeitplättchen, 9 Züge, 5 Würfel, 16 Fahrtanweisungen und 81 Aktionskarten. Der eigentliche Spielablauf ist dann recht simpel gehalten: 1. Fahrtanweisung aufdecken, 2. Aktionskarten ausspielen, 3. Aktionskarten nachziehen. 

Auf jeder Fahrtanweisung steht, welche Züge eingesetzt bzw. bewegt werden müssen. Dabei müssen immer alle Züge mit der gleichen Farbe bewegt werden und es wird je Farbe mit dem jeweils passenden Würfel (die unterschiedliche Zahlen ausweisen) ausgewürfelt, wie viele Felder jeder Zug fährt. Können für einen Zug nicht alle Bewegungspunkte genutzt werden (weil ein Signal, eine Weiche oder ein anderer Zug die Strecke blockieren), verlieren die Spieler je Bewegungspunkt einen der anfangs 7 Zeitplättchen, wobei Züge nur in Städten die Fahrtrichtung ändern dürfen. Prallen Züge frontal zusammen, verliert man für jeden übrigen Bewegungspunkt übrigens 2 Zeitplättchen. UND: fährt ein Zug auf einen der Startorte im Spiel, verliert man die ggf. eingesammelte Ware und 2 Zeitplättchen.


Wird ein neuer Zug eingesetzt, wird ausgewürfelt, wohin der Zug kommt. Ist dort bereits ein Zug vorhanden, verliert man 2 Zeitplättchen. Ebenso verliert man diese, wenn man keinen neuen Zug der angezeigten Farbe mehr einsetzen kann. Ihr seht: die Zeit kann schneller rumgehen, als einem lieb ist! Aber dazu gleich mehr.

Wurden nun alle Züge eingesetzt und bewegt, darf der aktive Spieler so viele Karten von der Hand spielen, wie er/sie möchte. Die möglichen Aktionen sind ein rotes Signal auf grün färben, eine Weiche umstellen, einen Zug beladen oder weitere Züge bewegen. Anschließend werden immer 5 neue Karten gezogen (wobei ein Limit von 10 Handkarten gilt).

Sinn und Zweck: Den Hafen erreichen. Im Hafen gibt es je zwei Felder für jede der vier Warenarten. Die Spieler müssen es also schaffen, je zwei Waren jeder Art in den Hafen zu transportieren. Hier hilft einem die Regel, dass Züge immer in Warenstädten und in der Hafenstadt anhalten müssen, ohne dass man hierfür Zeitplättchen verliert.


Was hat es also mit der Zeit auf sich, wenn es doch nur 7 Plättchen gibt, man in einer Runde aber gefühlt 15 verlieren kann? Ganz einfach: sind alle Plättchen von der Uhr entfernt worden, muss die oberste Fahrtanweisung unbesehen in die Schachtel zurückgelegt werden. Dann wird die Uhr wieder auf 7 aufgefüllt, wobei „übrige“ Zeitstrafen noch abgezogen werden müssen.
Das Spiel endet mit einem Sieg, wenn die 8. richtige Ware im Hafen ankommt und endet mit einer Niederlage, wenn die letzte Fahrtanweisung aufgedeckt und es nicht geschafft wird, in diesem Zug noch die letzte Ware in den Hafen zu befördern. Läuft während dieses Zuges die Zeit ab, ist das Spiel zudem sofort verloren. 

Während des Spiels helfen den Spielern zudem drei Helfer mit Sonderaktionen, die jeweils nur einmal in einer Partie genutzt werden dürfen (neu würfeln, durch Stadt durchfahren, Züge einer Farbe müssen nicht fahren). Außerdem bieten die Regeln noch ein paar kleine Sonderregeln, um das Spiel leichter oder schwerer zu machen.

Wie bereits erwähnt, gibt es dann noch Ortsplättchen für eine Variante: Hierüber lassen sich nämlich Nummern der Startorte mischen und neu vergeben. Diese Plättchen können in einer weiteren Variante auch dazu genutzt werden, den Einsatzort eines Zuges ohne Würfeln zu ermitteln. Und zu guter Letzt – wie bereits gesagt – gibt es noch die Rückseite. In Nordamerika gibt es nicht nur einen, sondern zwei Hafenstädte und jede davon braucht nur eine Ware jeder Farbe. Außerdem greifen hier noch ein paar andere kleinere Sonderregeln und es gibt andere Helfer mit anderen Sonderfähigkeiten. Und als ob das nicht reicht, gibt es noch sehr gute und durchdachte Hinweise dafür, wie man das Spiel leichter bzw. schwerer machen kann.


Und wie spielt es sich? Durch die recht einfachen Regeln gehen die Spielmechaniken schnell in den Kopf. Das Spiel ist durchaus taktisch (durch die Reihenfolge der Zugbewegungen und die Aktionskarten), überfrachtet aber Gelegenheitsspieler nicht und besitzt eine durchaus nicht zu unterschätzende Glückskomponente, die sich aber dadurch in Grenzen hält, dass es eben keine normalen 6er-Würfel sind, mit denen man hier würfelt, sondern welche, die je nach Zugart mal schnellere und mal langsamere Bewegungen ermöglichen. Der Schwierigkeitsgrad ist dabei in der normalen Variante so eingependelt worden, dass Gelegenheitsspieler durchaus gefordert sind, ohne frustriert zu werden. Für Wenigspieler oder Vielspieler lässt sich dieser aber ohnehin – wie bereits geschrieben – noch anpassen.

Hardcore-Taktikern wird das Spiel unterm Strich aber zu seicht sein und jüngere Familienspielrunden dürften doch etwas überfordert sein (die Altersempfehlung ab 10 ist durchaus ernst zu nehmen, etwas älter schadet vermutlich auch nicht). Die Zielgruppen der Familien mit Teenagern, der Gelegenheits- und Immer-mal-wieder-Vielspieler und auch die Altherrenrunde, die mal was für „Zwischendurch“ sucht, dürften sich hier aber sehr gut aufgehoben werden. Ich persönlich mag kooperative Spiele und Switch & Signal werde ich sicherlich noch öfter auf unseren Familienspieletisch bringen, denn Spaß macht es allemal (wenn auch unsere Kids jetzt nicht sooo die Zugfans sind.

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Switch & Signal von David Thompson
Erschienen bei Kosmos
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 45 Minuten ab 10 Jahren

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Kosmos)