23.04.2022

Arche Nova


Arche Nova war wohl einer - wenn nicht sogar DER - Hypetitel der Spiel 2021 in Essen und das, obwohl der Autor Mathias Wigge ein unbeschriebenes Blatt in Sachen Spieledesign war. Frischer Wind also?

Lasst mich eines vorweg nehmen: Arche Nova gehört auch für mich persönlich zu den absoluten Toptiteln des vergangenen Jahres. Aber nicht nur das. Auch gehört Arche Nova zu den Titeln eines Jahrganges, welcher auch noch in einigen Jahren auf den Spieltisch von vielen Vielspielerrunden kommen wird und keineswegs in der Bedeutungslosigkeit versinken wird.

Genug der Vorschusslorbeeren. Worum geht es in Arche Nova eigentlich? Wir schlüpfen in die Rollen von Zoodirektoren und bauen unseren ganz eigenen Zoo auf. Zoo? Ist das politisch nicht ein schwieriges Thema? Mir persönlich war diese Frage sehr wichtig, da ich aus Überzeugung keine Zoos besuche. Arche Nova schafft es jedoch das Thema sehr angenehm und vorsichtig anzugehen. Arche Nova stellt nämlich neben den Eintrittsgeldern noch die Artenschutzpunkte in den Mittelpunkt einer Partie. Durch das geschickte Auswildern verschiedener Tiere und das Unterstützen diverser Umweltschutzprojekte erhalten wir nämlich diese mächtige Währung im Spiel. Gut gemacht!


Spielmechanisch bedient sich Arche Nova hauptsächlich aus zwei Spielen. Da wäre einerseits Terraforming Mars, aus welchem sich Arche Nova das Enginebuilding „geborgt“ hat. So erhalte ich diverse Handkarten aus einem riiiiiiiiiiiiesigen Stapel und muss fortan versuchen diese auszuspielen. Dazu sind nicht nur Kosten zu bezahlen, sondern auch diverse Vorbedingungen zu erfüllen. So brauche ich beispielsweise für die Pandas einen Partnerzoo in Asien und eine gewisse Anzahl freier Gehege. Ähnlich wie bei Terraforming Mars besteht also ein Großteil der Planung in Arche Nova daraus, dass ich versuchen muss bestmögliche Synergien aus den mir gegebenen Karten zu bauen und dann diese geschickt auslegen muss. Da der Kartenstapel der Tiere, Projekte, Attraktionen und Bauten, wie gesagt, extrem dick ist, fördert das nicht nur eine enorme Varianz in unterschiedlichen Partien, sondern verlangt es dem Spieler auch enorm ab, sehr flexibel auf Situationen zu reagieren. Dadurch wird es einem zwar erschwert bereits im Vorfeld einer Partie sich auf eine bestimmte Strategie festzulegen, aber es macht doch enorm Spaß dem Spiel selbst den Vortritt zu lassen und sich am reichhaltigen Angebot auszutoben.


Der zweite Mechanismus, welcher bei Arche Nova im Vordergrund steht, ist die Aktionsauswahl. Diese kennen wir aus Sid Meiers Civilization: A New Dawn, wonach jeder Aktion eine Karte zugeordnet ist, welche je nach Position auf dem eigenen Playerboard stärker wird. Aktiviere ich eine Aktion, rutscht sie anschließend ans Ende der Reihe und wäre bei erneuter Ausführung erstmal deutlich abgeschwächt. Dafür wiederum sind nun andere Aktionen mächtiger geworden. Diese Art der Aktionswahl empfinde ich als extrem spannend, da ich permanent abwäge, wann ich eine bestimmte Aktion auslösen möchte und ob sich ein weiteres Warten wirklich lohnt. Zudem besteht die Möglichkeit einzelne Aktionen einmalig aufzuwerten und demnach noch mächtigere Boni freizuschalten. Wirklich toll!

Arche Nova bietet noch viele weitere kleine Stellschrauben, die ich aber unmöglich alle in dieser Rezension erwähnen kann. Als spannend empfinde ich zudem den Lageplan des eigenen Zoos, bei dem ein kleines Puzzlespiel zum Tragen kommt, indem ich möglichst geschickt Gehege platziere und weitere Boni freischalten kann. Schön dabei ist zudem, dass es diverse Zoo-Tableaus gibt, welche das Spiel mit asymmetrischen Startvoraussetzungen ermöglichen.


Interessant ist zudem das Einläuten des Spielendes. Eine weitere Mechanik, bei welcher sich Arche Nova inspirieren lies - nämlich aus Rajas of the Ganges. Demnach endet eine Partie sobald ein Spieler es schafft, dass seine beiden entgegenlaufenden Siegpunktmarker aus Eintrittsgeldern und Artenschutzpunkten sich treffen. Die Message dahinter: „Ein guter Zoo definiert sich über die ausgewogene Mischung aus Artenschutz und finanzieller Tragbarkeit“ steht erneut für das positive Bild eines modernen Zoos des Autors.

Insgesamt läd Arche Nova wie kaum ein anderes Spiel zum experimentieren ein. Keine Partie fühlt sich wie eine zweite an. Auch die Spieldauer ist - trotz weniger und wenn dann indirekter Interaktion - angenehm und die Stunden verfliegen wie im Nu. Arche Nova ist für mich ein Keeper in der Sammlung und bietet ein umfassend überzeugendes Gesamtpaket.
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Arche Nova von Mathias Wigge
Erschienen bei Feuerland Spiele
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 150 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Feuerland Spiele)