02.03.2013

011 - Steampunk meets Ragnarok in Turin

Allgemeines

Im Jahr 2011 erschien das Spiel 011 im italienischen Scribabs Verlag. Designed wurde das Spiel von Marco Valtriani, einem eher unbekannten Designer. Kopf der Firma, Grafiker und Mann hinter dem Projekt ist Paolo Vallerga. Letzterer ist leidenschaftlicher Künstler mit ganzem Herzen und hat allerlei Talente. So schreibt er beispielsweise Gedichte, ist Zeichner und ist ganz nebenbei Spielevertreiber.
011 ist ein deduktives Spiel für 3-6 Spieler und ist in ca. 90-120 Minuten spielbar, wobei die Spieldauer stark von der Spieleranzahl abhängig ist.[...]

Spielverlauf und Spielziel

In 011 versuchen die Spieler semi-kooperativ ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Semi-kooperativ deswegen, weil am Ende nur ein Spieler als Sieger hervorgehen kann. Zum Erreichen des Zieles arbeiten die Spieler aber teilweise zusammen.
Thematisch betrachtet steht Ragnarok (der Weltuntergang aus der nordischen Mythologie) kurz bevor. Die Spieler haben 11 Stunden Zeit um dies zu verhindern. Hierfür gilt es den Auserwählten zu finden, eine Symphonie zu komponieren und diese auf der Orgel der Unendlichkeit zu spielen. Gelingt dies, ist die Welt gerettet. Das ganze geschieht in Turin (der Heimatstadt des Autors) und ist im Steampunk-Stil gehalten - welch ein Mix!
Während des Spiels ändert sich aber das Ziel des Spiels für einen Spieler. Er wird nämlich zur Inkarnation Fenrirs (dem Wolfgott aus der nordischen Mythologie) und für ihn gilt es den Auserwählten zu töten.

011 wird in verschiedenen Phasen gespielt, welche nacheinander abgehandelt werden. In der ersten Phase wird lediglich ein Ereignis aus dem Ereigniskartenstapel aufgedeckt und ausgeführt. Dieses Ereignis schränkt in der Regel die Handlungsmöglichkeiten für die Spieler in der folgenden Runde ein oder erweitert diese für sie.
In der zweiten Phase wird um die Zugreihenfolge für diese Runde gesteigert. Währung des Spiels ist in 011 die Zeit. Der Knackpunkt hierbei ist, dass Zeit auch für fast alle anderen Dinge in den folgenden Phasen benötigt wird. Verliert man seine letzte Zeiteinheit, so verliert man automatisch. Es gilt also hierbei wahrhaftig nicht mit Zeit um sich zu werfen, da man diese nur schwer wieder zurück gewinnen kann.
Ist die Zugreihenfolge entsprechend versteigert worden, so gilt es nun reihum einen der acht existierenden Charaktere auf dem Spielfeld auszuwählen, welchen man in dieser Runde steuern möchte, eine Mehrfachwahl ist hierbei nicht möglich. Jeder Charakter hat hierbei die verschiedensten Sonderfähigkeiten, welche durch den Spieler genutzt werden können.
Im Anschluss daran kommt ein weiteres Element des Spiels zum Tragen - die Zahnräder. 011 hat drei miteinander verzahnte Handlungsräder am Spielbrett angebracht. Dieser Mechanismus ist aktuell auch im Spiel Tzolkin: Der Maya Kalender zu sehen. In 011 bestimmen die Zahnräder die Aktionen, die der gewählte Charakter im Anschluss an seine Sonderfähigkeit nutzen kann. So bestimmen sie einerseits die maximale Anzahl an Feldern, die der Charakter auf dem Feld diese Runde zurücklegen kann, das Transportmittel, welches er nutzen kann, als auch andererseits, ob er komponieren, recherchieren oder forschen darf.
Komponiert ein Charakter, so schiebt er seinen Symphonie-Spielstein einfach um die entsprechende Anzahl an Felder auf der jeweiligen Leiste vorran. Erreicht er das Feld 15, so hat er die Symphonie komponiert und ein Teilziel des Spiels erreicht.
Forscht ein Charakter, so zieht er ein Forschungsplättchen. Diese bieten einderseits einen temporären Vorteil oder können andererseits (und hauptsächlich) helfen, den Standort der Orgel der Unendlichkeit auf der Karte von Turin für alle Spieler einzugrenzen. Hierbei zeigen die entsprechenden Forschungsplättchen Orte, welche auf der Karte ebenfalls vorhanden sind. Gleichzeitig hält das Spielbrett vier leere Felder in den jeweiligen Himmelsrichtungen bereit. Legt man beispielsweise Ort A auf die Himmelsrichtung Osten, so bedeutet dies, dass die Orgel westlich des Ortes A gelegen sein muss. Grenzt man den Standort entsprechend ein, so steht schlussendlich der Standort der Orgel fest. Dies ist jedoch ein Teilziel, an welchem alle Spieler kooperativ arbeiten.
Recherchiert ein Charakter, so darf er sich eine bestimmte Anzahl an Handkarten eines beliebigen Spielers anschauen. Dies hat folgenden Hintergrund: Jeder Spieler hält vier Verstärkungskarten und eine Charakterkarte auf der Hand. Gleichzeitig gibt es eine Charakterkarte, welche verdeckt neben den Spielplan gelegt wird (wie der Mörder in Cluedo). Diese Karte zeigt den Auserwählten, welcher die Welt vor dem Untergang bewahren kann. Durch das Recherchieren der Handkarten der Mitspieler, ist es nun möglich durch das Ausschlussverfahren den Auserwählten zu finden.
Alle Handlungsaktionen können hierbei durch Hinweismarker verstärkt werden, welche zu Anfang jeder Runde in der Stadt beliebig verteilt werden. Die Anzahl der Drehungen, die ein Spieler die Zahnräder weiterbewegt, sowie die Anzahl an Schritten, die ein Charakter in der Stadt zurücklegt, kosten ebenfalls Zeiteinheiten.
Glaubt ein Spieler den Auserwählten zu kennen und hat er die Symphonie zuende komponiert, so bewegt er den Auserwählten zur Orgel und gewinnt das Spiel.
Der Spieler der Fenrir spielt, muss den Charakter, welchen er auf der Hand hält zum Auserwählten führen und nur einen Teil der Symphonie komponieren. Der Standort der Orgel ist für ihn nicht relevant.

Resume

011 ist ein Spiel, welches schwer in Kategorien zu stecken ist. Es ist in erster Linie wohl ein deduktives Spiel. Es besticht aber durch seine liebevolle Gestaltung des Spielbrettes und der thematischen Umsetzung. Kleines schönes Randdetail ist, dass die Symphonic-Metal-Band Therion den acht Charakteren ihr Gesicht geliehen hat. Diese werden nicht nur auf den Charakterkarten, sondern auch mit den schön detailierten Miniaturen repräsentiert. Ärgerlich hierbei ist, dass die Miniaturen nur sehr schwer optisch auseinander zu halten sind. Diese sollen zwar durch kleine Runen auf den Bases unterschieden werden, jedoch sind diese kaum erkennbar, sodass sich nicht selten die Frage stellt "Wo ist eigentlich Charakter A auf dem Feld?", was nicht unbedingt hilfreich ist, wenn man sich unbeobachtet als Fenrir dem Auserwählten nähern will. 011 wurde vereinzelt als eines der schlechtesten Spiele der letzten Jahre betitelt. Ich kann dies nicht nachvollziehen. 011 ist ein thematisch dichtes Spiel, was einfach "anders" ist und sich gerade dadurch von den heutigen Brettspielen abhebt.
Es vereint verschiedene Mechanismen elegant. Die Zahnräder beispielsweise funktionieren ausgezeichnet (praktisch wie auch als Mechanismus). Die Thematik der ablaufenden Zeit ist stimmungsvoll aufgegriffen. So haben die Spieler nur 11 Stunden (Runden) Zeit und auch nur ein festgelegtes Kontingent an Handlungspunkten, welche es gilt sinnvoll im richtigen Augenblick einzusetzen.
Interessant ist zudem, dass 011, wie alle Spiele von Scribabs sprachenunabhängig sind. Beigefügt sind Anleitungen in 5 Sprachen, während dessen das Material mit Symbolen auskommt.
Zusammenfassend ist 011 ein angenehmes Spiel. Mit sechs Spielern kann es sich allerdings etwas in die Länge ziehen. Drei Spieler hingegen sind nicht empfehlenswert. Einerseits wird es deutlich schneller geschehen, dass man den Auserwählten findet, andererseits wird der Fenrirmechanismus völlig aus dem Spiel genommen, welcher 011 noch das gewisse Etwas hinzu gibt.

 
sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek.com bzw. vom jeweiligen Verlag (hier Scribabs)