16.07.2019

Legend: Winds of War 1934-1940


Wer meine Artikel ein bisschen verfolgt, der hat bestimmt schon mal herausgelesen, dass ich ein großer Fan von Sport- und Rennspielen bin. Ich würde mich persönlich zwar nicht als großer Autonarr bezeichnen, aber irgendwie faszinieren mich Spiele wie Race: Formula 90, Formula D, Thunder Alley oder auch Downforce. Zusätzlich bin ich Sammler und immer auf der Suche nach außergewöhnlichen Spielen. Legend: Winds of War 1934-1940 sollte also ziemlich gut in meinen persönlichen Spielegeschmack passen, denn es behandelt thematisch die legendäre Autorennserie Mille Miglia in Nord-Italien.

Bei Legend handelt es sich offiziell um eine eigenständige Erweiterung zum Titel Mille Miglia. Das erste Basisspiel war ebenfalls ein Herzensprojekt, lies sich aber (ich habe es nie gespielt, sondern beziehe meine Informationen nur aus Videos und Berichten) nicht sonderlich gut spielen. Vielmehr soll es eine reine Simulation gewesen sein. Legend soll nun spielerischer sein, ohne dabei den historischen Charme einer Kleinstproduktion vermissen zu lassen. Gelingt das?


Seinen ganz eigenen Charme hat bereits die Verpackung und Aufmachung von Legend  Das ganze kommt in einem klappbaren Karton mit schickem Überzug. Das Cover wirkt futuristisch elegant sieht schick in jedem gut sortierten Brettspielregal aus. Der Inhalt ist reichlich. Da das Spiel aber eine Kleinstproduktion ist, ist vor dem ersten Spielen eine Menge mit Stickern zu bekleben, um die aus Kostengründen nicht erneut produzierten Teile der ersten Auflage mit Stickern auf den Stand der zweiten Auflage zu bringen. Auch während eines Spiels von Legend muss man sich fortan daran gewöhnen, dass manche Symbole auf den Streckenabschnitten keine Bewandtnis haben, sondern fortan die Sticker maßgeblich sind. Für mich eigentlich ein No-Go, aber der Charme eines Herzensprojekts lässt mich an dieser Stelle nochmal großzügig beide Augen zudrücken.


Der restliche Inhalt zeigt das, was Legend ist - das Hobby des Designers. Minutiös genau hat eben jener nämlich recherchiert und jedes Auto aus der damaligen Zeit nicht nur optisch perfekt widergespiegelt, sondern auch so auf den Karten dargestellt, wie es war. Dabei unterscheiden sich die zahlreich beigelegten Fahrzeuge in Höchstgeschwindigkeit, Preis, Motor, Überhitzungstempo, Bremsen, Fahrsicherheit etc. Aber auch die historischen Fahrer der historischen Rennen liegen bei u. v. m..

Spielerisch ist Legend natürlich ein Rennspiel. Dabei können wir entweder anhand einer Kampagne die Mille Miglia selbst in Etappen nachfahren, oder auch einzelne Circuits fahren. Fahre ich die gesamte Kampagne, kann ich währenddessen mein Auto verbessern, neue Fahrer anheuern und Ersatzteile mit an Bord nehmen. Auch hier wurde auf jedes Detail geachtet. So kann ich z. B. eine Wasserflasche kaufen, um bei Überhitzung des Motors kurzfristig Abhilfe zu schaffen, oder eine Glühbirne kaufen, um besser bei Nacht zu fahren. Ihr merkt schon. Legend geht ins Detail - auch in dieser zweiten Edition.


Der Rennmechanismus selbst zeichnet sich dadurch aus, dass ich mein eigenes Auto verwalten muss. Jede Runde kann ich beispielsweise beschleunigen oder bremsen. Das ist insofern wichtig, da ich in jede Kurve nur mit einer bestimmten Geschwindigkeit fahren kann. Ein klein wenig erinnert das an Formula D. Fahre ich zu schnell, kann ich aus der Kurve fliegen, wenn ich es nicht durch ein gutes Manöver verhindern kann. Hierfür gibt es Tests und Würfel. Dabei ist auch jedes Auto unterschiedlich.

Weitere Unwägbarkeiten des Rennsports sind die Überhitzung des Motors (falls ich zu lange auf Höchstgeschwindigkeit fahre) oder der Verschleiß der Bremsen (wenn ich zu oft Notbremsen muss). Natürlich gibt es auch eine optimale Fahrgeschwindigkeit, in der der Motor entsprechend runterkühlt. Darum dreht sich auch die ganze Partie von Legend  Es geht darum Risiken einzugehen und das optimale aus seinem Auto rauszuholen. Wo kann ich den Motor ein bisschen hochdrehen, um den Vordermann zu überholen und wo muss ich bewusst einen Gang zurückschalten. Ein Rennen in Legend ist gut planbar. Würfeln muss ich nur selten und nur wenn ich große Risiken eingehe. Wenn ich gut plane, dann kann ich auch ohne Risiken durchs Rennen fahren. Dabei gilt es aber eine Menge zu beachten. Wo und ab wann muss ich abbremsen, um optimal in die Kurve zu kommen, und wo kann ich aus dem Windschatten den Gegner überholen und wichtige Extrameter machen? Um das Überlegen nicht allzu lange werden zu lassen, muss man seinen Zug innerhalb von 40 Sekunden erledigt haben. Ich persönlich finde das toll. Es ist nicht nur thematisch, sondern drückt auch ganz schön die Downtime.


Was sind meine abschließenden Gedanken zu Legend und wo ordnet es sich mit den anderen Renntiteln meiner Sammlung ein? Legend ist ein Herzensprojekt mit viel Liebe zum Detail. Spielerisch muss man aber einige Abstriche machen. Mir persönlich gefällt im Bereich der Rennsimulationen Race: Formula 90 noch immer ab besten. Will ich also eine Simulation mit vielen Renndetails, greife ich dazu. Will ich ein schnelles Rennspiel mit viel Action und wenig Simulation, greife ich zur Basisvariante von Formula D. Legend füllt also so richtig keine Lücke für mich. Es orientiert sich klar eher in die Ecke der Simulationen, bietet aber für mich persönlich spielerisch zu wenig Spannung. Es ist viel eher etwas für Fans von historischen Rennspielen dieser Epoche, die sich in den Details und der Optik verlieren können. Sammler haben sicherlich auch ihren Spaß an Legend  Für die 0815-Spielerunde is des aber vermutlich eher nichts.
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Legend: Winds of War 1934-1940 von Carlo Amaddeo
Erschienen bei WBS Games
Für 1 bis 6 Spieler in ca. 120 Minuten
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier WBS Games)