19.07.2019

Underwater Cities


Früher haben die Menschen geglaubt, dass der Himmel über ihren Köpfen aus Wasser bestünde. Wenn es dann regnete, öffneten sich kleine Fenster dort droben und ließen etwas der Wassermassen auf die Menschen herunterfließen – Heute wissen wir, dass es stimmt…

Wie es der Titel bereits vermuten lässt, bauen in Underwater Cities ein bis vier Spieler an ihrem System aus Unterwasserstädten. Dabei gilt es, Ressourcen zu managen, eine kleine Engine aufzubauen, die Handkarten sinnvoll einzusetzen und letztlich die meisten Punkte für den Sieg zu erwirtschaften. 
Das Spiel stammt aus der Feder von Vladimír Suchý, wurde von Milan Vavron illustriert und ist im Delicious Games Verlag erschienen. Seit 2019 ist es auch auf Deutsch erhältlich, was es wohl für den ein oder anderen Spieleliebhaber interessant werden lässt. Werfen wir nun einen Blick auf die Details:

Crash into pieces - Material gibts für den Preis viel!

Underwater Cities läuft über zehn gleiche Runden, welche in drei Ären unterteilt sind. Das Ganze hat den Effekt, dass am Ende einer jeden Ära ein neues Kartendeck ins Spiel kommt und dass eine Produktionsphase stattfindet. Dadurch erhält man den Großteil der für den Aufbau der Stadt benötigten Ressourcen. In jeder Runde versucht nun der aktive Spieler, die beste Kombination aus seinen Handkarten und den verfügbaren Workerplacementslots zu finden. Hierin liegt nämlich die große mechanische Raffinesse von Underwater Cities  Statt nur einen Arbeiter zu platzieren oder nur eine Karte zu spielen, muss man hier beides machen. Felder und Karten sind in drei Farben gegliedert, spielt man nun die passende Farbe zum Feld, darf man beides tun, das Feld UND die Karte ausführen. Ansonsten wird die Karte einfach abgeworfen und man darf nur das Feld nutzen.

Dieser simple und doch neue (ich habe ihn zumindest noch nie gesehen) Mechanismus kann ganz schön Kopfzerbrechen bereiten und macht in meinen Augen den Reiz von Underwater Cities aus. Die Workerfelder an sich sind dabei klassischer Natur: Man bekommt Ressourcen, darf Städtekuppeln oder Tunnel errichten, bestehende Strukturen aufwerten usw. Die dazu gespielten Karten bringen dann die Vielfalt: Man erhält mehr, darf nochmals Aktionen ausführen, erhält permanente Effekte (kleines Engine-Building), oder sogar Siegbedingungen, die extra Punkte bringen können. 

Aufbau für zwei SpielerInnen

Wie bereits erwähnt, ist der Mechanismus an sich echt klasse, auch wenn es vom Zufall abhängt, welche Karten ich am Ende jedes Zuges nachziehe. Die Kunst besteht darin, diese in meine allgemeine Strategie einzuweben. So gut aber auch dieser Mechanismus ist, so austauschbar ist das Thema des Spiels. Es kann so ziemlich jedes Aufbauthema gewählt werden, das Unterwasser-Thema ist weder notwendig, noch kommt es sehr im Spiel durch. In meinen Runden wurden die Tunnel für das Verbinden auch oft als Straßen oder Brücken bezeichnet. 
Doch mit dem Thema haben wir erst die erste Schwachstelle von Underwater Cities entdeckt: Das Material. Puh – ich habe selten ein so schlechtes Brett in der Hand gehabt… Nicht nur die Spielerbögen sind besseres Kopierpapier, auch der Hauptplan ist mehr oder minder in Prototypenqualität. Das Artwork der Karten ist leider ähnlich repetitiv wie die einzelnen Runden an sich. 

Den oftmals gezogenen Vergleich zu Terraforming Mars muss ich an dieser Stelle auch noch einmal ansprechen. Ja, das Spiel gibt im einleitenden Text einen kleinen Seitenhieb in Richtung TfM, jedoch muss man dies nicht so lesen. In meinen Augen ist einzig die minderwertige Spielerbögenqualität ein vereinendes Merkmal. Ansonsten haben wir hier zwei vollkommen unterschiedliche Spiele vorliegen, zumal TfM Engine-Building im klassischen Sinne liefert und Underwater Cities dann doch eher ein Worker-Placement-Spiel ist. 

Links Worker in hervorragender Qualität und rechts Beispiele für das abwechslungsreiche Artwork des Spiels

Unter all der Kritik muss man jedoch erwähnen, dass dieses Spiel unheimlich ausbalanciert ist. Selbst nach stundenlangen Runden, waren die beteiligten Spieler selten mehr als 10 Punkte auseinander – und das bei Punkteständen über 100 Punkte. Apropos stundenlange Partien: Ich habe zwar viel im Voraus über die Länge des Spiels gelesen, als guter Rezensent testet man dies jedoch selbst. Im Spiel zu viert saßen wir über vier Stunden. Das Problem dabei ist, dass die Beteiligung der anderen Spieler dem Spiel keinen Mehrwert verliehen hat. Also lieber Leute, hört auf die Tester und spielt es nur zu zweit, da ist es wirklich nicht schlecht. Zudem muss man dann auch nicht so lange warten. 

In welche Richtung mein Fazit tendiert, mag man ob der vorigen Absätze wohl schon erahnen. Underwater Cities macht vieles richtig, bietet einen wunderschönen neuen Mechanismus, hat aber enorm viel Potenzial verschenkt. Diesem an sich handwerklich soliden Spiel fehlt es meiner Meinung nach stark am Wiederspielwert. Schon nach wenigen Partien hat man gefühlt alles gesehen. Zumal fühlt sich jede Runde und jede Ära unheimlich repetitiv an. Es existieren gefühlt nicht so viele Möglichkeiten, wie in anderen vergleichbaren Spielen. 

Möglicher Ausbau des eigenen Städtenetzes im Late-Game.

Das Pro des Spiels bewegt sich im Austarieren der Handkarten mit den Möglichkeiten der freien Felder – an sich eine schöne Sache, würde sich nicht alles irgendwie gleich gut anfühlen. Ich selbst habe einen Hang zur nummerischen Bewertung, welche das Fazit nochmals auf den Punkt bringen soll. Underwater Cities erhält von mir eine 3. Es ist nicht schlecht, aber auch nicht gut. Das größte Plus in meinen Augen ist der erschwingliche Preis von im Schnitt 40€. Mein Tipp zu diesem Spiel: Probiert es vorher irgendwo aus, bevor es auf eure Einkaufsliste kommt. Es sollte kein Blindkauf sein.

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Underwater Cities von Vladimir Suchy
Erschienen bei Delicious Games
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 120 Minuten
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Delicious Games)