20.07.2021

Vendetta


Wer hat nicht die geniale Mafiosi-Trilogie Der Pate als eine der Klassiker der Filmgeschichte gesehen? Sollte jemand diese rhetorische Frage tatsächlich mit „Nein, ich nicht“ beantworten, würde ich dem- oder derjenigen vorschlagen, an dieser Stelle mit dem Lesen dieser Rezension aufzuhören, nach der Trilogie auf dem Streamingdienst des Vertrauens zu suchen, sich die stimmungsvollen Hollywoodstreifen anzuschauen und anschließend wieder hierher zurückzukehren... Und somit sollten wir nun alle auf dem gleichen Stand sein, sehr gut! 

Denn ich habe mich zu zweit an einen „investigativen Thriller für 1 bis 5 Spieler“ namens Vendetta gewagt. Hierbei handelt es sich um ein Detektivspiel im Mafiasetting, in dem wir als hochrangiges Mitglied der Mafia vom Paten selbst gebeten werden, den Verrat an der Familie durch eine „Ratte“ in den eigenen Reihen aufzuklären. Das Ganze spielt in New York City und wird uns zu den unterschiedlichsten Orten innerhalb der Stadt führen, an denen wir gemeinsam wichtige Entscheidungen treffen müssen, die darüber entscheiden, wie es in der Geschichte weitergeht. Zudem werden wir massig Informationen über die verschiedenen in der Geschichte auftauchenden Personen ansammeln, Rätsel lösen und am Ende die Ergebnisse unserer Detektivarbeit dafür nutzen, den Verräter zu überführen und dem Paten vorzuführen. 


Allerdings fällt es mir wirklich sehr schwer, eine Rezension zu dem Spiel zu schreiben, da sie selbstverständlich spoilerfrei bleiben soll – und auch spoilerfrei ist. Daher werde ich versuchen, eher weniger auf die Spielmechanik an sich einzugehen und vielmehr vom allgemeinen Spielerlebnis zu berichten. 

Material 

Vendetta kommt mit geschlossenen Umschlägen, vororganisierten Notizzetteln und einem recht hohen Stapel doppelseitig bedruckter Karten daher. Das Material ist insgesamt sehr stimmungsvoll gestaltet, und vor allem die Illustrationen auf der einen Seite der Karten sowie Illustrationen, die man auf sonstigen Beweismaterialien in den Umschlägen finden wird, tragen positiv zur Gesamtatmosphäre bei. Durch die vororganisierten Notizzettel und einer kurzen und knackigen sowie präzisen Anleitung, kommt man schnell ins Spiel und sollte keine Probleme haben, die Informationen und Beweise zu organisieren. Allerdings möchte ich an dieser Stelle schonmal den Tipp geben, einen möglichst großen Tisch für das Spiel zu verwenden, damit man später leichter den Überblick über die Karten und sonstigen Beweise behält. Außerdem möchte ich die Liebe zum Detail hervorheben, die in dieses Projekt geflossen sein müssen, doch was genau ich damit meine, werdet ihr beim Spielen selbst herausfinden müssen. Am Material gibt es jedenfalls nichts auszusetzen, sodass wir uns nun getrost dem Spielablauf sowie dem anschließenden Fazit widmen können. 


Ablauf 

Wie bereits erwähnt, möchte ich möglichst wenig vorwegnehmen und euch das Spiel und die Materialien selbst erkunden lassen. Im Kern ist das Spiel jedoch kein Rätselspiel, sondern ein investigatives Detektivspiel, in dem es darum geht, Informationen zu gewissen Leuten zu sammeln und in unterschiedlichen Situationen Entscheidungen zu treffen, wodurch wir uns manche Karten ansehen dürfen, während wir andere nie zu Gesicht bekommen werden. Und dennoch führen alle Entscheidungen und Wege schließlich zum Ziel, bei dem es darum geht, alle gesammelten Informationen gekonnt zu kombinieren und die „Ratte“ des Familienclans zu entlarven. Dabei sind die Karten, die die Geschichte vorantreiben immer verschiedenen, konkreten Orten zugewiesen, an denen wir nach und nach auf die verschiedenen möglichen „Ratten“ treffen. 

Dennoch gibt es immer wieder auch Rätselelemente, beispielsweise in Form von Codes, die man knacken muss. Vor allem hierfür werden wir regelmäßig das Internet benutzen, sodass ein Tablet und/oder Smartphone zum Spielen benötigt werden. 

Fazit 

Vendetta hat meinen Spielekumpel und mich alles in allem überzeugt. Die größte Stärke des Spiels ist es, dass eine spannende Mafia-Geschichte erzählt wird, die man mit denen eigenen Entscheidungen aktiv beeinflusst. Am Ende der Partie hatten wir ein ähnliches Gefühl, wie wir es nach dem Anschauen von Der Pate hatten. Die Geschichte hatte uns in ihren Bann gezogen und wir waren offenbar ganz und gar in den Fall und die Mafia-Welt New Yorks eingetaucht. Besonders die Liebe zum Detail und die Vielseitigkeit der Inhalte haben uns durchaus imponiert. Allerdings sollte den Interessierten unter euch klar sein, dass es hier viel Text zu lesen gibt, was uns jedoch nicht gestört hat und die Story natürlich vorantreibt. 


Außerdem haben uns die gelegentlichen Erinnerungen gefallen, dass beispielsweise auch die Illustrationen wichtige Hinweise enthalten können, was man im Eifer des Gefechts gut und gerne mal vergessen könnte. Und sollte man einmal nicht weiterwissen, bietet eine Website, auf der man beispielsweise auch Codes und Ähnliches eingibt, eine Hilfefunktion, die für die Ermittler hilfreiche Tipps oder sogar die Lösung für ein Rätsel bereithält. 

Allerdings sind diese „Rätsel“ insgesamt eher leicht und die Herausforderung besteht eher darin, die gesammelten Informationen gut zu organisieren, die Übersicht zu behalten und präzise zu kombinieren. Daher macht es durchaus Sinn, wie es in der Anleitung auch vorgeschlagen wird und wie man es von Spielen wie Detective kennt, zu Beginn der Partie gewisse Verantwortlichkeiten unter sich aufzuteilen, sodass sich einer beispielsweise um das Eingeben von Codes etc. auf der Website kümmert, während ein anderer dafür sorgt, dass die verschiedenen Orte und Karten gut organisiert auf dem Tisch bereitliegen. 

Das Spielprinzip von Vendetta hat mich sehr an einen Escape-Room-Fall erinnert, den ich während einer der Lockdowns einmal mit Freunden online gespielt hatte. Auch dort wurde man recht früh mit zahlreichen Informationen und Möglichkeiten überhäuft, sodass man sich erst einmal organisieren musste, um nicht in heillose Überforderung zu geraten. Doch der riesige Vorteil von Vendetta als Brettspiel ist, dass man das ganze Material dabeihat und auf dem eigenen Wohnzimmertisch ausbreiten kann, statt alles irgendwie mit Tabs und Word-Dokumenten auf dem Bildschirm zu ordnen. Und wie schon beim Online-Fall sollte man für Vendetta gute 3 bis 4 Stunden Spielzeit einplanen, und auch die von der Anleitung vorgeschlagene Pause nach zwei Stunden halte ich für durchaus sinnvoll, um den Kopf für den Endspurt wieder freizubekommen. Wir haben es zu zweit gespielt, wobei man es sicher auch zu dritt (und vielleicht zu viert; und theoretisch auch zu fünft) spielen kann. 

Wer also auf Detektivspiele steht, schon immer einmal als wichtiger Kopf eines Mafiaregimes ermitteln wollte, und dem Story und Atmosphäre wichtiger sind als besonders knifflige Rätsel, dem kann ich Vendetta wirklich empfehlen. Wir hatten jedenfalls viel Spaß und wünschen euch ebenfalls viel Erfolg und Spaß beim Ermitteln!

 

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Vendetta von Lukas Setzke, Martin Student, Verena Wiechens
Erschienen bei Noctis Verlag
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 240 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Noctis Verlag)