03.04.2014

Navajo Wars - Reisebericht und Geschichtsstunde

Reiseberichte werden meiner Meinung nach viel zu selten bei Brettspielblogs angeführt. Gehen wir also einfach mal neue Wege.

Der Süd-Westen in den USA ist schon toll. Der Westernklassiker Monument Valley, der Grand Canyon, der Arches National Park, die unendliche Weite und die filmreifen Sonnenuntergänge. Ich gebe es zu: Ich bin Fan!
Der Süd-Westen ist aber auch die Heimat der Navajo-Indianer. Damit hier jetzt auch mal ein gut recherchierter Artikel veröffentlich wird, zitiere ich Euch dann auch mal ganz frech die Einleitung des passenden Wikipedia-Artikels.

*Nachhilfestunde Geschichte der Indianer an* 
 
Die Navajo, auch Navaho oder Dinégenannt, sind mit rund 332.100 Stammesangehörigen das zahlenmäßig zweitgrößte aller indianischen Völker in den Vereinigten Staaten. Vergleicht man sie aber mit anderen Stämmen, so stellen sie bei der Zahl derer, die sich beim US-Zensus von 2010 ausschließlich mit einer einzigen Stammeszugehörigkeit identifizierten und nicht gleichzeitig noch mit anderen Stammesgruppierungen oder dort abgefragten Rassen oder Zugehörigkeiten, den größten Anteil.
Sie leben verstreut im nordwestlichen New Mexico, im nordöstlichen Arizona, im südöstlichen Utahund in anderen Teilen der USA. Im Nordosten Arizonas liegt die Navajo Nation Reservation, das bis nach New Mexico und Utah hineinreichende sowohl an Bevölkerungszahl als auch flächenmäßig größte Reservat der USA, in dem etwas mehr als die Hälfte aller Navajo leben.
 
*Nachhilfestunde Geschichte der Indianer aus* 

 
Warum erzähle ich Euch das? In Navajo Wars von GMT dürfen wir wahlweise in bester Solo-Spieler-Mentalität die Geschichte der Diné nachspielen (das Ganze geht zwar auch semikooperativ mit zwei Spielern, aber das ist doof). Dabei wählen wir aus drei unterschiedlichen Geschichtsepochen: Spanische Invasoren, Mexikanische Okkupation, US-Amerikanische Unterdrückung. Für die ganz Mutigen (und auch die Spieler, die besonders viel Zeit mitbringen) können wir auch alle drei Kampagnen aneinanderreihen.

Für mich als bekennenden Geschichtscrack kam Navajo Wars fast wie von selbst in den Fokus. Wenn man dann auch schon mal vor Ort gewesen ist und sämtliche Navajo-Stätten besucht hat, dann muss der Titel auch ins Spieleregal.

Beim Öffnen besticht Navajo Wars nicht allein durch die mittlerweile fast schon gewohnte GMT-Deluxe Ausstattung. Gute Kartenqualität, zahlreiche ausführliche Spielerhilfen, ein ausführliches Tutorial zum erleichterten Spieleinstieg (im Übrigen auch online als Video). Besonders angetan hat es mir dabei jedoch der Spielplan. Auf die wesentlichen Dinge heruntergebrochen zwar lediglich eine Verknüpfung von Landschaftspunkten, aber im Detail für den Kenner fast schon ein kleines Kunstwerk. Die Details sind hierbei das, was das Spielerherz höherschlagen lassen. So sind die Wegpunkte beispielsweise als unterschiedlich farbige Perlen dargestellt. Dazu die Information, dass eben jene Perlen heute an jeder Straßenecke von Navajo-Indianern als Schmuck verkauft werden und sich auch mir Rucksacktourist als „typisch Navajo“ins Gehirn gebrannt haben. Immer wieder tauchen auch kleinere andere Details auf. Stammestypische Werkzeuge, Nahrung und Kunst. Das gesamte Spiel ist fast schon so etwas wie eine kleine Zeitreise zurück in die Zeit gewesen, in der ich vor Ort war.


Spielerisch ist Navajo Wars auch typisch GMT. Viele verschachtelte Regeln, bei denen auch nach zahlreichen Partien dem Spieler der Blick in die Spielerhilfe nicht erspart bleibt. Die ersten Partien müssen als Lernpartien angegangen werden.
Vom Spielprinzip ist das Ganze dabei eigentlich verblüffend simpel. Ein zuvor zusammengebauter, Szenario abhängiger Ereigniskartenstapel wird nach und nach abgearbeitet. Dabei stehen dem Spieler grundsätzlich drei Standardaktionen zur Verfügung, welche ihm helfen auf den Zug der künstlichen Intelligenz (der Begriff passt hier wirklich – mehr dazu später) bestmöglich zu reagieren oder im Besten Falle diesem vorzubeugen.

Die drei eigenen Aktionen splitten sich jedoch in eine Aneinanderreihung an Ausführungsoptionen auf, die so komplex und statisch wirken, dass die Spielerhilfe zum ständigen Begleiter wird. Navajo Wars spielt sich leider so gar nicht intuitiv und verliert sich leider allzu häufig in Regeldetails und schematische Abarbeitung von Tabellen und Listen. So kommt gerade bei den ersten Partien das Spiel viel mehr Arbeit als Vergnügen gleich.


Wo Navajo Wars allerdings unzweifelhaft besticht, ist bei dem Aufbau der künstlichen Intelligenz. Je nach Szenario kann dabei der Gegner auf eine vordefinierte Palette an Aktionsmöglichkeiten zurückgreifen, welche anhand von Aktionspunkten ausgeführt oder eben bei Nichtausreichen der Punkte verschoben werden müssen. Die möglichen Aktionen variieren dabei auf einem Aktionsleiste und sind so bereits stetig einsehbar und auch abschätzbar, wann diese eintreten. Der große Vorteil dieser Mechanik ist die Planbarkeit, welche nur gelegentlich durch Würfelergebnisse und dem damit verbunden Austauschen der Order über Bord geworfen wird.

Navajo Wars grenzt sich somit entscheidend von anderen reinen Solitärspielen ab, welche leider allzu oft rein glückslastig und zufällig wirken und bei denen eigene Aktionen fast ausschließlich als Reaktion auf das eben eingetretene Ereignis dienen. Hier will eine Strategie langfristig aufgebaut werden. Vieles ist planbar und Fehler werden hart bestraft. Schnell ist die beste Planung dahin, wenn die gut 10% Wahrscheinlichkeit dann eben doch eintritt und das schädliche Ereignis früher als erwartet eintritt.


Navajo Wars benötigt einiges an Einarbeitung. Echte Strategie entwickelt sich erst nach ca. drei Partien. Erst dann beginnt man zu verstehen, wann und warum zu bestimmten Zeitpunkten die einzelnen Aktionen zu wählen sind. Die Abarbeitung der Listen wirkt auch dann leider immer wieder antiklimatisch in einem sonst recht schönen, historisch korrekt aufgebauten, thematischen Spiel. Auch nach mehreren Partien wollen sich manche der unzähligen Schritte und Ereignisse einfach nicht in den Kopf einbrennen.

Navajo Wars überzeugt jedoch für die kurze Zeit, die ein einzelnes Szenario dauert (ca. 2 Stunden). Dabei wird nicht nur thematisch sondern auch schwierigkeitstechnisch einiges an Abwechslung geboten. Für ein komplettes Wochenende empfehle ich die Gesamtkampagne, wobei ich dann doch lieber zu den abgeschlossenen Szenarien tendiere.

Vielen Dank an GMT Games für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!

Navajo Wars von Joel Toppen
Erschienen bei GMT
Für 1-2 Spieler in ca. 120 Minuten
Boardgamegeek-Link





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