23.03.2023

Fun Facts


Mittlerweile ist Repos Production nicht nur der Party-Spiel-Verlag, sondern auch der Verlag mit den “Plastikdingern drin”. Na, macht es “Klick” bei euch? Nach Just One mit den Plastik-”Namensschildern” und “So Kleever” mit den Plastik-Kleeblättern gibt es nun Fun Facts mit Plastik-Pfeilspitzen. Auch der Autor ist ein Garant für eher lustige Runden mit Kasper Lapp, den man u.a. kennt durch Magic Maze und ganz aktuell That’s Not A Hat.

Auch inhaltlich bleibt Repos sich hier treu und bietet mit Fun Facts ein Partyspiel, bei dem man sich besser kennenlernt und einschätzen muss. Die Prämisse ist dabei mehr als einfach - es wird eine Frage gestellt, die wir stets mit einer Nummer beantworten können. Diese schreiben wir auf unsere persönliche Pfeilspitze und legen diese dann verdeckt auf den Tisch, sodass man auf der Rückseite den Namen sieht.


Der Startspieler legt nun seinen Namen als erstes in die Tischmitte und im Uhrzeigersinn muss nun nach und nach der eigene Name dazu gelegt werden und zwar entweder über, unter oder zwischen die anderen Namen, wo ich denke, dass meine Zahl in die Reihenfolge passt.

Liest sich komplizierter als es ist, daher hier ein, zwei Beispiele. Es kommt folgende Frage: “Wie lange duscht du im Durchschnitt?” oder “Wie groß ist deine Angst vor Dunkelheit von 0 bis 100?”. Nun heißt es also einzuschätzen, was die anderen geschrieben haben und sich entsprechend einzusortieren.

Haben das alle getan, wird nach und nach aufgedeckt und eine entsprechende Wertung durchgeführt. Für jede richtige Platzierung gibt es einen Punkt und nach acht Runden prüft man, wie gut die Leistung der Gruppe gewesen ist. Ob die Wertung einem wirklich wichtig ist, muss wohl jeder für sich entscheiden, man braucht sie auf jeden Fall nicht zwingend, mir gefielen die Gespräche und Erklärungen rund um die Antworten der Fragen schon genug.


Und da schwappt auch schon ein wenig Wertung rüber, denn alles in allem kann Fun Facts gefallen, auf jeden Fall die Idee. Die Fragen zeigen hier und da Schwächen - manche sind zum Teil recht eindeutig, andere etwas schwieriger oder uninteressanter. Aber so ist das bei jedem Spiel dieser Art und so lange auch immer wieder klasse Fragen dabei sind, ist das zu verschmerzen. Und wenn gar nichts mehr geht, dann kann man sich ja auch eigene Fragen ausdenken.

Fun Facts eignet sich somit für die Familien-Freunde-Partyrunde oder als kleine Kennenlern-Einstiegs-Partie und sollte Freunden dieser Art von Spielen gefallen. Wer sonst damit nichts anfangen kann, der wird auch hiermit wohl nicht abgeholt werden.

Das Material ist, wie zu Beginn schon genannt, mit Just One und So Kleever vergleichbar. Spielerisch sind diese beiden Titel auch weiterhin reizvoller, während es bei Fun Facts mehr um das Gespräch drum herum geht.


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Fun Facts von Kasper Lapp
Erschienen bei Repos Production
Für 4 bis 8 Spieler in ca. 30 Minuten ab 8 Jahren

*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine weiteren Kosten. Wir erhalten eine Provision.

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22.03.2023

Duos


Wortassoziationsspiele haben seit Meilensteinen wie Codenames und Just One den Brettspielmarkt geradezu mit immer neuen Titeln überschwemmt – zumindest fühlt es sich für mich so an. Tatsächlich habe ich nichts gegen eine gelegentliche Runde der oben genannten Titel, oder ne Partie So Kleever oder Cross Clues als sehr gelungene Alternativen. Doch die Spiele dieses Genres haben alle eines gemeinsam: sie setzen voraus, dass die Spieler lesen können. Bei Duos haben wir es nicht mit einem Wort- sondern einem Bilderassoziationsspiel zu tun, das dieses Problem umgeht und das Spielen des Spiels ab 5 Jahren ermöglicht. Hier geht es darum, verschiedene ausliegende nahezu symbolisch gehaltene Bilder zu passenden Pärchen zusammenzupacken. Ziel ist es, möglichst viele identische Paare bzw. Duos mit den anderen Spielern zu bilden, ohne sich dabei absprechen zu dürfen. Welches Duo passt besser zusammen: Pfeil und Hammer oder Pfeil und Kerze? Ein Pfeil ist im weitesten Sinne ja auch ein Jagdwerkzeug, doch hat eine ähnlich längliche Form wie eine Kerze… Was werden die anderen wählen? Und welche weiteren Duos soll ich bilden? Genau hier liegt die Spannung bei Duos.

Im Basisspiel, das mir zur Verfügung gestellt wurde, befinden sich insgesamt 116 doppelseitige quadratische Karten, die den Themen „Märchen“ und „Sport“ zuzuordnen sind. Und abgesehen von den Karten, deren Qualität für das, was man mit ihnen tut, völlig ausreicht – denn wir legen sie ja nur in der Mitte aus –, gibt es zudem noch sechs mit Auskerbungen versehene kleine Spielerboards, auf denen man mit den ebenfalls enthaltenen 48 Holzcubes in verschiedenen Farben, die im ausliegenden Raster gewählten Duos markieren kann, wobei solide funktionierende Sichtschirme ein Abgucken verhindern. Also kein Punktabzug fürs Material.


Die Anzahl der Runden, die in Duos gespielt wird, richtet sich nach der Spielerzahl, da jeder Spieler im Laufe der Partie genau zwei Mal zum "Erzähler" ernannt wird. Man punktet in einer Runde, indem man möglichst viele identische Duos mit dem aktuellen Erzähler vorweisen kann. Das Auswählen der Duos findet gleichzeitig hinter den Sichtschirmen statt, indem man je zwei gleichfarbige Holzcubes als ausgewähltes Duo in zwei der Einkerbungen des Playerboards legt, die dem ausliegenden Raster bestehend aus 3x4 Karten entspricht. Der Erzähler selbst bekommt ebenfalls Punkte dafür, dass die anderen Spieler identische Duos mit ihm bzw. ihr haben. War jeder Spieler zwei Mal Erzähler endet die Partie und der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt.

Allerdings gibt es noch eine 2-Personen-Variante, die kooperativ funktioniert. Natürlich gibt es hier keinen Erzähler, sondern es werden exakt neun Runden gespielt. Erzielt man in einer Runde drei oder vier identische Duos, bekommt man einen Punkt, sind es weniger, geht man in dieser Runde leider leer aus. Hinzu kommen jedoch drei kleine Hilfsjoker, die jede Runde erneut genutzt werden können, wobei jeder Spieler nur einen der drei Joker und beide Spieler nie denselben wählen dürfen. Mit diesen Jokern kann man entweder ein Bild im Raster markieren, das man bei der Auswahl seiner Duos auch gewählt hat, oder ein Bild, das man nicht gewählt hat, oder einen Tipp bestehend aus nur einem Wort geben, ohne dabei ein bestimmtes Bild für den Mitspieler zu markieren. Gemeinsam kann man dann auf Highscore-Jagd gehen, indem man in möglichst vielen Runden punktet.


Duos ist regeltechnisch ein sehr simples Spiel, das sich daher schonmal gut für Wenigspieler und vor allem für Familien mit Kindern eignet. Doch simple und zugängliche Regeln machen bekannterweise noch kein gutes Spiel. Meine Erstpartie war sogleich eine Partie zu zweit, also im kooperativen Modus. Wir waren uns im Vorhinein beide einig: das ist doch extrem einfach! Und als das erste Raster gedroppt wurde, wurde unsere Vermutung bestätigt. Hofnarr und Stab, Schwert und Schild, Prinzessin und Krone, Hütte und Brot. Geht es noch eindeutiger? Brauchen wir überhaupt einen Joker in dieser Runde? Na gut, dann nehme ich halt mal den hier und zeige an, dass ich die Krone gewählt habe. Doch dann sehe ich mein gegenüber schlucken und ich ahne ein Fiasko, und das Aufdecken und Vergleichen unserer Paare zeigt, ich hatte Recht – keine einzige Übereinstimmung… uff… Er hatte wohl aufgrund der Form das Schwert und den Stab zusammengepackt und die Prinzessin und den Hofnarren als Schlossbewohner und so weiter… Naja, es ging nicht wirklich besser weiter, aber wir hatten einiges zu lachen, so viel steht fest. Eine weitere Zweier-Partie mit meiner Mutter zeigte jedoch auch, dass man sich schnell aufeinander einspielen kann und im Laufe einer Partie recht sicher punkten kann, da man irgendwann dann doch merkt, dass bspw. Formen das entscheidende gemeinsame Merkmal darstellen. Daher macht es vielleicht weniger Sinn, das Spiel immer wieder mit denselben Personen zu spielen, und unter keinen Umständen sollte man sich vorher absprechen, welche Kriterien man beim Auswählen der Duos hernimmt.


Die Partie, die ich dann unter anderem auch mit Kindern am Tisch, in der Standardvariante – also nicht kooperativ – gespielt habe, hatte trotz allem, vor allem wohl aufgrund der Anwesenheit der Kinder, ein leicht anderes Spielgefühl. Nun stellt man sich nicht über mehrere Runden immer besser auf sein Gegenüber ein, sondern versucht den aktuellen Erzähler, der ständig wechselt, zu lesen, um möglichst viele Übereinstimmungen mit ihm oder ihr zu erzielen. Dadurch wählt man nicht automatisch das Duo, das man selbst als am offensichtlichsten erachtet, sondern jenes, was beispielsweise einem sechsjährigen Schulanfänger assoziationstechnisch so einfallen könnte. Das bringt dann doch nochmals eine erfrischende Note mit sich, wobei eine Runde schon auch stark von den ausliegenden Bildern abhängt. Denn hin und wieder sind Duos einfach für alle am Tisch eindeutig, wie beispielsweise die Königin und das Schloss oder der König und die Krone.

Alles in allem funktioniert das Spiel und macht Spaß, wobei vor allem beim häufigeren Spielen mit derselben Gruppe sicher einmal der Witz des Spiels verloren geht. Es steckt nicht ultimativ viel Spiel in Duos, doch vor allem mit Kindern am Tisch sorgt das Spiel dann doch immer wieder für Emotionen in Form von Momenten des Ärgers, der Erleichterung und des gemeinsamen Lachens. Um für längeren Spielspaß zu sorgen, wären neue Kartenkategorien über Märchen und Sport hinaus natürlich eine gute Idee, doch wüsste ich nicht, ob ich mir angesichts einer richtigen Balance zwischen Spielspaß und Kostenfaktor mehr als nur das Grundspiel zulegen würde. Schade finde ich zudem, dass es keinen kooperativen Modus für mehr als zwei Spieler gibt, denn das Geben von Hinweisen in der kooperativen Variante macht schon Spaß und fällt im Standardspiel vollends weg. Wer also Assoziationsspiele mag und ggf. auch Kinder mit an den Tisch bringen will, der kann gerne mal einen Blick auf Duos werfen. Ich wünsche viel Spaß beim fröhlichen Assoziieren! Und mal ganz im Ernst: Hofnarr und Stab passen doch wohl viel besser zusammen als Hofnarr und Prinzessin, oder?

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Duos von Niclas Gestrin & Markus Tangring
Erschienen bei GRANNA
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 20 Minuten ab 7 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier GRANNA)
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21.03.2023

Niimura Station

 

 

Schon einmal Lust gehabt eine Bahn-Station zu betreiben? Wenn ja, dann lohnt ein Blick auf Niimura Station von Nathan Hansen Games. Die reale Niimura Station in der japanischen Stadt Matsumoto diente als Vorbild für das hier vorgestellte Einpersonenspiel. In etwa einer Stunde Spielzeit gilt es Passagiere bei Laune zu halten, Geld zu verdienen und den Bahnbetrieb der Kamikōchi Line durch die Niimura Station hindurch zu regeln.

 


Die Spielregeln hierzu sind überschaubar und sehr eingängig. Niimura Station ist ein kartengetriebenes Spiel. Es gibt Passagier- und Zugkarten. Passagiere haben jeweils einen Zielbahnhof und verschiedene Toleranzen. Heißt sie vertragen unterschiedlich viel Hunger, Durst oder Unbequemlichkeit. Auf den Zügen sind Zielbahnhöfe benannt, weiterhin wieviele Passagiere sie aufnehmen und was der Transport pro Passagier in Yen einbringt. Neben den Karten gibt es noch einen Spielplan. Hierauf sind alle Ausbauten unserer Station abgebildet. Weiterhin wird hier auch unser Yenbestand abgehalten sowie unsere laufenden Kosten pro Runde angezeigt. Das dritte zentrale Element des Spieles sind Holzwürfelchen. Sie stellen in den Farben Gelb (Hunger), Grün (Durst) und blau (Komfort) die Bedürfnisse der Passagiere dar und werden bspw. aus einer Tasse gezogen. Neben diesen drei Bedürfnissen gibt es noch schwarze Würfel, welche Verärgerung darstellen. Haben wir die Geduld eines Passagiers zu sehr ausgereizt, so kommt einer dieser Würfel ins Spiel. 

 


Vermeiden wollen wir bei Niimura Station zu viele Passagiere unglücklich zu machen oder zuviel Geld auszugeben. Beides führt zu einer Spielniederlage. Gewinnen können wir, wenn wir entweder durch den Stapel der Zugkarten oder durch den der Passagierkarten durchkommen.

 


 

 Der Rundenablauf bei Niimura Station ist sehr eingängig und in sechs Phasen unterteilt:
  1. Es wird  pro Passagier ein Bedürfnis-Holzwürfel gezogen und auf diesem abgelegt. Eventuell wird damit eine Grenze des Passagiers gebrochen und ein schwarzer Würfel muss genommen werden, welcher den anderen Würfel hinzugefügt wird. Verärgerte Passagiere verlassen auch die Station und die Würfel gehen zurück in ihr Behältnis.
  2. Zwei weitere Passagiere werden zur Station gelegt.
  3. Die spielende Person führt Aktionen aus. Je nach gewählter Schwierigkeit können das 2-3 Aktionen pro Runde sein. Zu Beginn des Spieles startet man mit 3 Standard-Aktionen. Mit zugekauften Ausbauten, hat man später dann noch mehr verschiedene Möglichkeiten für die Aktionen.
  4. Man sucht einen Zug aus, welcher einfahren soll. Zur Wahl stehen hierbei jeweils der vorderste Zug aus westlicher oder östlicher Richtung.
  5. Passagiere betreten den Zug. Gibt es Passagiere mit dem Fahrtziel des einfahrenden Zuges, so nutzen sie diesen und Geld wird verdient.
  6. Ein neues Zug wird nachgezogen, so dass aus östlicher und westlicher Richtung je drei Züge auf die Einfahrt warten. Weiterhin werden die laufenden Kosten der Station gezahlt.
Eben jene Kosten ergeben sich aus den Ausbauten unserer Station. Umso mehr Dinge wir in Nutzung haben, wie Lautsprecheranlage, Getränkewagen, Automaten oder Bänke - umso höher werden die laufenden Kosten unserer Station. Jeder Ausbau der Station erhöht unsere Kosten um 100 Yen. haben wir in der sechsten Phase nicht genug Geld angesammelt um die Kosten zu begleichen, so verlieren wir das Spiel. Gleiches gilt dafür, wenn wir den neunten Passagier verärgern. Es gibt acht schwarze Holzwürfel. Müssten wir einen neunten nehmen, so endet das Spiel sofort. Dementsprechend müssen wir Wege finden dem entgegen zu arbeiten. Möglich wird dies indem wir unsere Station ausbauen und die Ausbaukosten bezahlen. Eine der drei Standardaktionen ist der Stationsausbau.. Wir könnten uns auf dem Weg bspw. einen Foodcart kaufen. Mit diesem lassen sich Hunger- oder Durstwürfel wieder von Passagieren entfernen. Oder wir leisten uns eine Lautsprecheranlage. Mit Hilfe dieser können wir unter anderem die Reihenfolge der einfahrenden Züge manipulieren. Dies kann sehr hilfreich sein. Wir wollen ja nicht, dass Züge einfahren, obwohl keine Passagiere mit deren Fahrtzielen vor Ort sind. Es gilt ja Geld zu verdienen und der drohenden Pleite zu entgehen.
 

 
So wie das Spiel aufgebaut ist, fühlt sich das Ganze sehr thematisch an. Man könnte natürlich fragen warum Passagiere in der Station Ewigkeiten rumsitzen und sich mit einem Getränk nach dem anderen befrieden lassen. Eine andere Frage wäre wie realistich es ist, dass sich im für seine Ordnung bekannten Japan die Züge in unvorhersehbarer Reihenfolge östlich und westlich der Station aufstellen. Meinem Wissen nach ist es ja eher so, dass Japans Bahnbetrieb der Inbegriff der Verllässlichkeit und Pünktlichkeit ist. Vielleicht hätte das Spiel der Realitätsliebe halber also eher Wuppertal Main Station heißen sollen. Über dieses kleine thematische Manko kann man meines Ermessens aber gut hinwegsehen.
 


Ein wenig schwerer wiegt für mich was ich meine hinsichtlich Balancing und Spieldauer beobachtet zu haben. Es gibt in der Anleitung von Niimura Station verschiedene Stellschrauben den Schwierigkeit anzupassen: Anzahl der neuen Passagier pro Runde, Aktionen pro Runde, Toleranz der Passagiere. Auf der normalen Schwierigkeit ist das Spiel meines Ermessens bockschwer. Bedingt ist das dadurch, dass Passagiere und Züge komplett zufällig kommen. Es gibt 13 verschiedene Ziele, welche angefahren werden. Insgesamt gibt es 26 Zugkarten und 52 Passagierkarten. Je zwei Züge pro Ziel und je vier Passagiere pro Ziel. Es kann also wirklich sehr leicht passieren, dass Passagiere ausliegen, welche man über lange Strecken nicht bedienen kann. Weiterhin kann es aber auch sein, dass beide Züge einer Destination hintereinander anstehen und die Passagiere nicht in Sicht sind. Man kann dann eigentlich nur die Züge aus der anderen Richtung bedienen und hoffen. So eingeschränkt zu sein, bringt aber auch finanzielle Nöte mit sich. Gerade wenn man noch keine Ausbauten hat, ist man sehr auf die Einnahmen durch Passagiere angewiesen. Durch die Karten hat der Spielverlauf von Niimura Station einen enorm hohen Zufallsfaktor. Dadurch, dass die Bedürfnisse der Passagiere gezogen werden, ist aber auch noch ein zweiter Zufallsfaktor im Spiel. Dieser ist jedoch relativ gut beherrschbar. Erst recht, wenn man mit zwei statt drei Spieler*innen-Aktionen spielt. Überhaupt wird das Spiel mit den einfachst möglichen Regeln sehr leicht. Drei statt zwei Aktionen zu haben, macht einfach enorm viel aus. Man kann dann kaum noch etwas falsch machen. Zumindest, wenn man den eigenen Kontonstand im Blick behält.
 
 


Neben diesem Balancing-Issues hat mir bei Niimura Station am wenigsten die Spiellänge gefallen. Eine Stunde Spielzeit ist zwar eigentlich überschaubar. Jedoch macht man diese Stunde lang leider fast immer das gleiche. Um zu gewinnen spielt man in der Regel etwa 26 Runden. Wenn man die Station gut aufgebaut hat, dann ist das ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch Verwaltung. Wirkliche Gefahr gibt es nicht mehr. Trotzdem muss man dann noch 10+ Züge einfahren lassen um das Spiel zu gewinnen. Dies gillt zumindest auf einem einfachen Schwierigkeitsgrad. Bei einem schweren Spiel tanzt man immer am Abgrund. Man kann dabei aber wenig machen um die Gefahr zu reduzieren. Kommen die Karten blöd, dann war es das halt. Ein wenig unbefriedigend, wenn man sich bis dahin gut gehalten hat. Man hat 15 Zugkarten die Station gut im Griff gehabt und dann fliegt sie einem unvermittelt um die Ohren.
 



Hier merkt man dann doch, dass das Spiel ein Projekt eines sehr kleinen Verlages ist. Als Playtester wird in der Anleitung auch nur einer Person gedankt. Erschienen ist das Spiel im Rahmen einer Kickstarter Make/100 Kampagne. Außer Print and Play hat das Spiel noch keine andere Auflage erfahren. Will man es also besitzen, so muss man es einem der 100 Kickstarter abkaufen oder er sich selber basteln. Die Kickstarter-Variante hat materialtechnisch sehr gute Prototypenqualität. Ich finde das Design stimmig. Es ist aber ohne Frage eher einfach gehalten und hat kleinere Ikonographie-Mängel, welche auch Nathan Hansen schon aufgefallen sind.
Auf Youtube gibt es auch ein Tutorial und ein Playthrough des Autors zu Niimura Station:
 
Niimura Station ist in meinem Augen ein symapthisches kleines Spiel über das Management einer Bahnstation. Die Regeln sind einfach zu lernen und das Handhaben der Spielabläufe ist unkompliziert. Man läuft also nur wenig Gefahr dabei Fehler zu machen die Phasen richtig abzuwickeln. Um Freude an Niimura Station zu haben, sollte man aber ein wenig Frustrationstoleranz mitbringen. Denn wie bereits geschrieben: Die Karten können den Stationsbetrieb oftmals gut durcheinander wirbeln. In jedem Fall lohnt sich ein Blickauf Nathan Hansens BGG-Verlagsseite. Mittlerweile hat er nämlich schon einige PNP-Spiele herausgebracht und mit Trade Port of Sol sowie Draftcar noch zwei weitere Spiele finanziert und in Box herausgebracht. 

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Niimura Station
Autor: Nathan Hansen
Erschienen bei Nathan Hansen Games
Für 1 Spieler*innen ab 13 Jahren.
Spieldauer etwa 60 Minuten


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Hier Nathan Hansen Games)
*es handelt sich um einen Affiliate Link. Wir erhalten eine kleine Provision. Für Euch entstehen keine weiteren Kosten.

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20.03.2023

Ted Lasso Party Game



Wisst ihr welches das glücklichste Tier der Welt ist? 
Der Goldfisch! 
Und wisst ihr auch warum? 
Weil er nur ein 10 Sekunden Gedächtnis hat.

Solche und ähnliche Weisheiten lernt man, wenn man aufmerksam Ted Lasso schaut. Ted Lasso ist eine hervorragende und daher sehr beliebte Feel-Good Serie über einen College-Football Trainer, den es aus den USA nach England verschlägt um dort ein Fußballteam zu trainieren. Wer die Serie nicht kennen sollte, dem kam ich sie an dieser Stelle wärmstens empfehlen. Es war also eine Frage der Zeit, bis das erste Spiel zu Serie erscheint: Ted Lasso Party Game.
Und ob das Spiel zukünftig als Starter für den Serienabend geeignet ist oder wir uns lieber wünschen ein Goldfisch zu sein, schauen wir uns jetzt gemeinsam an. 

Prall gefüllt ist die Box definitiv. Sogar die berühmten Kekse, die Ted regelmäßig backt, haben es samt kleiner Keksschachtel hinein geschafft. Die Qualität der Komponenten ist gut und überall lassen sich Details aus der Serie finden. 


Ted Lasso spielen wir kooperativ mit dem Ziel innerhalb von 4 Runden die Moral der Charaktere wiederherzustellen und mind. 45 Moralpunkte zu sammeln. 

Wie man an Moral kommt ist schnell erklärt: Auf 5 Räumen werden zufällig 5 unterschiedliche Charaktere verteilt. Da begegnen uns u.a. die clevere Keeley, der ruppige Roy oder der nüchterne Nathan. Doch sie kommen nicht alleine. Wie in der Serie auch haben sie stets ihre unterschiedlichsten Probleme im Gepäck, welche nun von den beiden Coaches Lasso und Beard gelöst werden wollen. Und wie machen sie das? Selbstverständlich mit Witzen, inspirierenden Reden, Coachings, Quality Time – oder in ganz harten Fällen - mit einem leckeren Stück feinstem Gebäck. 


Konnten sie alle Probleme eines Charakters in Luft auflösen, erhält man die entsprechenden Moralpunkte. Bei einem Fußballer dürfen wir jetzt sogar den kleinen Ball einmal über den Fußballplatz rollen und unsere Moralpunkte einsacken.

Wie sieht das jetzt konkret im Spiel aus? 24 Karten des Believedecks werden verdeckt an die Spieler verteilt. Das Believedeck enthält 4 Farben, wobei jede Farbe für eine der Problembewältigungsstrategien steht. Zusätzlich wird zu Beginn jeder Runde eine Event Karte umgedreht, welche Sonderregeln für die bevorstehende Runde enthält. 


Anschließend darf man kurz eine Strategie besprechen und – damit es nicht zu langweilig wird – nun einen Timer auf 2 Minuten stellen! Dafür kann man sich sogar eine passende App herunterladen, die noch etwas Fußballflair auf den Tisch bringt. 

Erst jetzt dürfen die Believekarten aufgenommen und angeschaut werden. Reihum wählt der aktive Spieler eine Farbe aus seiner Hand, von der er anschließend alle Karten ausspielen und verteilen muss. Karten dürfen nur in Räumen ausgespielt werden, in denen sich ebenfalls einer der beiden Trainer befindet. Den Trainer zu bewegen kostet ebenfalls eine Karte, daher sollte man stets im Austausch mit den anderen bleiben um nicht unnötig Karten für die Bewegungen zu verschwenden. 
Als dritte Möglichkeit kann man seine Karte in den Pool spielen aus dem am Ende der Runde jeweils 5 Karten genutzt werden können, um ein Problemplättchen abzuräumen. 

Sind alle Karten ausgespielt oder klingelt der Timer, ist die Runde vorbei. Zum Ende der Runde wird geschaut, welchem Charakter wir nun bei der Problemlösung helfen konnten. Sind alle Probleme verschwunden, erhalten wir nun die entsprechenden Moralpunkte. Bei Fußballern dürfen wir jetzt auch würfeln. 


Ansonsten bleibt die Karte für die nächste Runde liegen und nicht nur das - die Probleme wachsen. 

Fazit 
Als Fan der Serie war ich unheimlich gespannt auf Ted Lasso Party Game. Eins muss man dem Spiel lassen. Es ist wirklich toll gestaltet. Man öffnet die Schachtel und erkennt viele Details aus der Serie wieder. Die Keksschachtel, der riesige Believe Banner im Schachteldeckel oder das Fußballfeld im Schachtelboden als Würfelschale. 
Doch insgesamt ist das Thema leider aufgesetzt und beliebig austauschbar. Die Believekarten enthalten zwar zahlreiche tolle Zitate aus der Serie, diese haben aber für den Spielverlauf keinerlei Relevanz. 
Ich bin der Meinung, dass man bereits durch kleine Anpassungen mehr für das Fanherz hätte rausholen können. Bspw. indem man den Charakteren mehr Insider mitgegeben hätte. Bei Roy bspw. ist das teilweise umgesetzt worden, indem er mehr Problemplättchen erhält, sollte Jamie ebenfalls ausliegen. Hier wäre sicher mehr drin gewesen. 


Was das eigentliche Spiel betrifft: Was mich sehr irritiert ist die Tatsache, dass man Ted Lasso mit 2-6 Spielern spielen kann und man immer bei 24 Believekarten bleibt. Bei 2 Spielern hat also jeder 12 Karten und bei 6 Spielern nur noch 4 Karten auf der Hand. Bei 2 Spielern kann man also sehr schnell die Karten ausspielen wohingegen bei 6 Spielern im Zweifel immer nur eine Karte ausgespielt werden kann. Und wenn dann der Trainer noch auf dem falschen Feld ist, kann man seine Karte nur noch in den Pool schmeißen. Hier hätte man durchaus mit der Anzahl an Räumen und Charakteren variieren können um das zu heilen. 
Zusätzlich ist man auch sehr abhängig vom Glück. Natürlich kann man vorher eine Strategie absprechen und auch während des Spiel miteinander kommunizieren, aber wenn viele Problemplättchen einer Farbe ausliegen, aber die Farbe in den Handkarten kaum vertreten ist, kann man die Runde eigentlich abhaken. Ebenso, wenn die Karten so verteilt sind, dass man sehr häufig den Trainer bewegen und viele Karten dafür opfern muss. 
Und dann bietet das Spiel keine Abwechslung und man macht recht monoton immer wieder das Gleiche. Man muss sich zwar immer mal absprechen, wer welche Karten noch hat und wo man den Coach hinbewegen sollte und Eventkarten, die die Regeln für die Runde modifizieren gibt es auch noch, aber das Spielerlebnis reißt mich leider nicht vom Hocker. Der Hocker schunkelt nicht mal leicht. 

Und immer wenn ich das Spiel auf- und abbaue kreist mir eine Frage im Kopf... Warum druckt man Zähler und Fußballfeld auf den Schachtelboden? Wäre der Deckel nicht die pfiffigere Lösung gewesen? 

Als Fan der Serie werde ich das Spiel behalten und mir als Deko hinstellen. Auf den Tisch wird es sehr wahrscheinlich aber nicht mehr kommen.

 

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Ted Lasso Party Game von Prospero Hall
Erschienen bei Funko Games
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 20 Minuten ab 10 Jahren

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Funko Games)
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17.03.2023

Finding Atlantis


Es handelt sich um eine Gastrezension von Fernando (Instagram: Kidsdoc_spielt). Fernando ist kein Muttersprachler.

Atlantis, das mythisches Inselreich, eine Seemacht welche laut Platon infolge einer Naturkatastrophe innerhalb eines einzigen Tages untergegangen ist. Atlantis gehört zu den interessantesten Mythen des antiken Griechenlands und zahlreiche Forschungen und Expeditionen haben versucht, diesen Mythos zu entwirren.
Genau dasselbe erwartet im Spiel Finding Atlantis. Hier tauchen wir mit unserem U-Boot auf der Suche nach diesem verlorenen Reich unter und zwar mit Hilfe einer App. 


Finding Atlantis ist ein kompetitives Deduktionsspiel, bei dem wir in unserem Zug eine Handkarte spielen und diese mit der App des Spiels scannen, was wiederum unseren Fortschritt im Spiel bestimmen wird. Somit können wir zum Beispiel Tiefen, Seeberge, verlorene Artefakte oder Spuren von Atlantis selbst entdecken. Das machen wir mit einem Schreibblock, wo wir unsere Funde und die mögliche Position unserer Gegner mit Holzsteinen oder mit dem Bleistift markieren können.

Das Spiel ist wirklich sehr gut gelungen. Es macht viel Spaß, Sachen zu finden ohne unsere Position preiszugeben, da unserer Gegner diese Informationen zu ihrem eigenen Vorteil nutzen können. Man hat teilweise das Gefühl, eine Art „Schiffe versenken mit Deduktionskomponente“ zu spielen, vor allem wegen der Mindgames, die in der Luft deutlich zu spüren sind. 


Die App funktioniert einwandfrei und stört den Spielrhythmus oder die Interaktion zwischen den Spieler*innen nicht. Obwohl ich gelesen habe, dass einige Probleme mit der App hatten, war das bei mir nicht der Fall. Im Gegenteil, ich finde es lobenswert, dass es dem Designer gelungen ist, eine App zu erstellen, die die Karten liest, obwohl sie keinen hässlichen QR- oder Barcode haben. Sehr innovativ!

Zusammenfassend: Ich mag viele Sachen an diesem Spiel. Es ist relativ kurz, man kann es sehr gut solo spielen, kein Match ist wie das andere, es hat ein schönes Artwork und es ist ein sehr gelungener Mix von Raten und Deduktion. Ein kleiner negativer Punkt ist die Größe der Schachtel, vielleicht ein bisschen zu groß für den Inhalt des Spiels, aber das ist ein bisschen Jammern auf hohem Niveau.

Alles in allem ein tolles Spiel und eine absolute Kaufempfehlung meinerseits!

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Finding Atlantis von Andreas Wilde
Erschienen bei Hybr Games
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten ab 13 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Hybr Games)
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16.03.2023

Guns or Treasure


Hart Steuerboard!! Setzt die Segel!! Angriff!!!! So oder so ähnlich kennen wir das ja aus Piraten-Geschichten oder Filmen und natürlich auch im Spiel, können solche Sätze mal fallen. Castillo Games hatte letztes Jahr einen Kickstarter für dieses schnelle Bluff-und-Kaper-Spiel und hat diesen mit Bravour finanziert bekommen. Nun naht die Auslieferung und wir durften uns vorab einen Prototypen ansehen.

Das Spiel ist für 2-6 Spieler und eine Runde dauert schnelle 15 Minuten - auch die Einstiegshürde ist niedrig und so können schon kleine Piraten ab 8 Jahren mitsegeln.


Bei Guns or Treasure sind wir alle Piratenkapitäne und bauen über vier Runden unsere Schiffsflotte aus. Dazu erhält jeder Spieler sechs Karten, die einen Teil des Schiffs repräsentieren. Entweder befindet sich auf diesem Teil ein Schatz, eine Kanone oder eine Bombe. Die erste Karte eines Schiffs wird offen ausgelegt und jede weitere dann verdeckt dahinter. Nach vier Runden, in denen man jeweils 3 Karten wählen durfte und danach 3 neue Karten gezogen hat, geht es nun mit diesen Schiffen in den Kampf!

In der ersten Runde der Kampfphase wählen wir eines unserer Schiffe und dann eines der Mitspieler, welches wir angreifen möchten. Nun werden alle Elemente der Schiffe aufgedeckt und das Schiff mit dem größten Kanonenwert versenkt das gegnerische Schiff und erhält bzw. behält alle Schätze. Falls eines der Schiffe aber ein Bomben-Element hatte, sinken beide Schiffe und die Schätze sind verloren. Ab der zweiten Runde kann ich mich dann entscheiden, ob ich angreifen möchte oder mich mit einem Schiff lieber zurückziehe und so die Schätze in Sicherheit bringe.

Der Spieler mit den meisten Schätzen, sobald es keine Schiffe mehr gibt, ist dann der Sieger. Wer möchte, kann auch die Rolle eines berüchtigten Piraten übernehmen, welcher eine Sonderfähigkeit mit sich bringt, so kommt noch ein wenig mehr Würze ins Spiel.


In der Anleitung gibt es dann noch drei weitere kleine Varianten, wie eine Draft-Version oder aber mit Schiffen, die man aus den nicht gewählten Karten baut und als NPC zum Angriff verwenden kann. Während der Kickstarter-Kampagne wurde auch eine kleine Mini-Erweiterung mit Affen und Papageien freigeschaltet, diese lag uns aber nicht vor.

Guns or Treasure ist ein wirklich launiges und schnell gespieltes Kartenspiel, was ideal zum Auftakt eine Spieleabends verwendet werden kann. Man ist dadurch schnell auf Betriebstemperatur und hat schon erste Stimmungen unter der Gruppe gesetzt, auf die man später bei anderen Spielen noch verweisen kann. Ja, die Runde muss gewillt sein, ein leichtes Kartenspiel mitzuspielen, tun das aber alle, dann kann man mit ein wenig Trashtalk am Tisch eine lustige Zeit erleben.

Das Spiel ist sehr simpel, aber dennoch befriedigend, wenn man es schafft, die Schätze der anderen zu kapern oder ärgerlich, wenn das beste Schiff selbst zum Opfer wird.


Guns or Treasure wäre hier in Deutschland eines der typischen Amigo-Familien-Kartenspiele und wer die gern hin und wieder auf den Tisch bringt, kann sich auch das Spiel von Castillo Games ansehen, welches man nun vorbestellen kann und lange warten muss man wohl auch nicht mehr - soll es noch im Frühjahr 2023 ausgeliefert werden!

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Guns or Treasure von Bryce Brown
Erschienen bei Castillo Games
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 15 Minuten ab 8 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Castillo Games)

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15.03.2023

Kräutergarten


Als Spieler begeistern mich natürlich vor allem Spiele mit Themen, die mich persönlich interessieren, weil sie eine wichtige Rolle in meiner Lebenswirklichkeit einnehmen oder positive Assoziationen meiner Vorstellungskraft hervorrufen. Bei Kräutern spielen meine Synapsen zwar nicht unbedingt verrückt, doch als recht leidenschaftlicher Hobbykoch bin ich dem Thema auch nicht vollends abgeneigt. In Kräutergarten haben wir es mit einem Kartenspiel rund um das aromatische Grünzeugs zu tun und dürfen hier verschiedene Kräuter wie Lorbeer, Salbei, Lavendel und Dill sammeln und möglichst gewinnbringend eintopfen, wobei verschiedene Töpfe in unserem Besitz verschiedene Möglichkeiten des Eintopfens vorgeben. Nachdem alle Karten ausgespielt wurden und niemand mehr eintopfen kann oder bereits alle Töpfe befüllt sind, endet die Partie und derjenige mit den meisten Siegpunkten gewinnt.


Zu Beginn unseres Zuges dürfen wir immer einen unserer Töpfe aussuchen und dort Kräuter aus unserem persönlichen sowie aus dem Gemeinschaftsgarten eintopfen, wobei ein einmal befüllter Topf für den Rest der Partie nicht mehr angerührt werden darf. Hierbei gibt es einen Topf, der bis zu 7 gleiche Kräuter, ein weiterer der bis zu 7 verschiedene Kräuter, einer, der Paare von gleichen Kräutern und einer der bis zu 3 beliebige Kräuter tragen kann, wobei nur in letzterem die drei selten vorkommenden Spezialkräuter Thymian, Schnittlauch und Minze eingetopft werden dürfen, die zudem noch Zusatzpunkte abwerfen. Na gut, der letzte Topf ist eigentlich ne Vase, aber das tut wohl nicht allzu viel zur Sache (?)

Hat man bereits Kräuter eingetopft und möchte darauf verzichten, zieht man anschließend nacheinander zwei Karten vom Kräuternachziehstapel und entscheidet sich bei der ersten, ob diese in den persönlichen Garten gelegt werden soll, auf den die Mitspieler keinen Zugriff haben, oder ob sie in den Gemeinschaftsgarten wandern soll, auf den alle Spieler zu jederzeit Zugriff haben. Egal, wie man sich entscheidet, die zweite gezogene Karten muss in den jeweils anderen Bereich gelegt werden. Danach ist der nächste Spieler an der Reihe, überlegt, ob das Eintopfen von Kräutern bereits Sinn macht, und verteilt anschließend wieder zwei Kräuterkarten auf seinen bzw. den Gemeinschaftsgarten. Das Ganze geht so lange weiter, bis alle Karten aufgebraucht sind und niemand mehr irgendwas eintopfen kann. Allerdings gibt es noch eine Extrapunktekarte, das Kräuterbrötchen, die nur derjenige bekommt, der zuerst alle drei Spezialkräuter in seine gläserne Vase eingetopft hat.


Das wäre regeltechnisch bereits alles, was es zu Kräutergarten zu sagen gibt, wobei sich die Entwickler noch einen Team-Modus haben einfallen lassen, in dem immer drei Karten nacheinander gezogen werden, die dann in den eigenen, den Gemeinschafts- und den Teampartnergarten verteilt werden; und in einem „Experten“-Modus fällt bei diesem Teamspiel noch die Kommunikation weg und nur die Punkte vom schwächeren Teammitglied zählen am Ende.

Doch das war es nun tatsächlich zu den Regeln. Werfen wir nun lieber mal einen Blick aufs Material sowie den Spielspaß, den das gemütliche Kräuteranpflanzen und -eintopfen bringt, oder halt eben nicht bringt. Die Anleitung ist übersichtlich und gut geschrieben, die Karten sind schlicht, aber nett gestaltet (doch was will man bei Kräutern auch großartig anders machen!?), und die länglichen Pappmarkierungen für den eigenen Garten waren zwar nicht zwingend nötig, greifen sich aber gut an. Insgesamt beinhaltet Kräutergarten im Übrigen 72 Kräuterkarten und 16 Behälterkarten, also jeweils vier für bis zu vier Spieler. Das Material ist also dem Spiel durchaus angemessen und ich habe an dieser Stelle nicht wirklich was zu meckern.


Hat mich Kräutergarten nun jedoch in imaginäre Aromawelten entführt? Hat es ein Gleichgewicht zwischen dem beschleunigten Alltag und meiner inneren Seelenruhe geschaffen? Nein. Und nein. Aber es war doch recht witzig. Der größte Reiz des Spiels besteht darin, das richtige Timing fürs Eintopfen zu finden. Denn topft man zu früh ein, werfen die einzelnen Behälter am Ende zu wenige Siegpunkte ab. Topft man jedoch zu spät ein, reichen die übrigen Karten vielleicht nicht mehr aus, um genügend Siegpunkte einzusammeln, zumal das Gegenüber vielleicht zuvor das ganze Rosmarin aus dem Gemeinschaftsgarten für seinen großen Topf weggeerntet hat. Es kann schon ziemlich ärgerlich sein, genau einmal zu lange zu warten, um dann dabei zuzuschauen, wie ein Mitspieler die für einen selbst sehr wichtigen Kräuter aus dem Gemeinschaftsgarten stibitzt. Andererseits hat sich derjenige vielleicht auch verschätzt und meine Geduld wird am Ende doch noch belohnt. Denn in meiner Erstpartie war es dann tatsächlich so, dass ich recht früh alles eingetopft hatte und somit keine Kräuter mehr aus den Gärten verwenden durfte. Lediglich beim Ziehen und Verteilen durfte ich weiterhin mitmachen, während mein Gegenüber versucht hat, aus den noch übrigen Kräutern irgendwie meinen Vorsprung einzuholen. Zu meinem Glück hat es am Ende dann tatsächlich nicht ganz ausgereicht für ihn.


Das Timing ist hier der Clou und daher spiele ich Kräutergarten auch am liebsten zu zweit (oder vielleicht im Team), denn je mehr Spieler mitmachen, desto weniger Einfluss habe ich darauf, welche Kräuter zwischenzeitlich weggeschnappt werden, wodurch auch die Sache mit dem Timing an Bedeutung verliert. Nichtsdestotrotz hat mich Kräutergarten jetzt auch nicht völlig vom Hochbeet gerissen. Dafür ist es am Ende des Tages für mich dann vielleicht doch eine Nuance zu banal. Doch diejenigen, die ein gemütliches Kartenspiel suchen, etwas mit dem Thema anfangen können und den beschriebenen Reiz des Spiels ebenfalls reizvoll finden, die sollten durchaus einmal einen Blick auf Kräutergarten werfen. Und wer auf die Timing-Geschichte steht, aber kleine Steinchen statt Karten ausspielen will, der kann alternativ einen Blick auf No Return werfen, einem abstrakten Steinchenauslegespiel, das ich vor Ewigkeiten mal auf unserer Website rezensieren durfte. War jetzt auch kein absoluter Knaller, aber auch hier war das richtige Timing fürs Punkten entscheidend.


Und es soll ja sogar Menschen geben, die Gartenarbeit als meditativ empfinden – wie auch immer das mit dem Dreck an Knien und Händen sowie dem von der Stirn heruntertropfenden Schweiß möglich sein soll!? Da bevorzuge ich dann doch die gemütliche, trockene und weniger dreckige Variante am Tisch und schnappe hier und dort einfach genüsslich den anderen Spielern den Safran vor der Nase weg. Wie lange sich Kräutergarten jedoch in meiner Sammlung halten wird, ist fragwürdig, denn sobald die Sonne rauskommt, zieht es mich dann wahrscheinlich doch wieder in den Garten. Denn am Ende des Drecks und des Schweißes wartet vielleicht kein innerer Seelenfrieden, aber doch ein schöner Garten und eine Menge leckerer Kräuter, die ich dann vielleicht in einem leckeren Kräuterbrötchen verarbeiten werde?

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Kräutergarten von Steve Finn, Eduardo Baraf & Beth Sobel
Erschienen bei Quality Beast
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 20 Minuten ab 8 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Quality Beast)
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