16.06.2014

Norderwind - Eine Seefahrt, die ist... lustig?

Die Siedler von Catan waren ein Welterfolg und gehören auch heute noch in jede gut sortierte Sammlung. Kein Wunder also, dass ein neues Spiel von Klaus Teuber direkt große Erwartungen weckt, selbst wenn unübersehbar „Familienspiel“ auf der Packung prangt. An gleicher Stelle werden einem dann auch direkt „große 3D Schiffe“ versprochen. Na dann, Leinen los und volle Fahrt voraus:

In der Packung befinden sich jede Menge Komponenten und es gilt zunächst, die vier Schiffe zusammenzubasteln. Die Rümpfe sind so ausgestaltet, dass sie nach dem Spiel nicht wieder zerlegt werden müssen. Schön. Im Gegensatz zu den Masten, die angebracht nicht in die Packung passen. Die Schiffe dienen während des gesamten Spiels als persönliches Lager und bieten Platz für zwei Gefangene, sechs Waren und vier Besatzungsmitglieder. Letztere können je eine aus fünf „Rollen“ einnehmen und bieten hierdurch Vorteile für das ganze Spiel. Letztlich finden sich noch Plätze für vier Bordkanonen und ein verstellbares Segel an den Schiffen. Des Weiteren beinhaltet die Box noch separate Fächer für das gesamte Material, welche sogar zum Teil herausnehmbar sind (die Kartenfächer aus Siedler lassen grüßen). Der erste Eindruck ist also durchweg rund und das System sehr durchdacht.



Auf den zweiten Blick verlieren die Komponenten jedoch ein wenig von ihrem Glanz. Beispielsweise fallen die Masten aus den Schiffen, wenn man letztere anhebt - was vor allem in Kinderhänden eher problematisch sein dürfte – und die einzelnen Meeples sind auf den ersten Blick kaum zu erkennen (Getreide hieß dann bei uns auch ganz schnell Ananas und der Fisch wurde zum Geröll). Letztlich bleiben die Komponenten aber durchaus hochwertig und sollten viele Spielerunden aushalten.

Kommen wir zum eigentlichen Spiel. Ziel des Ganzen ist es, abhängig von der Spieleranzahl eine bestimmte Menge an Siegpunkten einzufahren, bevor es die anderen Spieler tun. Es gibt drei Hafenstädte, welche jeweils 9 verschiedene Warenkombinationen benötigen und jede Lieferung mit einem Siegpunkt belohnen. Die Reihenfolge der benötigten Lieferungen ist dabei fest auf das Spielbrett aufgedruckt und kann nicht verändert werden. Daneben gibt es noch Punkte für die Mehrheit in einem Hafen, die Belieferung aller Häfen sowie für eine vollständige Crew.

Unterhalb jedes Hafens befinden sich 7 zufällig gewählte Seeplättchen plus dem jeweiligen Hafen. Möchte ein Spieler einen Hafen ansteuern oder einfach auf Entdeckungsfahrt gehen, deckt er nach einander maximal so viele Plättchen auf, wie das Segel auf seinem Schiff anzeigt oder zwei Ereignisse ausgeführt wurden. Die Plättchen umfassen den Handel mit Waren, den Ausbau des Schiffes, den Kampf gegen Piraten, versunkene Schiffe und die entsprechenden Häfen.  



Hat man einen Seemann auf seinem Ausguck postiert, so darf man sich vor Beginn jeder Reise die oberste Karte vom gewählten Stapel ansehen und diese bei missfallen unter den Stapel schieben. Das Segel kann zudem auf die Stufe 6 entwickelt werden. Durch die Kombination von Segel Stufe 6 + Ausguck kommt man also durch maximal 7 der 8 verdeckt liegenden Karten hindurch, so dass gegen Spielende maximal ein Plättchen pro Fahrt verdeckt bleiben muss. Wären da nicht die Piraten, die eine Fahrt auch ganz schnell beenden können. Damit die anderen Spieler nicht zum reinen Zugucken verdammt sind, gibt es im Spiel zudem sogenannte Handelsbriefe. Diese erlauben es, bestimmte Aktionen von anderen Spielern ebenfalls in dessen Zug zu nutzen. Eine nette Idee, durch die das Spiel durchaus an Fahrt gewinnt.

Während des Spielens fallen einem allerdings relativ schnell zwei große Mängel auf, die das Spiel leider nicht in den Griff bekommt. Da wäre zum einen die große Glücksabhängigkeit bezüglich der verdeckt liegenden Karten. Zwar kennt man nach einer gewissen Zeit sämtliche Karten eines Stapels, doch weiß man nie, in welcher Reihenfolge diese auftauchen und hat hierauf auch keinerlei Einfluss. Das mag anfangs noch durchaus spannend sein, verhindert aber gerade gegen Ende jeglichen taktischen Ansatz, den man sich zurechtlegt. Aber vielleicht sollen Familienspiele ja so sein, schließlich kann man bei Monopoly ja auch nicht beeinflussen, wann man endlich auf die Schlossallee kommt und ob man die Parkstraße direkt mitabgrasen kann? Letztlich resultiert der Spielspaß hier wie dort hauptsächlich aus der Schadenfreude, darüber, dass ein anderer Spieler sein Ziel nicht erreicht hat, während man selbst mühelos im sicheren Hafen einschifft.

Der zweite große Kritikpunkt liegt in der Spieldauer. Bietet das Spiel gerade am Anfang noch recht unkomplizierten Spielspaß und weckt die Lust auf Entdeckungsreisen, flacht dieser im Laufe des Spiels immer weiter ab, da die taktischen Möglichkeiten fehlen und sich jede Runde im Prinzip ähnlich spielt, wie die davor. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass man den immer gleichen Seestapel durchforstet, um dann doch nicht das benötigte Plättchen zu erhalten. Schade.

Summa summarum bleibt ein nettes Familienspiel mit tollen Komponenten, welches Vielspielern aber deutlich zu seicht sei dürfte.

 

Vielen Dank an Kosmos für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares! 


Norderwind von Klaus Teuber
Erschienen bei Kosmos
Für 2-4 Spieler in ca. 45 Minuten
Boardgamegeek-Link




































sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek.com bzw. vom jeweiligen Verlag (hier Kosmos)