16.08.2017

Wettlauf nach El Dorado


Okay Ihr dürftet mittlerweile auch mitbekommen haben, dass Wettlauf nach El Dorado es nicht geschafft hat, sich den Preis Spiel des Jahres 2017 zu holen. Muss aber ja nicht zwangsläufig heißen, dass es dadurch kein tolles Spiel ist. Wer hier schon ein paar Jährchen mitliest, der weiß, dass ich nicht unbedingt der größte Fan von Deckbauspielen bin. Ganz im Gegenteil! So richtig packen tun sie mich alle nicht. Um Dominion und Co habe ich bislang erfolgreich stets einen großen Bogen gemacht. Ich mag allerdings Rennspiele. Die haben immer einen besonderen Reiz auf mich ausgeübt. Umso gespannter war ich dann, was wohl passiert, wenn beide Mechanismen aufeinandertreffen. Finden wir es heraus!


In Wettlauf nach El Dorado versuchen wir uns mit 2-4 Spielern durch eine immer variabel aufgebaute Jungellandschaft zu kämpfen, um schlussendlich bei der namensgebenden, sagenumwobenen Stadt El Dorado als Erster anzukommen. Der Weg führt dabei hauptsächlich durch Wälder, Ruinen und Wasserlandschaften, über welche wir uns mit Hilfe von diversen Charakteren bewegen können, welche wir in unserem individuellen Handkartendeck zur Verfügung haben.

Deckbautechnisch starten wir alle mit der gleichen Starthand. Ein bisschen etwas für alles. Ein Zug sieht dann in der Regel in etwa so aus: Ich ziehe Karten von meinem Deck. Nun habe ich die Möglichkeit Karten hiervon nacheinander abzuwerfen, um mich auf der Karte fortzubewegen. Will ich ein Junglefeld betreten, brauche ich ein Messer, will ich durchs Wasser, brauche ich ein Paddel. Logisch, oder? Bin ich der Meinung, dass ich nicht mehr weiter will, oder kann ich gar nicht mehr weiter, kann ich meine restlichen Handkarten dazu verwenden, um bessere Karten aus einer offenen Auslage zu kaufen und in mein Deck aufzunehmen. Mit den gekauften Karten kann ich in der Regel schneller und weiter laufen. Die alten Karten blähen dann mein Deck unnötig auf und wollen wir loswerden (an bestimmten Orten auf der Karte ist das z. B. möglich). Klassischer Deckbuilder eben.


War es das spielmechanisch schon? Ja! Wettlauf nach El Dorado macht nichts innovatives oder spannendes. Vielmehr begeistert mich bei diesem Spiel der Reiz der Reduzierung und der Klarheit. Der Rennmechanismus ist klasse. Hier geht es eben nicht wie bei Dominion und Co darum sein Deck zu optimieren, um abstrakte Siegpunkte zu generieren. Vielmehr ist das Ziel viel konkreter: Ich will nach El Dorado! Mir ist von Anfang an klar, wie ich mit Deck aufbauen möchte. Stellt die Landschaft mich in naher Zukunft vor eine Überquerung einer großen Wasserlandschaft, versuche ich beispielsweise den Kapitän in mein Deck zu lotsen. Habe ich eine große Menge an Urwald vor mir, benötige ich mehr Macheten. Wettlauf nach El Dorado stellt ganz konkrete Anforderungen und bietet dennoch zahlreiche Möglichkeiten, um ans Ziel zu kommen.

Die Frage für die Spieler stellt sich nicht nur, welchen Weg ich nehme, sondern auch wie ich diesen Weg absolviere. Versuche ich mein Deck von Anfang an zu reduzieren und die Startkarten schnellstmöglich zu entsorgen? Kein Problem. Hierfür ist aber vermutlich der ein oder andere Umweg zu einem Basislager nötig, bei welchem ich unbeliebte Karten für immer aus meinem Deck entfernen kann. Oder ist es vielleicht sinnvoller mit aufgeblähtem Deck, dafür aber ohne jeglichen Umweg ab durch die Mitte zum Ziel zu rennen? Wettlauf nach El Dorado hat ganz verschiedene Variablen, die alle ausgetestet werden wollen. Nicht zu verachten ist auch die unberechenbare Komponente der Gegenspieler. Ein Zug kann noch so gut geplant sein, wenn plötzlich ein zu überquerendes Feld schon von einem Gegenspieler blockiert wird.


Wettlauf nach El Dorado bietet ein äußerst schnellen Einstieg, lässt aber auch erfahrene Spieler nach mehreren Partien nicht locker. Die stets sich verändernde Landschaft oder auch die Option der Höhlenplättchen bieten einen enormen Wiederspielreiz. Erweiterungen sind hier sicherlich nur eine Frage der Zeit. Das System bietet einfach zu viele Möglichkeiten, die erkundet werden wollen.

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Wettlauf nach El Dorado von Reiner Knizia
Erschienen bei Ravensburger
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 45 Minuten

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Ravensburger)