04.03.2019

Franchise


Das Spiel Franchise von Autor Christwart Conrad ist eine Neuinterpretation des Titels Pfeffersäcke aus dem Jahre 1998. Vorwegschicken möchte ich, dass ich Pfeffersäcke nicht gespielt habe. Ich habe mir aber sagen lassen, dass Franchise in einigen Punkten deutlich spielerfreundlicher gestaltet wurde.

Worum geht es in Franchise  Wie es der Name bereits vermuten lässt, befinden wir uns im Amerika der 60er Jahre und versuchen ein Franchise-Imperium aufzubauen. Die thematische Lücke, weshalb eine Hotelkette, eine Wäschereikette, eine Burgerkette und viele mehr dabei um lukrative Plätze in den verschiedenen Regionen in Amerika miteinander konkurrieren, obwohl sie höchst unterschiedliche Produkte anbieten, konnte ich leider nicht schließen. Das und der Fakt, dass das selbe Spiel einmal mit einem Mittelalter-Handelsthema und einmal mit einem Franchise-Thema auf den Markt kommt, zeigt, dass Franchise kein thematisches Spiel ist, sondern ein mechanisches. Das Thema ist aufgesetzt, wurde aber durch passende 60er Jahre-Optik - so wie ich finde - sehr gut auf die Spielmaterialien transportiert.
Das restliche Material ist solide. Bekannte Siedlerhäuschen, bunte Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Pöppel und eine farbenfrohe Brettgestaltung, zu der ich an späterer Stelle noch einmal zurückkehren möchte. Die Anleitung transportiert das knappe Regelwerk gut und lässt keine Fragen offen.


Gespielt wird Franchise in 4 Phasen, welche im Prinzip schnell abgehandelt sind, im späteren Spielverlauf aber durch die Tragweite der einzelnen Entscheidungen eine beachtliche Downtime mit sich bringen können. Franchise ist nämlich ein knallhartes Spiel, bei dem man sich selbst auch schnell ins Aus katapultieren kann. Nicht nur aufgrund der Thematik, sondern auch aufgrund dieses Umstandes ähnelt Franchise einer Art „Food Chain Magnete Light“.

Prinzipiell versuchen wir unser Franchisenetzwerk über ganz Amerika zu verteilen. Dabei setzen wir Filialen in Klein- und Großstädte. Letztgenannte sind insofern besonders interessant, da sie Einkommen generieren, mit welchem wir in weitere Städte expandieren können. Die Höhe des Einkommens resultiert in erster Linie aus der Größe der jeweiligen Stadt und der Anzahl der dort bereits ansässigen Filialen. Bin ich beispielsweise in einer Stadt der Größe 8 als alleinige Filiale vertreten, kassiere ich mehr Profit, als wenn dort noch 3 weitere Filialen vorhanden wären. Thematisch (und das habe ich bereits anfangs angedeutet) ergibt das wenig Sinn, denn warum sollte sich der Gewinn meiner Burgerfiliale reduzieren, wenn fortan noch eine Hotelkette und eine Wäscherei anwesend sind? Wir konkurrieren ja nicht um das selbe Produkt.

Gewonnen wird in Franchise aber nicht über Geld, sondern über Punkte. Diese entstehen, wenn eine Stadt eine gewisse Anzahl an Filialen in sich hat und zwar entweder, wenn eine Franchise die absolute Mehrheit an möglichen Filialen in der Stadt hat (beispielsweise 5 bei einer 8er Stadt) oder, sobald die Stadt vollgebaut ist. Dann werden Punkte an die beteiligten Franchise-Nehmer ausgeschüttet und zwar nach Mehrheiten. Ihr versteht nun sicherlich, warum ich in einer mir allein gehörenden Großstadt ohne bisherige Konkurrenz weitere Filialen eröffnen sollte, obwohl sodann mein Einkommen geschmälert wird? Richtig, da ich Punkte generieren kann. Sobald die Stadt jedoch gewertet wurde, ist es mit dem Einkommen vorbei und zwar für immer.


Genau das ist auch das interessante an Franchise  In Franchise geht es um Timing. Ich muss abschätzen, wann es sich lohnt eine Stadt zu werten. Brauche ich das Einkommen noch? Setze ich lieber eine weitere Filiale in sie, um - sobald ein Konkurrent eine Filiale dort eröffnet - mir im Notfall die Mehrheit in einem einzigen Zug zu sichern? Eine wichtige Rolle in Sachen Timing spielen auch die Gebietswertungen. Sind erst einmal alle Städte in einer Region gewertet und alle darin befindlichen Kleinstädte besetzt, wird eine Region gewertet und auch hier geht es nach Mehrheiten. Ein weiterer interessanter Gedanke ist es nun also sich frühzeitig die Kleinstädte einer Region zu sichern, welche zwar kein Einkommen generieren, aber dafür das Zünglein an der Waage bei einer Mehrheitenwertung sein können. Auch der auslösende Spieler einer Gebietswertung erhält Bonuspunkte. Timing so weit das Auge reicht. Und dabei habe ich noch nicht von den Bonusplättchen gesprochen, welche u. a. Doppelzüge ermöglichen und so zu einer Art Überraschungseffekt führen können.

Franchise hat simple Regeln, aber es gibt viel zu bedenken. Anfangs sind die Züge noch klar. Es geht darum sich möglichst in große Städte zu platzieren und ein maximales Einkommen abzugreifen. Schon bald kommen sich die Spieler ab in die Quere und Städte werden gewertet. Einkommen versiegt und die weitere Expansion gestaltet sich schwierig. In Franchise bewegen wir uns nämlich über unterschiedlich große Straßen, welche unterschiedlich teuer sind. Will ich schnell von einer Großstadt in eine neue, kostet das ordentlich Geld, welches ich im Verlauf des Spiels nicht mehr so einfach bekomme. Die kleinen Trampelpfade sind langsam und zeitaufwendig. Zu Beginn optisch anspruchsvoll sind diese unterschiedlichen Wege schon, die sich quer über das Brett durchkreuzen. Das ist insofern schwierig, da ich in Franchise eben gerade keine Wege übersehen darf, um gut zu planen. An manchen Stellen des Brettes fiel mir erst auf, dass dort eine Straße versteckt war, als ein Gegenspieler diese befahren hat. Blöd, wenn das spielentscheidende Momente sind. Habe ich Franchise aber ein paar Mal gespielt, pendelt sich das mehr oder weniger ein.


Tempo ist auch ein entscheidender Faktor in Franchise  Mit dem Besetzen von Kleinstädten können geschickt andere Spieler von ganzen Regionen abgedrängt werden bzw. müssen auf irrsinnig teure Strecken ausweichen. Es ist durchaus in Franchise möglich einen Spieler aus dem Spiel zu nehmen, wenn dieser sich in eine Ecke des Spielfeldes drängen lässt. Franchise ist an dieser Stelle knallhart und unbarmherzig. Franchise ist aber genau deswegen auch ein tolles Spiel. Jede Entscheidung ist wichtig. Jedes Setzen einer Filiale zählt. Franchise ist kein Spiel für einen lockeren Spieleabend. Franchise kann im Verlauf einer Partie zur knallharten Kalkulation werden. Wo muss ich expandieren? Welche Strecke kann ich mir leisten? Welche Regionen muss ich schnellstmöglich werten?

Franchise gefällt mir äußerst gut, es bleibt aber ein Nischenspiel. Wer sich eine zugänglichere Variante zu Food Chain Magnete gewünscht hat, der wird hier definitiv fündig. Für Abwechslung ist bei Franchise im übrigen auch gesorgt. Bereits 3 Queenies gibt es, die das Spiel an manchen Stellen verändern. Aber auch nur mit dem Basisspiel kann man lange Freude haben.
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Franchise von Christwart Conrad
Erschienen bei Queen Games
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 80 Minuten
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Queen Games)