21.06.2019

Nouvelle-France


Wir haben netterweise wieder einen Prototypen erhalten und zwar ein besonders schicken. Es handelt sich dabei um Nouvelle-France, welches uns in die Zeit des 16. bis 18. Jahrhundert schickt und die französische Kolonialisierung Nordamerikas durch Frankreich thematisiert. Nun könnte man denken, dass es sich dann bestimmt um ein Area Control- oder Worker-Placement-Spiel handelt, dies ist aber weit gefehlt, handelt es sich doch viel mehr um ein 3D-Puzzle-Spiel. Der Autor ist Jacques-Dominique Landry und das Spiel ist für 2-4 Spieler ab 10 Jahren konzipiert. 
Die Vorschusslorbeeren sind groß, da man in Kanada schon zwei Jury-Preise gewonnen hat und wir uns nun mal ansehen, ob dies zu Recht der Fall ist.

[Aufbau]

Vorweg nochmal der Hinweis, dass das Material, welches zu sehen ist, alles Prototypen-Status hat. An manchen Stellen eher zu erkennen, an anderen Stellen könnte es auch schon fertig sein. Auf jeden Fall beeindruckt es einen, wenn alles auf dem Tisch liegt.
Zunächst bauen wir die Punkteleiste zusammen, die einen an eine französische bzw. heraldische Lilie erinnert. In die drei offenen Flächen legen wir die Grundflächen der drei Gebäude aus, zu jedem Gebäude gesellt sich auch noch ein Charakter-Standee, so gehört der Soldat natürlich zur Militär-Schanze, der Priester zur Kirche und der Kolonist zur Mühle. 


In Reichweite legen wir alle vorhandenen Konstruktionsblöcke aus, es gibt insgesamt 9 verschiedene Formen und diese wiederum jeweils in 4facher Ausführung, wobei die Anordnung der Farben innerhalb des Blocks anders sind. Ein Auslagebrettchen gibt vor in welcher Reihenfolge die Blöcke liegen, das hat zwar keine Auswirkung aufs Spiel, aber später werden die verfügbaren Blöcke über dieses Brettchen gekennzeichnet. Ebenfalls in Reichweite legen wir die Schneeverwehungs-Rahmen bereit. Für jedes Gebäude gibt es eine große und eine kleinere Verwehung, die meist aus zwei Teilen besteht und beim Prototypen schön aus Holz gearbeitet wurden. 

Zu jedem Gebäude gibt es noch ein zufällig gewähltes Kerbholz und passend zu diesem Kerbholz die Bonusscheibe, die über den Charakter gelegt wird. Wozu das alles gut ist, erklär ich euch natürlich dann im Ablauf.
Dann haben wir noch die Karten. Hier sortieren wir zunächst die Schneeflocken-Karten aus, mischen den Rest und legen dann 6 gleichmäßige Stapel aus. Auf den 2., 4. und 6. Stapel legen wir dann eine Schneeflocken-Karte, mischen diese drei Stapel nochmal für sich und legen dann die einzelnen Stapel wieder aufeinander. Den 6. Stapel unten und den 1. Stapel ganz oben.


Von diesem Kartenstapel ziehen wir die zwei obersten und legen diese auf das Brettchen zu den passenden Konstruktionsblöcken. 
Zu guter letzt wählt nun jeder Spieler eine Farbe und erhält die dazu passenden Bonus-Blöcke, einen Punktemarker und drei Verbündete-Token.

[Ablauf]

Gespielt wird reihum und wenn man an der Reihe ist, gibt es drei Phasen zu beachten. 

In Phase 1 ziehen wir vom Kartenstapel eine weitere Konstruktionsblock-Karte und lege diese zu den zwei anderen auf dem Blockbrettchen. Die drei Karten geben nun vor, aus welchen Konstruktionsblöcken ich eines wählen darf. Möchte ich eines meiner drei Bonus-Blöcke verwenden, ziehe ich KEINE Karte. Es gibt insgesamt drei Bonus-Blöcke und zwar mit einem Würfel, zwei Würfeln und drei Würfeln. Den 3er-Block muss ich vor der ersten Schneeflocken-Karte spielen, den 2er vor der 2. Karte und den 1er vor der dritten und letzten Schneeflocke. 


Habe ich nun also meinen Block gewählt, muss ich diesen bei einem der drei Gebäude platzieren. Dabei ist zu beachten, dass der Block von oben gesetzt wird und der bekannte Tetris-Move (ich rutsch kurz vor Schluss in eine Lücke) NICHT geht. Das Gebäude darf nicht höher als drei Würfel sein und man muss innerhalb des Fundaments bleiben, auch in der Luft hängende Würfel dürfen nicht über das Fundament herausgucken. Und der Block muss so gesetzt werden, dass er von allein stehen kann.

Wie auf den Bildern zu sehen besteht ein Block aus mehreren, verschiedenfarbigen Würfeln. Nach Platzieren des Blocks gibt es einen Punkt für jeden Würfel in meiner Farbe innerhalb des gesetzten Blocks, dann gibt es noch 1 Punkt extra für jeden Würfel meiner Farbe, welches ein Würfel meiner Farbe von einem anderen Block flächenseitig berührt. Die so gesammelten Punkte gehe ich mit meinem Punktemarker auf der Leiste voran. 


Das ist der normale Ablauf. Wie man sich denken kann, wird es im Laufe der Zeit dazu kommen, dass wir vom Kartenstapel eine Scheeflocke ziehen. Der laufende Zug wird unterbrochen und die jeweilige Ebene gewertet. Also bei der ersten Schneeflocke, die unterste Ebene. Nun kommt auch das schon erwähnte Kerbholz ins Spiel. Jedes Kerbholz besteht aus drei Würfeln, die für jede Ebene bei dem Gebäude die Punktevergabe beeinflusst. Ist in der Ebene ein "+" (Plus) gibt es für jeden Würfel meiner Farbe einen Punkt, bei der "2" (Zwei) gibt es für jeden Würfel zwei Punkte und beim "-" (Minus) werden mir so viele Punkte abgezogen, wie ich in dieser Ebene verbaut habe. 

Nach der Wertung der ersten Schneeflocke lege ich nun den größeren Schneeverwehungsrahmen um das Gebäude und verdecke somit die unterste Ebene. Nicht genutzte Bonus-Blöcke werden aus dem Spiel genommen und jeder Spieler erhält seine Verbündeten-Token zurück. Zu diesen Token komme ich gleich noch. 


Der Spieler, dessen Zug unterbrochen wurde, beginnt nun die nächste Runde.

Ein Gebäude ist fertig gestellt, sobald man mit dem gesetzten Block den letzten freien Platz bedeckt hat, wenn man von oben auf das Gebäude schaut. Das bedeutet, dass der Würfel nicht in der untersten Ebene das Fundament berühren muss, sondern auch höher liegen kann. Der Spieler dem das gelingt darf sich dann den Charakter-Standee mit den entsprechenden Bonus-Punkten für das Spielende nehmen. 

Nun habe ich schon mehrfach, die Verbündeten-Token erwähnt, die kann ich immer in meinem Zug nutzen, aber BEVOR die Schneeflocken-Karte kommt. Folgende Verbündete gibt es:

Die Töchter des Königs: Verdoppelt meine Punktzahl in dieser Runde
Waldläufer / Pelzhändler: man erhält die Hälfte der Punkte eines Mitspielers (abgerundet), kann aber nur von einem Spieler je Zug verwendet werden. Wer also zuerst "Pelzhändler" bzw. "Waldläufer" ruft, erhält diese Punkte in dieser Runde.
Ureinwohner: der Spieler darf sich die nächsten drei Karten ansehen und dann in selbst gewählter Reihenfolge zurück legen. 


Benutzte Token erhalten ich nach einer Schneeflocke wieder zurück und kann sie wieder verwenden.
Es kann vorkommen, dass man selbst nicht in der Lage ist, den Block zu platzieren, dann bekommen die Mitspieler die Gelegenheit es zu probieren. Schafft es keiner, kommt der Block aus dem Spiel und es geht normal weiter.
Das Spielende wird mit der dritten Schneeflocke eingeläutet. Zunächst findet die Wertung der dritten Ebene statt und dann kommen noch die Punkte der Charakter-Standees hinzu. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt das Spiel.

[Fazit]

Das Spiel besticht zunächst einmal durch sein außergewöhnliches Material und das schon im Prototypen-Status. Alles aufgebaut sieht schon opulent aus. Die Blöcke sind sehr abwechslungsreich und man muss schon gut überlegen, dass man den richtigen Block wählt um so viele Punkte wie möglich zu machen. Im Laufe des Spiels kann es nämlich ganz schön verzwickt werden die Blöcke zu platzieren und damit auch noch Punkte zu machen. 


Was mir auch gut gefällt ist die, für Puzzle-Spiele, eher ungewöhnliche Spieler-Interaktion. Ich kann meinen Mitspielern nämlich gut Minus-Punkte einbrocken, wenn ich die Blöcke so lege, dass deren Farbe in der Minus-Ebene liegen. Auch der Token, der mir die Hälfte der Punkte eines Mitspielers bringt kann schnell zu Diskussionen führen, wer denn nun schneller gerufen hat.

Nouvelle-France macht wenig verkehrt. Optisch sowie spielerisch ist alles das Spiel sehr gelungen. Die grafische Gestaltung gefällt mir ebenfalls außerordentlich gut. Ich hadere allerdings ein wenig am Thema. 
Das ist tatsächlich mein größtes Problem. Das Thema wirkt hier ein wenig fehl am Platz und weckt zunächst einfach komplett andere Erwartungen, zumindest bei mir. Ich verbinde halt diesen geschichtlichen Aspekt nicht mit einem 3D-Puzzle-Spiel, dazu kommt, dass mir persönlich, diese Geschichte kaum bekannt ist. Ich kann daher kaum nachvollziehen, warum wir jetzt genau diese drei Gebäude bauen, warum diese drei Verbündeten gewählt wurden und warum unsere Gebäude eigentlich einschneien. Tut das dem Spiel ein Abbruch? Nein, aber es unterstützt in diesem Fall auch nicht. 


Ich spüre dem Spiel die Leidenschaft zu Thema an, die der Autor eingebracht hat. Für ihn wird das alles sehr schlüssig sein und für so manchem Nordamerikaner ebenso, mich lässt es irgendwie mit mehr Fragezeichen zurück und das Spiel ist jetzt nicht so tiefgründig, dass ich das alles sofort nachlesen möchte. Denn, wie schon gesagt, das Spiel macht trotzdem Spaß und weiß zu gefallen auch ohne den historischen Background, der sicherlich aber die Kirsche sein kann. 

Fans von Puzzle-Spielen sollten auf jeden Fall ein Blick riskieren, auch Spieler die gerne in Konfrontation gehen, sollten es mal probieren, was man hier zunächst nicht vermuten mag. Aber hier kann es schon ziemlich gemein zur Sache gehen. Ich bin gespannt, wie das fertige Spiel irgendwann mal aussieht und drücke alle Daumen, dass es ein Erfolg wird.

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Nouvelle France von Jacques-Dominic Landry
Erscheint bei JackBro
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 45 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier JackBro)