24.07.2019

Materia Prima


Der Stein der Weisen war in der Sagenwelt des Mittelalters das ultimative Ziel eines jeden Alchemisten. Nur mit ihm konnte man Metalle zu Gold verwandeln und so Ruhm und Reichtum bescheren. In Materia Prima probieren wir genau das. Nebenbei müssen wir auch noch unser Lebensziel erfüllen und uns die Konkurrenz vom Hals halten. Materia Prima ist in gewisser Weise nämlich ein Rennspiel. Wer als erster das Ziel erreicht, der hat gewonnen (fast immer zumindest).

Das Projekt startet noch auf Kickstarter und ist ein 1-Mann-Projekt eines Lehrers aus Bayern. An dieser Stelle hervorzuheben ist also, dass es sich bei den gezeigten Bildern um Prototypenqualität handelt, welche aber auch bereits zum jetzigen Zeitpunkt designtechnisch eine enorm hohe Qualität bietet. Alle Zeichnungen im Spiel sind vom Designer per Hand gezeichnet und bieten somit einen charmanten Rahmen für ein Pick-Up-And-Deliver Spiel im Komplexitätsgrad eines Familienspiels.


Konkret startet jeder Alchemist mit einer fixen Anzahl an Aktionspunkten pro Runde, mit welchen er sich in der märchenhaften Welt fortbewegt, Ressourcen abbaut, diese zu mächtigeren Ressourcen weiterentwickelt und Rezepte in seinem Turm brodelt. Wie es sich für einen ordentlichen Alchemisten gehört, beschwört er sich im Laufe einer Partie auch noch kleine Helferlein - sogenannte Homunkuli, die fortan als eigenständige Figuren auf der Karte agieren, eigenständig Ressourcen abbauen und Gegenspieler blockieren. Denn logisch ist: Je mehr Handlanger man auf der Karte hat, umso schneller bekomme ich meine Ressourcen und kann diese in den Topf werfen.


Das zunächst extrem simple und sich ungeheuer schnell spielende Materia Prima entwickelt sich also im Laufe einer Partie zu einer immer komplexer werdenden Aufgabe, die aber zu keinem Zeitpunkt - also keine Angst - die Barriere vom Familienspiel verlässt. Die Aufgaben sind weiterhin gut überschaubar und gerade durch den langsamen Spielanfang gut zu meistern. Mir persönlich gefällt die sich steigernde Komplexitätskurve in Materia Prima sehr gut. Beschränken sich meine anfänglichen Züge noch auf Laufen, laufen, abbauen; geht es später (vielleicht mit bis zu drei Helfern) dann doch umfangreicher zu. Einer baut ab, einer blockiert den Gegenüber, einer greift den anderen an.


Interaktion, richtig. Materia Prima ist nicht solitär, sondern bietet genug Raum zum „In die Suppe spucken“. Wichtig zu wissen ist beispielsweise, dass jedes Feld auf der Landschaftskarte nur von einem Spieler betreten werden kann. Da hilft es teilweise schon enorm, wenn man sich geschickt in den Weg des Gegenüber stellt, nur damit dieser den Umweg nehmen muss. Zu sehr übertreiben sollte man es jedoch nicht, da man in Materia Prima auch angreifen kann. Richtig! Dieser läuft recht simpel über Würfel ab, die ich durch Ausrüstung verstärken kann, hat aber den charmanten Nebeneffekt, dass der Verlierer alle im Rucksack befindlichen Elemente an den Gewinner abdrücken muss. Das kann im richtigen Augenblick verheerend sein. Nicht unbedeutender Nebeneffekt ist auch, dass man den Seelenstein des Unterlegenen klaut, welcher fortan dadurch gestärkt durch die Karte reist, aber ohne Seele fortan auch nicht gewinnen kann, bis er eine zurückgewinnt.

Pepp kommt auch durch die unterschiedlichsten geheimen Ziele ins Spiel. Muss ich beispielsweise einen geheimen Kult aufbauen oder eine der im Spiel befindlichen Städte abbrennen. Jeder Spieler tut dabei gut, sein Ziel möglichst geheim zu halten, damit die Gegenüber dies nicht gezielt vereiteln können. Die Vielfalt ist dabei ein großes Plus bei Materia Prima  die sicherlich bei einer erfolgreichen Kickstarterkampagne noch weiter ausgebaut werden kann.


Natürlich gibt es auch drei Städte in der Spielwelt, welche - dank modalerem Spielplan - sich immer an anderer Stelle wiederfinden. Dort kann ich nicht nur neue Rezepte für meine Suppenküche finden, sondern auch meinen Heimatturm ausbauen, der mir beispielsweise fortan mächtige Boni gibt.

Materia Prima ist ein schnelles Familienspiel, was mich durch seine liebevollen Zeichnungen und das unverbrauchte Thema überzeugt hat. Die große Stärke liegt meiner Meinung nach im sich steigernden Komplexitätsgrad des Spiels, sodass auch Wenigspieler einen super Zugang zum Spiel bekommen. Die Wege zum Ziel sind dabei unterschiedlich. Ich kann als Pazifist völlig konfliktarm versuchen ans Ziel zu kommen, es macht aber auch höllischen Spaß, wenn ich permanent versuche meine Mitspieler zu blockieren und anzugreifen. Warum denn Ressourcen selbst abbauen, wenn ich sie auch stehlen kann? Materia Prima ist definitiv einen genauen Blick wert.
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Materia Prima von Florian Pfab
Erscheint bei Peacocks Tabletops
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 75 Minuten
Boardgamegeek Link

Kickstarter Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Peacocks Tabletops)