18.12.2020

Yokai


Hat nicht fast jeder von uns irgendwann einmal gegen ein jüngeres Geschwisterteil, das eigene Kind, gegen Nichte, Neffe oder das Nachbarskind – sei es beim Brettspielen, Fangen, Fußball oder an der Konsole – absichtlich verloren? Zuerst stellt man sich beim Fangen extra dämlich an, um das Kind nicht gleich einzuholen, anschließend lässt man den Ball beim dritten Schussversuch doch "versehentlich" ins Tor plumpsen und dann kommt Memory auf den Tisch... und plötzlich wird es ernst und man schaltet vom Gönner-Modus in den Ehrgeiz-Modus, gibt alles, um möglichst viele der begehrten Pärchen zu sammeln, wird dann jedoch erbarmungslos vom Tisch gefegt... oder man hat ein extra-empathisches Kind vor sich, das einem aus Mitleid dann doch das ein oder andere Pärchen überlässt. Gönnt man den Kindern diesen Triumph, hat man es gleichsam jedoch satt, ständig chancenlos beim fröhlichen Kärtchenmerken unterzugehen, wird es höchste Zeit für Yôkai

Denn Yôkai ist ein kooperatives Memory-Spiel für die ganze Familie, in dem wir gemeinsam versuchen, vier farblich verschiedene, auseinandergerissene Yôkai-Familien – und das sind japanische Fabelwesen – wieder zusammenzuführen, indem wir uns – à la Memory – Karten ansehen und merken, anschließend Karten verschieben und schließlich den anderen Spielern Hinweise geben. Und diese Hinweise sind äußerst wichtig, denn anders als bei Memory werden die Karten verdeckt angesehen und es darf ansonsten nicht miteinander kommuniziert werden. Also, tief durchatmen, Gehirn hochfahren und los geht's mit Yôkai!


Material

Das Spielmaterial von Yôkai ist sehr überschaubar und passt in eine kleine quadratische, aber recht hübsch illustrierte, japanisch angehauchte Schachtel. Denn neben der Spielanleitung befinden sich in dieser insgesamt 39 quadratische Karten, die wiederum unterteilt sind in 16 Yôkai-Karten – je vier in den Farben rot, grün, lila und blau –, 14 Hinweiskarten, 6 Nachbarschaftskarten und 3 doppelseitig bedruckte Zielkarten. Die Kartenqualität ist in Ordnung und dadurch, dass während des Spiels nicht gemischt wird, sondern nur einzelne Karten verschoben werden, sollten die Karten eine Weile halten. Zudem sind die Yôkai-Karten neben der Farbe auch durch die Illustration der vier Fabelwesen gekennzeichnet, sodass auch Farbenblinde das Spiel problemlos spielen können.

Ablauf

Wer Lust hat, sich eine visuelle Regelerklärung anzuschauen, kann gerne einen Blick auf unsere Facebook-Seite werfen, auf der ein kurzes Erklärungsvideo für Yôkai hochgeladen wurde, allen anderen werde ich den Ablauf nun hier in schriftlicher Form näherbringen. 


Ist man an der Reihe, schaut man sich zunächst verdeckt zwei beliebige der im 4x4-Raster ausliegenden Karten an und merkt sich bestenfalls deren Farben. Im Anschluss versetzt man eine beliebe Karte des Rasters an eine andere Position, ohne dabei jedoch das Gesamtgebilde an Karten auseinanderzureißen, d.h. alle Karten müssen nach dem Verschieben noch mit mindestens einer anderen Karte orthogonal verbunden sein. Letztlich deckt man eine neue Hinweiskarte auf oder spielt eine der bereits ausliegenden Hinweiskarten aus. Die Anzahl der vorhandenen Hinweiskarten variiert je nach Spielerzahl und insgesamt gibt es drei verschiedene Typen, nämlich solche, die drei verschiedene Yôkai zeigen, welche, die zwei Yôkai zeigen, und wiederum welche mit genau einem Yôkai drauf. Beim Ausspielen einer Hinweiskarte, legt man diese auf eine beliebige der Yôkai-Karten im Raster, um den Mitspielern damit anzuzeigen, dass die darunterliegende Karte einer der auf der Hinweiskarte gezeigten Farben entspricht. Sobald eine Karte jedoch mit einem Hinweis versehen wurde, darf diese fortan weder angesehen noch verschoben werden. 


Sobald ein Spieler das Gefühl hat, dass bereits alle Familien erfolgreich zusammengeführt wurden, also die einzelnen Familienmitglieder orthogonal aneinandergrenzen, darf dieser die Partie für beendet erklären und alle Yôkai-Karten aufdecken, um zu schauen, ob es tatsächlich gelungen ist, alles farblich zu sortieren. Ist dies der Fall, haben die Spieler gewonnen und bekommen nun Punkte für richtig platzierte Hinweise, offen ausliegende unbenutzte Hinweiskarten und noch nicht aufgedeckte Hinweiskarten, sodass sie an einer in der Anleitung gedruckten Tabelle entnehmen können, wie erfolgreich sie waren. Alternativ endet das Spiel, wenn die letzte Hinweiskarte ausgespielt wurde. 

Für diejenigen, die sich nach mehr Herausforderung sehnen, gibt es zudem noch die Nachbarschafts- und Zielkarten. Nachbarschaftskarten werden von den Spielern jeweils verdeckt gezogen und zeigen an, welche zwei Familien am Ende zusätzlich noch benachbart zueinander liegen müssen. Und die Zielkarten geben an, in welcher Form die Yôkai-Karten am Ende angeordnet sein müssen, z.B. in einer Schnecke oder einer Pyramide.


Fazit

Das Schöne an Yôkai ist, dass sich hier Erwachsene und Kinder auf Augenhöhe begegnen, um gemeinsam das Spiel zu bezwingen. Denn während sich die Kinder i.d.R. leichter damit tun, sich die Karten zu merken, sind die Erwachsenen vielleicht geschickter darin, die passenden Hinweise zum richtigen Zeitpunkt auszuspielen. Darüber hinaus ist das Spiel leicht zugänglich, schnell gelernt und ebenso schnell gespielt, wobei vor allem die jüngeren Spieler schon zunächst in das Spiel hineinfinden müssen, sodass es durchaus Sinn machen kann, die ersten Runden mit etwas gelockerten Kommunikationsregeln zu spielen. Mit etwas Übung wird es jedoch recht schnell gelingen, das Standardspiel zu meistern. Doch damit ist es natürlich noch nicht getan. Yôkai bietet genügend Optionen an, um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen. Insgesamt werden fünf Niveaustufen vorgeschlagen, die noch mehr Gemeinheiten als nur die Gemeinschafts- und Zielkarten bereithalten, wobei es vor allem die Zielkarten wirklich in sich haben. Obwohl sich der Spielablauf durch diese Schwierigkeitsanpassungen nicht groß ändert, sorgen sie dennoch für mehr Wiederspielreiz, vor allem mit derselben Gruppe bzw. innerhalb derselben Familie, die gemeinsam mit dem Spiel wachsen und zusammen auf Highscore-Jagd gehen können. 


Nichtsdestotrotz hält sich die Abwechslung natürlich in Grenzen, da der relativ unkomplexe Spielablauf immer derselbe bleibt und es immer ums Sortieren der sich nie verändernden 16 Yôkai-Karten geht – wobei die Anfangspositionen der einzelnen Karten natürlich zufällig sind. Zudem ist die Downtime zwar nicht lang, aber dennoch länger als man es vom klassischen Memory gewohnt ist. 

Mir persönlich hat Yôkai wirklich gut gefallen und ich kann es allen Familien empfehlen, die Lust auf ein moderneres, spaßigeres, und herausfordernderes kooperatives Memory-Spiel haben. Auch das Design ist, wenn auch simpel, durchaus charmant und thematisch sehr stimmig. Yôkai wird neben dem Kinderspiel Leo muss zum Frisör sicher als mein momentan liebstes Memory-Spiel in meiner Sammlung bleiben und ich bin gespannt, wann es mir endlich gelingen wird, das Spiel auf der höchsten Schwierigkeitsstufe zu bezwingen. Ich wünsche euch jedenfalls viel Erfolg beim Knacken des Highscores und viel Spaß mit Yôkai!


In a nutshell…

Yôkai ist ein kooperatives Memory-Spiel mit übersichtlichem, schlicht aber schick und stimmig gestaltetem Spielmaterial in Form von insgesamt 39 quadratischen Karten und einem anpassbaren Schwierigkeitsgrad, der auf der höchsten Stufe sehr fordernd ist. In diesem Familienspiel geht es thematisch darum, vier verschiedene Fabelwesen-Familien wieder zusammenzuführen, indem wir uns verdeckt Karten ansehen, sie uns merken, Karten verschieben und den anderen Spielern Hinweise geben, welche Familienmitglieder sich wo befinden. Ist der letzte Hinweis aufgebraucht oder hat ein Spieler das Gefühl, dass alle Familien zusammengefunden haben, endet das Spiel und es wird geschaut, ob tatsächlich alle Familienmitglieder der vier Familien benachbart zueinander liegen. Das Spiel funktioniert wirklich gut und ich kann es allen Familien empfehlen, die an einem moderneren, abwechslungsreicheren und zugleich anspruchsvolleren kooperativen Memory-Spiel interessiert sind.

____________________________________________________________________


Yokai von Julien Griffon
Erschienen bei Game Factory
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 20 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Game Factory)