05.01.2021

Furnace


Im späten 18. Jahrhundert begann die industrielle Revolution in England. Hier gab es keinen Zunftzwang und Unternehmer wurden durch weitgehende Gewerbefreiheit gefördert. England war reich an Rostoffen, wie Kohle und Erz und brachte einige neue Technologien hervor, die die Arbeitswelt revolutionierten wie z.B die Dampfmaschiene und der Baumwollweber. Von England aus breitete sich die industrielle Revolution, im 1900 nach Deutschland aus.
In Furnace von Ivan Lashin, das bei Hobby World erschienen ist, spielen wir Kapitalisten im 19. Jahrhundert, die Industrien erwerben, Rohstoffe herstellen und Prozesse verbessern, um am Ende das meiste Geld einzunehmen und das Spiel zu gewinnen. 


Jeder Spieler erhält eine Kapitalistenkarte mit speziellen Fähigkeiten und startet mit einer individuellen Startfirma, die die Startressourcen vorgibt. Runde für Runde wird auf neue Firmen geboten. 
Hierzu wird reihum, immer eine von vier unterschiedlich großen Kapitalistenscheiben auf eine Karte gelegt, bis alle Scheiben gelegt wurden. Der Bieter mit der größten Scheibe erhält die Firma, alle anderen erhalten einen Ausgleich in Höhe ihrer Scheibe. Es ist nicht gestattet mit gleichwertigen Scheiben auf eine Firma zu bieten, das Gebot muss immer größer oder kleiner sein als das Vorherige und man darf auf jede Kate nur einmal bieten. 


Nach der Auktionsphase folgt die Produktionsphase. Alle Spieler ordnen ihre Firmen in einer Reaktionskette an und führen Karte für Karte die Effekte aus. 
Zu Beginn hat jede Firma nur einen Effekt. Durch den Ausbau der Firmen, erhalten diese einen zweiten Effekt. 
Nach 4 Runden endet das Spiel und der Spieler mit dem meisten Geld gewinnt.

Fazit

Zunächst mal finde ich das Cover von Furnace sehr gelungen. Der hell-dunkel Kontrast wirkt alltertümlich und der Kapitalist erinnert an alte schwarz-weiß Fotos aus früheren Zeiten, wo es nicht angebracht war zu Lachen. Und während alles so einfach und altertümlich wirkt, erstrahlt auf der Brust des Kapitalisten ein roter Bildfleck, der meines Erachtens nach für die Ausbreitung der Revolution steht. Wie die Erfindung der Farbfotographie eine neue Technologie mit sich brachte, entstanden in der industriellen Revolution viele neue Technologien. Die Farbe Rot steht unter anderem für Energie, Kraft und Intensität. 


Alles Begriffe die auch in der industriellen Revolution Bedeutung hatten. Denn letztendlich hat man die Intensität, die Wirksamkeit der Produktionsprozesse und der Energiegewinnung stark optimiert, um größtmöglichstes Kapital zu erzielen. Andererseits ist die Farbe Rot aber auch eine Warnfarbe, die auf Verbote hinweist und für Agression und Zorn steht. So hatte auch die industrielle Revolution ihre Schattenseiten und führte zu sozialen Ungleichheiten und Missständen. 
Die Verschmelzung des Kapitalisten auf dem Cover wirkt nicht nur optisch sehr gelungen, es könnte auch sinnbildlich für eine Verschmelzung von Firmen oder Technologien stehen, die der Kapitalist für sich nutzt oder durchführen lässt. Wie bereits gesagt, ich finde das Cover sehr gelungen! Aber genug der Bildanalyse.


Generell ist das Material wirklich sehr hochwertig. Die Ressourcen und die Kapitalistenscheiben sind aus Holz und alles andere, abgesehen von den Karten aus dicker Pappe. Kleine Highlights, wie die individuellen Spielermarker oder der zahnradartige Rundenzähler mit dem frontalen Bild einer Dampflokomotive, spiegeln das Thema der industriellen Revolution gelungen wieder und bringen das Thema nahe. Auch auf Details wurde geachtet, so verändert sich das Bild einer Firma, wenn diese aufgewertet wurde.

Und diese thematische Umsetzung findet sich auch im Spielgefühl wieder. Wir leiten Firmen, versuchen unsere Ressourcen geschickt zu produzieren, verbessern unsere Firmen mit Technologien und sind letzlich auf höchstmögliches Kapital aus. In der ersten Runde starten wir mit einer einfachen Firma, die wenig Geld bringt und wir besitzen kaum Ressourcen. Durch die individuellen Fähigkeiten hat man eine vorgegebene Richtung, welche Ressourcen und welche Firmenkarten nützlich sein könnten, kann aber auch eine andere Strategie anstreben. 


Je mehr Firmenkarten man besitzt, desto klarer wird die Strategie. Welche Ressourcen setze ich in Geld um, welche Ressourcen benötige ich zum Umwandeln und welche Firmen möchte ich ausbauen. Dadurch steigt jedoch auch die Komplexität der Reaktionsketten, nur wer seine Firmen in geschickter Reihenfolge anordnet und aktiviert, kann das größte Kapital erzielen und seine Ressourcen effizient nutzen. Wer diese Art von Spiele mag, wird Furnace mögen. Mir hat es großen Spaß bereitet, die Firmen geschickt anzuordnen und zu kombinieren und der Ärger war groß, wenn ich eine bessere Kombination übersehen habe. Hier ist vorrausdenkendes Zusammenfügen gefragt. Wer das nicht kann, der wird wohl kein guter Kapitalist werden. Glück sucht man in der Produktioktionsphase meist vergebens. Da diese Phase alle Spieler für sich und parallel ausführen können, ist die Downtime hier sehr gering. 

Anders sieht es in der Bietephase aus, die reihum stattfindet und für Konkurrenz sorgt. Hier gehört auch etwas Glück dazu die passende Firmenkarten zu ergattern oder im umgekehrten Sinne, hier kann man dem Gegenspieler einen Strich durch die Rechnung machen und ihm gute Firmen vor der Nase wegschnappen. Der Legemechanismus der Kapitalistenscheiben ist dabei denkbar einfach und bietet doch genug Raum für Strategien. Durch den Ausgleich für die Überbotenen, geht keiner Leer aus. Im Gegenteil ist es manchmal sogar vorteilhafter den Ausgleich zu ergattern, anstatt eine Firma zu erwerben um beispielsweise viele Ressourcen zu erhalten oder Effekte zu nutzen, die die eigenen Firmen nicht bieten. Einige Kapitalistenfähigkeiten bringen zudem Vorteile in der Bietphase.


Abgesehen von dem Bietemechanismus ist Furnace ein reiner Engine Builder und eignet sich hervorragend um Spieler in diese Spielemechanik einzuführen und auf komplexere Spiele, wie z.B. Terraforming Mars vorzubereiten, die zum Engine Building noch weitere Mechanismen beinhalten. Meine 58 jährige Mutter hatte zuvor noch nie ein Enginebuilding Spiel gespielt und fand sich gut in Furnace ein. Ihr Wortlaut nach der ersten Partie: "Das Spiel ist gut!" 

Für wen ist das Spiel geeignet?

Kinder: 0 von 5

Familie: 2 von 5 
(Die industrielle Revolution ist wohl kein typisches Thema für ein Familienspiel, aber so lässt sich das Thema in Klasse 8 gemeinsam spielerisch aufgreifen)

Kenner: 5 von 5 (gut umgesetztes Thema, schönes Material, angehneme Komplexität, sehr gut geeignet um ins Engine Building einzuführen)

Experte: 2 von 5 (Furnace eignet sich als Aufwärmrunde für Komplexeres)
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Furnace von Ivan Lashin
Erschienen bei Hobby World
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 45 Minuten ab 12 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Hobby World)