02.04.2021

Pocket Detective Fälle 1 und 2


Mit der Pocket Detective Reihe springt Schmidt Spiele auf einen aktuell ziemlich erfolgreichen Zug auf. Ähnlichkeiten zu den sich wie geschnitten Brot verkaufenden Exit-Games der Brandts oder Adventures Games von Phil Walker-Harding sind unverkennbar.
Dies beginnt mit dem Schachtelformat, zeigt sich natürlich vor allem in der spielerischen Herausforderung und mündet schließlich darin, dass die Pocket Detective Spiele ebenfalls nur ein einziges Mal gespielt werden können.
Erfreulich hier jedoch: Man kann sie weiterverschenken, denn im Gegensatz zu Exit-Spielen werden die Pocket Detective beim Spielen nicht zerschnitten, gefaltet oder Ähnliches. Man muss sich nur die Mühe machen im Vorfeld den Ermittlungsboden zu kopieren.


Dieser und wenige einleitende Sätze auf der Rückseite sind auch das Einzige was man an die Hand bekommt, bevor man den Kartenstapel aus der Folie nimmt und in Grunde direkt loslegt. Mit Pocket Detective hat Yuri Yamshchikov ein Ermittlungsspiel im Kartenspielformat ersonnen, welches ohne weiteres Material auskommt. Den Ermittlungsbogen könnte eigentlich man auch durch ein einfaches Blatt Papier ersetzen. Die erhaltenen Indizien zu memorieren ist aber auch gut möglich. So habe ich einen Fall komplett ohne Notizen gelöst.

Der Twist bei Pocket Detective ist, dass man die Fälle möglichst effektiv lösen will. Man spielt gegen die Zeit. Viele der Karten, welche man im Laufe des Spiels aufdeckt, haben Uhrensymbole. Sofern man den Fall löst, erhält man am Ende des Spiels Punkte. Von diesen werden u.a. die Uhrensymbole abgezogen. Umso weniger Karten mit Uhrensymbolen man also zum Lösen des jeweiligen Falles benötigte, desto besser wird man letztendlich abschneiden.


Dadurch erinnert das Spielerlebnis sehr stark an den Spiel des Jahres Klassiker Sherlock Holmes Criminal Cabinet, welches ja unlängst eine Neuauflage erhalten hat. Klar sagen muss man jedoch, dass Pocket Detective hierbei wesentlich weniger zeitaufwändig und geradliniger ist. Ein Fall lässt sich innerhalb einer Stunde lösen. Die Schwierigkeit ist dabei sehr familienfreundlich. Je nachdem wieviel Ermittlungszeit man sich gönnt, sollte man eigentlich immer zur Lösung des jeweiligen Falles kommen.

Abhängig vom gewählten Fall übernehmen wir Rollen. So sind wir in Fall No.1 Sonderermittler und in Fall No.2 Journalisten. Die Geschichten sind dabei komplett unabhängig voneinander. Es wird über die Reihe hinweg also keine fortlaufende Geschichte erzählt und man kann getrost mit dem Fall der eigenen Wahl einsteigen. Mitmachen können dabei laut Spielbox 1-6 Personen.

Faktisch sind die Spiele aber im Grunde Solospiele, welche man auch kooperativ spielen kann. Dafür muss man sich die Karten dann eben gegenseitig vorlesen und über das weitere Vorgehen gemeinschaftlich beraten. Nachdem man die Karten auf der Folie genommen hat, folgen wenige Seiten Kartentext, mit welchen man auf den Fall eingestimmt wird, man die Spielregeln erläutert bekommt sowie erfährt wie die Karten auszulegen sind. Dies ist innerhalb weniger Minuten getan und schon kann es mit der Ermittlungsarbeit losgehen. Je nach Fall legt man die Karten in mehreren verdeckten, mit Buchstaben markierten, Stapeln aus. Hierbei sind die Karten im C-Stapel bspw. Informationen welche man von der Polizei erhält.


Das Spiel beginnt mit einer aufgedeckten Karte, aus der sich mehrere Ermittlungswege ergeben. So untersuchen wir in Fall No.2 den Tod eines aus einem Hotelfenster gestürzten Mannes. Auf der Startkarte sehen wir diesen tot vor dem Hotel auf der Straße liegend und es werden uns mehrere Optionen angeboten: Leiche untersuchen (S2), Hotelzimmer überprüfen (H1), Passanten interviewen (S4). Würden wir uns bspw. dafür entscheiden das Hotelzimmer zu überprüfen, dann würden wir als nächstes die Karte H1 aufdecken und hätten durch diese Karte dann hoffentlich weitere Informationen und Handlungsoptionen für den Fall.

Bei den verschiedenen auf den Karten angezeigten Optionen ist auch immer durch ein Uhrsymbol angegeben ob das Aufdecken der Karte Zeit benötigen wird. Wieviel Zeit es letztendlich wird, zeigt sich erst nach dem Aufdecken der Karte. Die nun ersichtlichen Zeitsymbole notiert man sich sodann auf dem Ermittlerbogen.


Überhaupt ist die Zeit bei Pocket Detective ein spannendes Spielelement. Zum einem entscheidet der sparsame Einsatz von Zeit über unser Abschneiden am Spielende. Zum anderen sind abhängig von der verbrauchten Zeit manche Wege im Spiel nicht mehr möglich oder noch nicht möglich. Eventuell sind Indizien ab einer bestimmten Anzahl gesammelter Uhrsymbole nicht mehr verfügbar oder aber Orte sind nur in ausgewählten Zeitkorridoren besuchbar.
Dies finde ich eine wirklich interessante Spielidee, welche auch nochmal dafür sorgt sich ein wenig zu fokussieren und nicht einfach jedem möglichen Hinweis nachzugehen.

Weiterhin haben beide Fälle jeder noch ein weiteres eigenständiges Spielelement. So gibt es im Fall No.2 Sheriffsymbole auf den Karten. Bei mit diesen Symbolen markierten Optionen, nimmt man in Kauf den Sheriff zu verärgern. Das führt dann meist dazu, dass eine Karte vom P-Stapel aufgedeckt wird. Dies kann die weiteren Handlungsoptionen im Spiel einschränken oder aber auch unser Spielerergebnis verschlechtern. Eventuell hat man aber auch Glück.

In Fall No.1 untersuchen wir den Mord an einem Universitätsmitarbeiter. Hier erhält man, wenn man Risiken bzw. Verdächtigungen eingeht Stresssymbole. Am Spielende führen falsche Verdächtigungen in Form von Stresssymbolen zu Punktabzügen. 
Wann wir das Spiel beenden und den Fall lösen wollen, das obliegt ganz uns. Um erfolgreich abzuschneiden, sollten wir nicht zu viel Zeit vertändeln. Sicher sollten wir aber trotzdem sein.


Entscheiden wir uns zum Lösen, so decken wir je nach Fall eine bestimmte Karte auf (M1 oder G1 in den jeweiligen Fällen) und arbeiten dann entsprechend der Anweisungen den Stapel durch. Während man bei Fall No.1 bei falschen Lösungen wieder auf die Ermittlungen angesetzt wird, endet bei Fall No.2 das Spiel mit Auswertung der M-Karten. Im Idealfall zeigt sich dann, dass wir gute effektive Ermittlungsarbeit geleistet haben. Nachvollziehen wie gut man war, kann man auf einer Punkteskala, welche den erreichten Punktwert einordnet und die detektivischen Fähigkeiten bewertet.

Wie am Anfang dieses Textes schon einmal angesprochen, richten sich die Pocket Detective Fälle eher an Familien. Knallharte Ermittlungsarbeit und komplizierte Schlüsse ziehen wie beim bereits erwähnten Criminal Cabinet sind hier nicht nötig. Erlangte Informationen sind meist sehr eindeutig. Man kommt also gut voran und wird am Ende des Spieleabends den Fall wohl auf jeden Fall abschließen können.

Ob man dabei den effektivsten Weg wählt, dass ist mit Sicherheit auch ein wenig vom Glück abhängig. Denn auch, wenn die Fälle in sich stimmig sind, ist auch im Nachhinein nicht unbedingt nachvollziehbar aus welchen Gründen man darauf hätte kommen sollen bestimmte Handlungsoptionen zu wählen, um den Fall schnell abzuschließen.
Insofern würde ich ein Spiel Pocket Detective eher als nettes Erlebnis einordnen, als einen Wettkampf darum möglichst gut als Ermittler abzuschneiden.

Für einen Preis von etwa 10 € bekommt man mit dem Spiel Unterhaltung, welche man nicht bereuen wird. Einsteigerfreundlich und unmittelbar losspielbar sind es schöne Spiele für einen kleinen Spieleabend mit der Familie. Mit Pocket Detective hat Schmidt Spiele eine Reihe lizensiert, welche zuerst beim russischen Publisher Lavka Games erschienen ist. Dort ist mittlerweile auch schon der dritte Fall erschienen. Wer Gefallen an den ersten beiden Fällen findet, der kann hoffen, dass Schmidt Spiele die Reihe ebenfalls fortsetzt und auch die kommenden Fälle übersetzt.

Wer jedoch etwas mehr Anspruch oder abendfüllendere Aktivitäten sucht, der ist sicherlich mit anderen Spielen wie den Adventure Games oder Sherlock Holmes Criminal Cabinet besser bedient.


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Pocket Detective von Yuri YamshikovErschienen bei Amigo
Für 1 bis 6 Spieler in ca. 45 Minuten ab 10 Jahren
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Schmidt Spiele)