17.04.2021

Sebastian Fitzek Killercruise


Ich bekenne vorweg: Noch nie habe ich einen Roman von Sebastian Fitzek gelesen. Das könnte man fast als Bildungslücke sehen. Schließlich veröffentlicht er nun bereits seit anderthalb Jahrzehnten sehr erfolgreich Psychothriller und hat es in der Zeit bereits auf 20 Werke gebracht, welche regelmäßig zu Bestsellern wurden. Und auch im Brettspielbereich ist Fitzek zuvor schon vertreten gewesen. So hat er eine Black Stories Ausgabe selbst designt und in Zusammenarbeit mit dem Spielautor Marco Teubner sind die Spiele Safehouse und Safehouse Würfelspiel erschienen.
Eben jener Marco Teubner (Carcassonne Junior, Stone Age Junior, Safranito) zeichnet sich nun auch für Sebastian Fitzeks Killercruise maßgeblich verantwortlich. In diesem Fall wird Fitzek selbst aber auch als Co-Autor genannt.


Wie die Vorgängerspiele erscheint Killercruise im Moses-Verlag und dieser hat mit der Gestaltung des Spielmaterials einen wahren Hingucker geschaffen.
So geht es bei Killercruise um einen Mörder, welcher auf einem Kreuzfahrtschiff sein Unwesen treibt. Eben jenes Schiff - die Sultan- tritt uns nach dem Aufbau des Spieles äußerst plastisch entgegen. Dem Moses-Verlag ist es nämlich gelungen die Box des Spieles so zu gestalten, dass sich das Boxunterteil so entfalten lässt, dass daraus ein ansehnliches etwa die doppelte Spielbox großes Schiff mit Bug und Heck entsteht. Das macht wirklich Eindruck.


Auf diesem Schiff bewegen sich 2-4 Spieler etwa 30 Minuten lang um einen Fall zu lösen und den Killer dingfest zu machen. Dabei liefert das Spiel zwanzig vorgegebene Fälle. Jeder Fall zeichnet sich durch einen besonderen Spielaufbau aus, welcher nur eine konkrete Lösung zulässt. Wer Sorge um die Wiederspielbarkeit hat: Die Fälle sind nicht mit so konkreten Handlungen verknüpft, dass man sich die Lösung einfach merken könnte. Vielmehr werden in jedem Fall die Hinweiskarten nur anders ausgelegt wodurch sich ein anderes Versteck des Killers ergibt, welchen es zu finden gilt. Darüber hinaus sind weitere Fälle auch schon auf Boardgamegeek abrufbar.


Bei Killercruise versuchen wir kooperativ den Aufenthaltsort des Killers zu erkunden und ihn dadurch zu stoppen. Weiterhin versuchen wir auf den Weg dorthin Passagiere und auch uns selbst vor ihm zu schützen sowie auch einen weiteren Ermittler aus unserer Gruppe zu finden. Eingeladen zu dieser Kreuzfahrt, auf der Sultan, wurden wir von einem mysteriösen Fremden und schon der dem Spiel beiliegende Brief an die Spieler bzw. Ermittler lässt erahnen, dass der Preis für die Reise hoch ausfallen könnte.
Eine Besonderheit bei Killercruise ist, dass die Spielfiguren nicht den einzelnen Spielern zugeordnet sind, sondern wir diese gemeinsam über das Schiff bewegen. Dabei haben wir zwei Ziele: Zuerst müssen wir den Vermissten finden (unsere vierte Spielfigur) und danach gilt es den Killer selbst ausfindig zu machen.


Es ist dabei zu sagen, dass das Schiff aus drei Ebenen besteht. Auf dem aus dem Boxunterteil ausgeklappten Schiff sind 12 Räume aufgedruckt. Diese ordnen sich in Ovalform entlang der Außenwände des Schiffes an. Der mittlere Bereich des Schiffes ist als Ablagefläche für Karten und Kartenstapel gestaltet. Beim Spielaufbau wird entsprechend der Fallbeschreibung in jeden Raum (des Unterdecks) eine verdeckte Hinweiskarte gelegt. Bedeckt werden diese Räume und Karten sodann mit 12 Raumteilen, welche das Mitteldeck darstellen. Auf diese werden wiederum 12 Raumteile für das Oberdeck gelegt.


Besagte vermisste Person haben wir im Mitteldeck zu finden, den Psychopathen wiederum im Unterdeck. Dafür gilt es die verschiedenen Raumteile nach und nach zu entfernen.
Haben wir vier Raumteile des Oberdecks entfernt, so erfahren wir über einen Mechanismus auf der Rückseite der Oberdeckteile wo sich die vermisste Person befindet, welche wir sodann aufsuchen sollten. Durch entfernen der Mitteldeckteile gelangen wir wiederum an die Hinweiskarten, welche uns helfen einzugrenzen in welchem Raum des Unterdecks sich der Killer befindet. So bekommen wir über die Karten Hinweise wie:

„Der Psychopath ist maximal zwei Schiffsteile von diesem entfernt“. Haben wir genug von diesen Hinweiskarten gesammelt, so können wir letztendlich den Raum mit dem Psychopathen sicher benennen und damit das Spiel gewinnen. 


Soweit zu unseren Zielen. Der Weg dahin ist aber ein gefährlicher. Wollen wir doch nicht vom Killer geschnappt werden und außerdem auch verhindern, dass er Hand an andere Passagiere legt. Gelingt es dem Mörder nämlich fünf Passagiere zu meucheln oder eben alle unsere Spielfiguren aus dem Spiel zu nehmen, so haben wir verloren. Dies gilt auch, wenn der Nachziehstapel unserer Figurenkarten zur Neige geht. Dieser Stapel ist der eigentliche Motor des Spieles. Von ihm ziehen wir am Ende unseres Zuges immer auf unser Handkartenlimit auf. Die Figurenkarten selbst haben zwei Funktionen. Zum einem bewegen wir mit ihnen unsere Spielfiguren. Zum anderen schließen wir mit Ihnen Räume auf. Dazu ist zu sagen, dass auf den insgesamt 48 Karten immer eine unserer vier Spielfiguren abgebildet ist. Weiterhin wird durch die Hintergrundfarbe der Karte und ihre Beschriftung eine Zuordnung zu drei Räumen hergestellt (jeweils drei übereinander liegende Räume). Als letztes ist auf jeder Karte auch noch ein Schlüssel abgebildet. Diese Schlüssel gibt es in sechs Farben. Am Zug spielen wir unsere Handkarten aus und bewegen damit eine oder mehrere Figuren. Die auf der ausgespielten Karte angezeigte Figur sagt an wen wir bewegen dürfen. 1-2 Felder mit oder gegen den Uhrzeigersinn dürfen es immer sein. Passt die ausgespielte Karte zusätzlich noch zu unserem Ausgangs- oder Zielort, so dürfen wir uns deutlich weiter bewegen. Wir können die Karten aber alternativ auch als Schlüssel nutzen. Auf jedem Raum sind nämlich Kombinationen aus zwei verschiedenfarbigen Schlüssel abgebildet. Habe ich die passenden Schlüssel für einen Raum in dem sich eine Spielfigur befindet, so darf ich ihn öffnen. Das tue ich indem ich das entsprechende Spielplanteil abhebe.


Ich kann dafür auch Karten nutzen, welche Mitspieler in vorangegangenen Zügen im Schlüsselbereich des Spielplans abgelegt haben. In jedem Fall muss ich während meinem Zug zumindest eine Karte ausspielen. Danach ziehe ich wieder aufs Handlimit und der nächste Mitspieler ist an der Reihe. Es sei denn, dass beim Nachziehen der Figurenkarten eine Killerkarte aus dem Figurenstapel gezogen wird. Dies sind gemeinerweise im Figurenstapel versteckt und steuern die Bewegung des Killers auf dem Spielplan. Killerkarten sorgen dafür, dass sich der Killer 1-2 Schritte im Uhrzeigersinn weiterbewegt. Seine Bewegung ist also relativ planbar. Über die Anzahl der Killerkarten im Figurenstapel lässt sich die Schwierigkeit von Killercruise variieren. Über das beim Spielaufbau durchgeführte Vorbereitungsverfahren ist klar, dass bei einfacher Schwierigkeit innerhalb von 14 Karten immer zwei Killerkarten auftauchen werden. Die Frage ist halt nur wann er zuschlagen wird.


Wenn der Killer sich bewegt, dann wollen wir jedenfalls nicht in Reichweite sein. Denn erreicht er das erste Mal eine Figur, so wird diese verletzt. Als Zeichen dafür tauschen wir sie gegen eine andere, verletzte Version der Spielfigur. Beim zweiten Aufeinandertreffen ist dann aber kein Entkommen mehr und unsere Spielfigur wird gemeuchelt. Ab dann müssen wir mit weniger Figuren auskommen. Dies erhöht zudem auch die Schwierigkeit. Wir sind einfach weniger flexibel und ein Viertel der Figurenkarten kann nur noch als Schlüssel und nicht mehr zur Bewegung genutzt werden.


Auch nicht in Reichweite des Killers sollten Passagierkarten sein. Trifft der Killer auf diese, so werden diese unmittelbar ermordet. Zur Erinnerung: Segnen fünf Passagiere das Zeitliche, so ist das Spiel ebenfalls verloren. Unser erklärtes Ziel ist es also die Passagiere in Sicherheit zu bringen. Jeweils eine Karte können wir mit unserer Spielfigur immer von Raum zu Raum bewegen. Auf den Passagierkarten selbst ist immer angegeben, wie man diese in Sicherheit bringen kann. So wollen manche von einer bestimmten Spielfigur errettet werden. Andere wiederum verlangen die Anwesenheit von zwei beliebigen Spielfiguren im Raum des Passagiers. Neue Passagierkarten kommen mit den Killerkarten ins Spiel. Bewegt sich der Killer zwei Schritte, so kommen auch zwei neue Passagiere ins Spiel.


Da jede Bewegung des Killers also Gefahr verspricht und das Zuneige gehen des Figurenstapels unsere Niederlage besiegelt, wollen wir unsere Karten dementsprechend so effektiv wie möglich nutzen. Denn jede nachgezogene Karte bringt uns der nächsten Killerbewegung oder dem Spielende wieder ein Stück näher.
Folglich sind wir darauf bedacht uns möglichst kartensparend zu bewegen. Dies erfordert einiges an Absprache zwischen den Mitspielern und sehr bewusstes Abwägen der eigenen Optionen. Das Spiel ist dementsprechend anfällig für Analysis Paralysis. Die Köpfe rauchen bevor die Karten ausgespielt werden. Die Bewegungsmöglichkeiten, welche sich nur durch die eigene Kartenhand ergeben, sind nämlich mannigfaltig. Mit lockerflockigem Ausspielen der Karten hat man kaum eine Chance gegen den Killer. Ohne effektives Vorgehen hat man einfach schneller verloren, als man sich versieht.


Dabei ist zu sagen, dass auch wenn sich der Schwierigkeitsgrad über die eingemischten Killerkarten variieren lässt, Gevatter Zufall ebenso ein ordentliches Wörtchen über die wirkliche Schwierigkeit der Partie mitredet. Denn wo die Passagiere erscheinen und in wie schneller Folge Killerkarten gezogen werden beeinflusst die Schwierigkeit deutlich. So können Passagiere potentiell ein Feld vor dem Killer auftauchen oder eben zwölf Felder weiter, was im Grunde bis zum Spielende Ruhe versprechen könnte. Gerade mit dem Einmischen von mehr Killerkarten zu Steigerung der Schwierigkeit verstärkt sich dieser Effekt naturgemäß.

Auch bei dem Aufdecken der Hinweiskarten kann man Glück haben oder eben nicht. Im Idealfall befindet sich der Killer in dem Bereich wo man auch schon das Mitteldeck abgeräumt hat. Mit Pech an der Backe befindet er sich aber genau im anderen Teil des Schiffes wo sogar das Oberdeck noch komplett liegt. Dann wird man zeitlich ein Problem bekommen.


Klar sagen sollte man an dieser Stelle, dass Killercruise sicher nicht als durchzurechnendes Eurogame gedacht ist. Eher fällt das Ganze in die Kategorie Party- /Erlebnisspiel. Das Ganze ist schnell aufgebaut, erklärt und gespielt. Wenn es nicht hinhaut, dann versucht man es eben ein zweites Mal. Meiner Meinung nach bedient Killercruise Freunde besagter Spielekategorien perfekt. Das Spiel wird ab 12 Jahren empfohlen. Die eigentlichen Spielregeln wären jüngeren Kindern sicher auch schon zu vermitteln. Die eher hohe Altersempfehlung ergibt sich wohl eher aus der Schwierigkeit zu überblicken wie man die Karten effektiv nutzen kann sowie der Thematik und Gestaltung des Spiels.

Man sieht im Spiel zwar keine Leichen herumliegen, doch auf den Illustrationen der Räume sind schon einige verstörenden Details wie Blutspuren zu erspähen. Mich persönlich hat erstaunt wie wenig Stimmungstext dieses Spiel doch bietet. Die Anleitung bietet einen kurzen Absatz einleitender Sätze. Dazu gibt es noch den kurzen Brief an die Spieler. Bei Mitwirkung eines Romanautors hätte ich mir irgendwie mehr textlastigkeit erwartet. So kommt das Spiel nach der Einstimmung eher neutral daher. Dabei herein wirkt, dass Passagier- und Figurenkarten eher unprätentiös gehalten sind.


Mag das vor allem bei den Figurenkarten mit den vielen auf Ihnen zu überblickenden Informationen mir noch einleuchten, so empfinde ich die Gestaltung der Passagierkarten als eher lieblos. Man findet auf ihnen einfach nur die Information wie die Karte abzuhandeln ist. Etwas was einem das Gefühl gibt, dass es sich um einen Passagier handelt, fehlt.
Für mich steht das im starken Kontrast zur Gestaltung des Schiffes selbst. Was sich der Moses-Verlag da hat einfallen lassen ist nämlich ganz großes Kino. Aufgebaut wirkt die Sultan wirklich beeindruckend. Besonders vorbildlich, dass sich versteckt auf der Unterseite des Schiffes auch noch eine Anleitung befindet wie man das Schiff aufbaut. Klasse.

Das Abbauen ist dann schon wieder ein wenig diffiziler. Man bekommt Heck und Bug nur schwer wieder in die Schachtelunterseite geklappt und dann den Materialeinsatz eingesetzt. Hier hätten ein paar Millimeter Spielraum gutgetan. Insgesamt finde ich die Spielbox wirklich gut gestaltet. Zudem sie mit tollen Extras wie dem Materialeinsatz und einem Zierschuber daherkommt.


Sebastian Fitzeks Killercruise ist im Bereich der kooperativen Detektivspiele eher ein leichterer Kandidat und gut als Familienspiel mit älteren Kindern spielbar. Man sollte dabei mit einem wenig Zufallseinfluss leben können. Keine Sorge muss man sich darum machen, dass man ohne Fitzek-Roman-Kenntnis keinen Zugang zu dem Spiel finden wird. Ich wage zu behaupten, dass der berühmte Name eher der Mitwirkung von Sebastian Fitzek geschuldet ist, als dass man im Spiel viele Anknüpfungspunkte zu seinen Werken findet. Da lasse ich mich als Fitzek-Laie aber im Zweifel gerne eines besser belehren. ☺

Durch die tolle Gestaltung des Schiffes und die Angst vor Killerkarten im Figurenstapel kommt aber auch ohne Hintergrundkenntnisse gut das Gefühl auf den Killer stets im Nacken zu haben. Insofern ist das Spiel nicht nur für Fitzek Fanboys an Mustbuy, sondern wird auch im Bereich der Familienspieler gut ankommen.


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Sebastian Fitzek Killercruise von Sebastian Fitzek und Marco Teubner
Erschienen bei Moses Verlag
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 30 Minuten ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Moses Verlag)