17.08.2021

Quiz Club


Quizspiele sind nicht jederfraus Sache. Den einen sind sie zu dröge und langweilig, den anderen zu kompetitiv, zu schwer, zu leicht, zu trocken, zu solitär, zu….Andere können von Quizspielen nicht genug bekommen. Ich selbst zähle mich zur letzteren Gruppe und habe schon unzählige Quizspiele gespielt, die mir wirklich viel Spaß gemacht haben. Dazu zählt Bezzerwizzer genauso wie Trivial Pursuit, aber auch das Kneipenquiz oder Smart 10. Kurzum: Ich habe mich sehr auf den Quiz Club gefreut. Meine Mitspielenden sind bei Quizspielen dagegen eher…reserviert verhalten und gehören somit eher der zuerst beschrieben Gruppe an. Ein neues Quizspiel ist da also immer eine Herausforderung. Aber gerade dieses Setting ist für Quiz Club praktisch wie gemacht bzw. andersrum: in solchen Runden kann Quiz Club sein wahres Potenzial voll ausschöpfen. Aber wie immer nun erstmal eins nach dem anderen:

Das Spiel kommt in einer schön kompakten Schachtel daher und bringt neben einem amtlichen Stapel von 160 Karten mit 960 Fragen(!) aus 14 Kategorien noch ein kleines Spielbrett und ein paar Holzplättchen samt 8 dazu passenden Charakterkarten mit sich. Dazu noch ein Stickerbogen, mit denen sich die Holzscheiben mit den Charakteren bekleben lassen und eine Startspielerinkarte. Mehr braucht es nicht. Außerdem gibt es noch 5 Erweiterungspacks, die noch jeweils 120 neue Fragen zu alten und neuen Themenfeldern und eine neue Charakterkarte mitliefern. Die Sticker für die Erweiterungen sind schon in der Basisbox enthalten. Diese werden auf die Rückseiten der vorhandenen Holzscheiben geklebt. Man wusste also verlagsseitig, was da so kommt.


Warum ich das erzähle? Nun ja… so sehr ich ja immer über zu große Packungen schimpfe, hier hätte ich sie mir tatsächlich mal gewünscht, denn die Karten der Erweiterungspacks passen leider nicht komplett in die Box des Grundspiels. Egal, wie man das Ganze dreht und wendet. Das ist mehr als schade, denn die Tuckboxen der Erweiterungen sind zwar nett, aber wer will schon nach jedem Spielen 5 Tuckboxen mit jeweils einer Handvoll Karten befüllen? Hmpf. Aber sei’s drum, dann gibt es halt einen Zipbeutel obendrauf (der liegt der Box vorausschauend bei). Und wie ihr gleich noch sehen werdet, ist das Meckern auf hohem Niveau, denn mehr zu meckern….ich spoiler mal nicht.

Das Spielbrett kommt in die Tischmitte und die Karten werden gemischt. Wahlweise dürfen die Erweiterungspacks ein- oder aussortiert werden. Wir spielen eigentlich immer mit dem kompletten Batzen. So ist für Abwechslung gesorgt – wobei selbst die Karten des Basisspiels zugegebener Maßen als Fragenpool völlig ausreichen, zumal pro Spiel grade mal 6 Karten pro Spielerin so wirklich benötigt werden (wobei man ein paar mehr auf der Hand hat). Aber mehr wirkt hier einfach mehr, hehe. Dann sucht sich noch jede eine Charakterkarte aus, nimmt die zugehörige Holzscheibe und legt diese auf das Spielbrett. Die Charaktere haben dabei keine echte Funktion und dienen eigentlich nur dafür, die eigenen Punktescheiben zu unterscheiden. Das hätten zwar die Farben auch erledigt. Mit den Charakteren sieht das Ganze aber deutlich schicker aus und gibt natürlich dem Spiel das Flair eines Quiz Clubs.


Nun gibt es noch reihum jeweils 5 Handkarten und los geht’s: Das Spiel läuft über 6 Runden. Runde 1, 3 und 5 sind kooperative Runden und Runde 2, 4, 6 sind kompetitive Runden. Welche Runde dran ist, wird mit einem kleinen Marker am Spielfeldrand markiert. Das Kernprinzip ist dabei aber in allen Runden das gleiche: Die Startspielerin sucht sich eine Mitspielerin aus und stellt ihr eine beliebige Frage aus ihren Handkarten, dann ist die Nächste in der Runde dran und sucht sich ebenfalls jemanden aus und so weiter. Wer einmal gefragt wurde, dreht ihre Charakterkarte um, damit jede sieht, dass diese Person nicht mehr gefragt werden darf. Dabei müssen aber alle darauf achten, dass es niemals vorkommt, dass sich jemand selbst befragen müsste. Diese Person würde nämlich automatisch drei Punkte bekommen und das ist schlecht, denn mehr als drei Punkte bekommt man nie für eine richtige Antwort. Die Fragen sind nämlich in drei Schwierigkeitsgrade eingeteilt. Punkte gibt es dann je nach Spielrunde:
In den kooperativen Runden bekommen bei einer richtigen Antwort sowohl die Fragende als auch die Antwortende einen Punkt für eine leichte, zwei für eine mittelschwere und drei für eine schwere Frage. Bei einer falschen Antwort gehen beide leer aus. In den kompetitiven Runden bekommt die gleichen Punkte nur die Antwortende – sofern die Antwort stimmt. Ist die Antwort falsch, erhält die Fragende drei Punkte bei einer leichten, zwei bei einer mittelschweren und einen bei einer schweren Frage. Das Punktesystem ist dabei jederzeit für alle nachvollziehbar auf der Startspielerinkarte vermerk. Wurde eine Frage von einer Karte gestellt (jede Kartenseite verfügt dabei über je eine Frage eines jeden Schwierigkeitsgrades), wird diese abgelegt und eine Neue nachgezogen.


Je nachdem, wie viele Punkte jemand hat, bekommt die Person noch ein kleines Handicap: Denn beim Erreichen bestimmter Punktesphären verliert man jeweils eine Handkarte, bis man letztlich in den ganz hohen Regionen nur noch eine einzige Karte hat und somit die Auswahl an Fragen, die man seiner Gegenüber stellt, stark eingeschränkt wird.

Bei Quiz Club ist also nicht nur Hirnschmalz und Wissen gefordert, sondern durchaus auch Taktik und vor allem Menschenkenntnis: Wer beantwortet mir meine Frage bzw. wer weiß das definitiv nicht oder auch anders: Was könnte die Person, die ich jetzt frage (nicht) wissen? Durch die Rotation der beiden Rundenarten verschafft das Spiel dem Quizgenre einen ganz neuen Flair, der den Staub all jener klassischen Quizspiele verweht, die man ebenso im Normalfall schon mal gespielt hat. Selbst in meiner oben genannten Runde kam das Spiel wirklich gut an.

Und das liegt tatsächlich nicht allein an dieser Grundmechanik. Das Spiel schafft es nämlich auch anhand seiner Fragen - trotz der Altersempfehlung von 12+, die aufgrund des Schwierigkeitsgrades der Fragen durchaus berechtigt ist - alle Alters- und Spielerinnengruppen anzusprechen. Zum einen gibt es nämlich fünf verschiedene Fragearten, nämlich reine Wissensfragen (a la Trivial Pursuit), Multiple Choice, Schätzfragen (mit zulässigem Korridor), Sortierfragen („bringe a c d b in die richtige Reihenfolge“) und Intuitionsfragen. Zum anderen wurden die eigentlichen Fragen sehr schön in diese Kategorien einsortiert. Bspw. das Sterbejahr einer berühmten Persönlichkeit, das nicht als Wissens-, sondern als Schätzfrage mit einem 10-Jahres-Korridor abgefragt wird. Falls ihr Euch nun fragt, was denn bitteschön Intuitionsfragen sind: Das sind die, mit denen man auch aus Quizhassern in den kooperativen Runden einige Punkte herausholen kann. Diese betreffen nämlich nicht das Allgemein- oder Quizshowwissen, sondern die Mitspielerinnen. Ein Beispiel: „Wie viele der Mitspielerinnen waren in den letzten 2 Jahren auf dem Eiffelturm und wer war es?“. Damit kann man selbst die Kids der Familie sehr schön in das Spiel einbeziehen und das ganz ohne Schmu oder unnötige Hilfen beim Fragenbeantworten geben zu müssen. 


Nicht zuletzt ist es die unfassbare große Anzahl an Themen, die viel zum Spielgefühl beiträgt: Hier ist wirklich alles dabei, ob nun Zeitgeschehen, Politik, Literatur, Kunst, Filme, Serien, Brettspiele, Geographie, Wissenschaft, Geek-Wissen, Mathematik, Essen und Trinken…ach, einfach alles. In den kooperativen Runden stelle ich hieraus natürlich Fragen innerhalb des Interessensgebietes meines Gegenübers. In den kompetitiven eher solche, von denen ich weiß, dass sie hiervon keine Ahnung hat. 
Diese Mischung aus echt cooler Spielmechanik einerseits und der Vielfalt an Fragearten und Themen andererseits macht Quiz Club zu einem Quizspiel, das in keiner einzigen Sekunde trocken oder langweilig wirkt. Im Gegenteil macht es genau dann am meisten Spaß, wenn man auch über die eigene Ahnungslosigkeit lachen kann. Denn schließlich verdirbt man damit in den kooperativen Runden auch der Gegenüber die möglichen Siegpunkte.

Für mich macht all dies Quiz Club zu einem der besten Quizspiele, die ich bisher gespielt habe. Ob es auch das wirklich Allerbeste ist, muss sich noch in diversen weiteren Runden mit verschiedenen Konstellationen zeigen. Tendenziell traue ich dem Teil das aber absolut zu. Wer also auf der Suche nach einem fordernden und gleichzeitig sehr spaßigen Quizspiel ist, kann hier nicht viel falsch machen.


Ein letzter Hinweis muss an dieser Stelle allerdings gegeben werden: Aufgrund der beschriebenen Mechanik kann Quiz Club erst ab drei Mitspielenden richtig gespielt werden. Zu viert ist es dann noch ein gutes Stück besser, da man schlicht mehr Auswahl hat, wen man nun fragt. Im Kern ist der Anzahl der Mitspielenden aber keine Grenze nach oben gesetzt, wobei Material für 8 Spielende dabei ist. Bei zu vielen dürfte allerdings die Downtime nervig werden, das kennt man aber ja von so ziemlich allen Spielen. Idealbesetzung dürfte meiner Meinung nach somit tatsächlich ein Spiel zu viert sein. Für ein Spiel zu zweit gibt es dagegen keinerlei Sonderregeln und wenn wir ehrlich sind, macht dies aufgrund des Wechsels von kooperativ zu kompetitiv auch wenig Sinn. Dann müsste man es rein kompetitiv spielen und nur Fragen stellen, die nie beantwortet werden…aber dass das dann auch Spaß macht, wage ich zu bezweifeln.
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Quiz Club von Nils Hagemann
Erschienen bei Funtails
Für 3 bis 8 Spieler in ca. 45 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Funtails)
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