26.04.2024

Kites


Wenn man einen Drachen steigen lässt und ihm zusieht, wie er in Richtung Horizont gleitet, ist man losgelöst von allen Sorgen und Nöten des Alltags und kann für einen Moment komplett abschalten und den Kopf freibekommen. Ganz so entspannt geht es nicht zu bei beim kooperativen Spiel Kites, bei dem wir in Echtzeit Karten ausspielen, um unsere Drachen in der Luft zu halten.

Drachen steigen lassen gegen die Zeit

In Kites spielen wir gegen sechs Sanduhren mit unterschiedlichen Farben und Laufzeiten von 30 bis 90 Sekunden. Im Uhrzeigersinn spielen wir eine unserer Handkarten aus und drehen die ein bis zwei Sanduhren um, die auf der jeweiligen Karte abgebildet sind. Anschließend ziehen wir eine Karte vom Nachziehstapel und versuchen möglichst alle Karten loszuwerden, ohne dass eine der Sanduhren abläuft und der Drache so abstürzt.


Dabei ist gute Kommunikation und Teamarbeit nötig, denn ohne gute Absprachen, wer welche Karten auf der Hand hat, kommen wir in Kites schnell in die Situation, dass genau die passende Farbe fehlt. Andererseits können wir uns auch mal eine kleine Verschnaufpause nehmen, wenn gerade alle Drachen noch reichlich Sand in der oberen Hälfte haben. Zu früh zu drehen sorgt dann nämlich nur dafür, dass nach dem Drehen weniger Zeit zur Verfügung steht.

Ein wenig Hektik gehört dazu

So halten wir also von Karte zu Karte die Drachen in der Luft und irgendwann, spätestens wenn sich das Ende abzeichnet und keine Karten mehr auf dem Nachziehstapel liegen, wird es hektisch am Tisch. Dann darf die weiße Sanduhr nicht mehr umgedreht werden. Haben wir noch Karten übrig, wenn die erste Sanduhr abläuft, lesen wir unseren Erfolg an einer kleinen Erfolgsskala im Regelheft ab. Im Idealfall sind wir aber alle Karten losgeworden und können uns als verdiente Sieger von Kites fühlen.


Ganz so entspannend wie in der Einleitung beschrieben ist es also nicht, Kites zu spielen. Dennoch fühlt es sich sehr belohnend an, wenn wir als gut eingespielte Runde in einen gewissen Flow kommen und durch gute Kommunikation eine Karte nach der anderen spielen und die Drachen in der Luft halten. Und stürzen wir doch einmal ab, dauert eine Runde nur wenige Minuten und wir können es gleich noch einmal versuchen.

Herausforderungskarten für größere Schwierigkeit

Kites lässt sich mit 2-6 Spielenden am Tisch spielen. Je nach Personenzahl haben wir unterschiedlich viele Handkarten auf der Hand. Mein Eindruck ist, dass die Schwierigkeit mit ansteigender Spielerzahl deutlich steigt. Bei weniger Auswahl pro Spieler und der fixen Spielerreihenfolge müssen wir umso besser kommunizieren und anstehende Aufgaben verteilen, um uns nicht zu verheddern.


Wem das alles noch zu einfach ist, der kann die Schwierigkeit durch die Hereinnahme von Herausforderungskarten erheblich in die Höhe treiben. Sturmkarten zwingen uns dazu, alle Sanduhren gleichzeitig umzudrehen, wir laufen Gefahr uns zu verheddern und so Karten tauschen zu müssen und Flugzeugkarten stören unsere Kommunikation.

Fazit: belohnende Herausforderung in Echtzeit

Es steckt also viel drin in Kites und meiner Meinung nach ist dem Autor Kevin Hamano hier ein wunderbares Echtzeit-Kartenspiel gelungen, das uns gleichermaßen herausfordert wie belohnt und sich sogar bei Team Building-Events einsetzen lässt. Dazu tragen auch die gewohnt fantastischen Illustrationen von Beth Sobel (u.a. Flügelschlag, Cascadia) bei. Dennoch ist Kites kein Spiel für Jedermann. Wer sich allein vom Gedanken an die Echtzeit-Herausforderung gestresst fühlt, braucht gar nicht erst mit dem Spielen beginnen. Wer sich darauf einlässt, wird kräftig belohnt, wenn es mit den Mitspielenden gut läuft und die Drachen am Himmel bleiben. Und so sind wir vielleicht doch für ein paar Minuten völlig losgelöst von den Sorgen und Nöten des Alltags, wenn wir die Drachen fliegen lassen.
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Kites von Kevin Hamano
Erschienen bei Huch!
Für 2-6 Spielende in ca. 10 Minuten ab 10 Jahren

Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Huch!)