Wenn es einem Verlag gelingt, ein Spiel zu entwickeln, das zum Dauerbrenner und im Endeffekt sogar zum Klassiker wird, ist das wie eine Goldgrube. Denn das sind die Spiele, die früher oder später in jedem Regal stehen. Vor einigen Jahren hat sich das Würfeleinsetz-Spiel „Rajas of the Ganges“ zu einem solchen Titel entwickelt. Also dachte man sich bei Huch wohl: „Okay – diese Kuh muss gemolken werden!“ Nach vielen kleinen Mini-Erweiterungen erschien ein Roll’n’Write-Ableger, der ebenfalls gut von der Kritik aufgenommen wurde. Und nun haben sich die Autoren Inka und Markus Brand gedacht: Wer braucht schon Würfel, wenn man Karten hat? Hier ist es also: „Cards & Karma“, das Kartenspiel im Rajas of the Ganges-Universum. Ein Spiel für 2–4 Spieler ab 12 Jahren mit einer Spieldauer von ca. 30 Minuten.
Wie soll das funktionieren – ein Rajas-Spiel ohne Würfel? Ganz einfach: Die Karten im Spiel sind kleine quadratische Karten, die auf der Rückseite alle Würfelseiten von 1–6 in verschiedenen Farben zeigen. Karten auf der Hand halte ich so, dass ich die Würfelwerte sehe, nicht aber die Aktionsseite. Wie im großen Brettspiel (das Roll’n’Write kenne ich leider nicht) ist das Ziel bzw. die Bedingung für das Spielende, dass sich zwei „Leisten“ treffen. Jeder Spieler hat sechs Zahlleistenkarten in einer Reihe vor sich liegen. Mit der Abgabe von 3 Ruhmtoken kann ich eine Karte von der linken Seite umdrehen und mit der Abgabe von 6 Münzen eine Karte von der rechten Seite. Sobald ein Spieler alle sechs Karten umgedreht hat, gewinnt er.
Wie bekomme ich aber diese Ruhmtoken oder Münzen? Relativ einfach: In der Tischmitte liegt ein 3×4-Raster aus 12 Karten mit der Aktionsseite nach oben. In meinem Zug kann ich nun eine Karte als Würfelkarte nehmen, das heißt: Ich wähle eine Karte und drehe sie um. Vorher sehe ich nur die Farbe, aber nicht den Wert! Wichtig: Das Raster wird zunächst nicht wieder aufgefüllt. Möchte ich die Aktionen nutzen, muss ich die Karten bezahlen, indem ich Hand-Würfelkarten mit entsprechenden Farben und/oder Zahlen abwerfe.
Gebäudekarten sammle ich zunächst, ebenso Gewürzkarten. Schiffe lege ich ebenfalls aus, muss aber darauf achten, dass deren Zahlenwerte aufsteigend ausliegen. Ansonsten muss ich bereits ausliegende Schiffe wieder abgeben. Darüber hinaus gibt es Palastaktionskarten, die nach der Nutzung wieder abgelegt werden.
Warum will ich so viel sammeln? Ganz einfach: Die Zahl 3 ist bei Cards & Karma Trumpf! Immer wenn ich drei von etwas besitze, kann ich dies eintauschen. Drei gleiche oder drei verschiedene Gebäude bringen mir eine Verwalterkarte – die erhalte ich auch für drei Schiffe oder drei gesammelte Karma-Token. Karma-Token kann ich außerdem ausgeben, um den Zahlwert meiner Karten zu ändern.
Drei Verwalterkarten wiederum kann ich gegen zwei Ruhmtoken tauschen – und wir erinnern uns: Drei Ruhmtoken = eine Zahlleistenkarte umdrehen! Alternativ kann ich die Verwalterkarte nutzen, um eine zusätzliche Aktion auszuführen, sie als Würfeljoker verwenden oder zwei weitere Würfelkarten nachziehen.
An Geld komme ich durch den Verkauf von drei gesammelten Gewürzen, wieder drei gleiche oder drei verschiedene. Diese haben neben ihrem Symbol auch einen Zahlenwert, dessen Summe mir Münzen einbringt, die ich wiederum zum Umdrehen einer Zahlleistenkarte benötige.
Dem Spieler, dem es als Erster gelingt, alle sechs Zahlleistenkarten umzudrehen, gewinnt die Partie – und das war Cards & Karma!
Ich bin immer wieder überrascht, wie gut es Inka und Markus Brand gelingt, das Spielgefühl eines „großen“ Würfel-Kennerspiels in ein „kleines“ Familien-Kartenspiel zu packen. Für mich ist “Rajas” ein gehobenes Familienspiel; ich kann aber auch verstehen, wenn man von einem leichten Kennerspiel spricht. Cards & Karma spielt sich extrem fluffig und hat mir bisher immer Spaß gemacht – gerade weil es sehr stringente Regeln hat und man im Grunde sofort losspielen kann.
Die Entscheidungen fühlen sich gewichtig an: Welche Karte nutze ich als Würfel, welche als Aktion? Wird mein Mitspieler garantiert das Gebäude nehmen? Dann sollte ich es vielleicht vorher als Würfelkarte wegschnappen. Der Rundenablauf spielt ebenfalls eine spannende Rolle: Nachdem jeder einen Zug hatte, geht es in umgekehrter Reihenfolge zurück zum Startspieler, und erst danach wird die Auslage wieder aufgefüllt. Dadurch kann man auch hier taktisch agieren und sollte stets im Auge behalten, was die anderen sammeln.
Mittlerweile kann ich mir einen perfekten Rajas-Abend vorstellen: Cards & Karma als Vorspeise, Rajas of the Ganges als Hauptgang und Dice Charmer als Dessert – für mich klingt das nach einem gelungenen Abend. Fans von Rajas sollten auf jeden Fall einen Blick riskieren, aber auch allen anderen Spielern kann ich eine Testpartie nur empfehlen.
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