26.02.2015

Mars Attacks - Tabletop-Hybrid


Wenn ich an den Film Mars Attacks denke, dann habe ich eigentlich immer exakt eine Szene im Kopf. Nämlich jene bei welcher aus den Brüsten von zwei Alienbräuten kleine Laserkanonen herauskommen und die armen, überraschten Menschen auslöschen. Und nein! Das hat mich nicht nachdrücklich geschädigt. An den Rest erinnere ich mich aber so wirklich überhaupt nicht. Okay, die Marsianer hatten ziemlich große Köpfe wegen großen Gehirnen. Wahrscheinlich einfach zu viel komplexe Eurospiele gespielt, oder so. Ich gehe also völlig unvorbelastet an die Thematik des Spiels. Fast...


In Mars Attacks: Dem Miniaturenspiel haben wir ein klassisches Tabletop für zwei Spieler in Szenarioform. Während der eine die Invasion der Marsianer leitet und mit Laserkanonen alles kurz und klein schießt, versucht der Gegenspieler mit Soldaten und Helden die Erde zu verteidigen. Das Spielprinzip ist dann genau so einfach, wie sich die Einleitung anhört. Bewegen, schießen, bewegen, schießen.
Zuerst stechen jedoch die Komponenten ins Auge. Nicht nur, dass wir ein echt schickes Regelbuch haben und eine großflächige Spielmatte im Großstadtdesign. Nein, wir haben auch unzählige Miniaturen in fast immer unterschiedlichen Posen und wir haben coole zusammenstellbare Umgebungsgegenstände. So rüsten wir die Stadt mit Stopschildern, Briefkästen, Zäunen, Parkbänken und Häuserruinen aus, um Deckung zu schaffen, welche spieltechnisch ziemlich cool integriert wird. Und mal ehrlich: Das Feld sieht dann auch noch echt ziemlich geil aus!
Einziger Wehrmutstropfen sind die mitgelieferten Helme der Marsianer. Die sehen zwar schick aus, aber sitzen dann doch leider so lose auf den Köpfen, dass sie bei der geringsten Bewegung wieder abfallen. Kleben ist sicherlich eine Lösung, aber ein wenig Vorarbeit ist nötig, denn die Flächen sind nicht glatt aufliegend. Dennoch kein Vergleich zur Vorarbeit bei anderen Spielen wie beispielsweise Shadows over Brimstone.
Alles in allem zeigt sich aber, was eine erfolgreiche Kickstarterkampagne bewirken kann. Mehr Startkapital, bessere Komponentenqualität, schöne Umsetzung der Vorstellungen. Man muss sich unweigerlich fragen, ob eine derartige Produktion (Komponententechnisch) auch ohne vorheriges Crowdfunding gewagt worden wäre.


Rein spielerisch bietet Mars Attacks dann einfache Kost. Es gibt zwar eine Vielzahl an Szenarien, die mitgeliefert werden, diese unterscheiden sich aber rein spielerisch lediglich von der Anzahl der Einheiten, den Einheitentypen und den Siegbedingungen. Schlussendlich geht es aber immer darum sich gut zu positionieren, zu schießen und gut zu würfeln. Dabei ist besonders gut würfeln entscheidend.
Die Sichtregel ist dabei sehr auf die Regeln von echten Miniaturenspielen heruntergebrochen und völlig losgelöst von Sichtregeln bei Brettspielen. Hier gilt nämlich der Grundsatz: Kann ich aus der Perspektive des Miniaturenkopfes den anderen sehen, dann sehe ich ihn. Die richte Stellung auf den einzelnen Spielfeldern ist daher umso entscheidender. So muss ich beispielsweise aufpassen, dass meine Miniaturenbase nicht aus der Ecke, hinter der ich mich verstecke, hervorschaut. Das Ganze Prinzip ist zwar realistisch umgesetzt, zum Teil aber etwas umständlich. Also immer nach dem Motto "Moment ich muss mal grad hier rum um den Tisch und gucken, ob Dein Soldat so meinen Marsianer sieht, wenn ich ihn so hinstelle". Teilweise dann doch etwas zeitaufwendig.
Der Kampf ist dann verblüffend einfach. Ich schieße, schaue, ob teilweise Deckung durch Gegenstände besteht, ermittle anhand von Tabellen meinen Würfelpool und hoffe auf Erfolge. Der Verteidiger tut das selbe und hofft auf Verteidigungswürfe. Erfolg? Einheit tot!
Ein wenig Würze kommt dann noch durch die diversen Aktionskarten ins Spiel. Diese sind doppelseitig. Dadurch weiß ich auch stets, welche Karte mein Gegner schon einmal nicht haben kann, da ich sie ja in der Hand habe.
Natürlich gibt es noch viel mehr. Riesige Monster, die ins Geschehen eingreifen, Sonderregeln, die das Prinzip leicht variieren etc.


Mars Attacks ist spielerisch einfach gehalten. Einfach und thematisch. Die verschiedenen Möglichkeiten der Deckung auf dem Spielfeld sind toll und können bei richtigem Nutzen einen enormen Vorteil bringen. Die Sichtregeln sind ebenfalls sehr thematisch umgesetzt, aber verlangsamen, wie bereits oben angedeutet, leider dadurch ein wenig den Spielfluss. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb Mars Attacks mit knapp über 100 Minuten Spieldauer pro Partie schon fast die kritische Grenze überschreitet. Die Möglichkeiten sind dann doch eher beschränkt bei der Aktionswahl und viel wird eben doch durch das Würfelglück entschieden. Für mich wäre eine Spieldauer von 30 bis 40 Minuten angenehmer gewesen. Sei´s drum!
Mars Attacks unterhält trotzdem und ist noch dazu ein echter Hingucker. Bemalt sieht das Ganze dann vermutlich noch viel schicker aus, als es schon jetzt ist. Es ist spielerisch ein Mix aus Brettspiel und Tabletop und bietet vielleicht gerade Brettspielern die Möglichkeit in die Welt der Tabletops einzusteigen. Ohne Armeen zusammenstellen zu müssen, ohne Gelände zu kaufen oder ohne ewig lange Regelbücher und Tabellen durchforsten zu müssen.


Mars Attacks von Jake Thornton
Erschienen bei Mantic Games
Für 2 Spieler in ca. 100 Minuten
Boardgamegeek-Link

Vielen Dank an den Heidelberger Spieleverlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Mantic Games)