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09.07.2025

Minos - Anbruch der Bronzezeit



In der glorreichen Vergangenheit der Menschheit ging es stets eher robust und rau zu. Kriege standen quasi an der Tagesordnung – immer mit dem Ziel, Territorien zu erobern oder zu verteidigen. In der Bronzezeit gab es die Minoer, ein Volk auf dem Gebiet des heutigen Kreta, das sich darum bemühte, Frieden und Wohlstand ohne brutale Eroberungszüge zu wahren. Genau das ist auch unser Ziel im Expertenspiel „Minos“ von Stanislav Kordonskiy für 1–4 Spieler ab 14 Jahren: Wir wollen als Anführer aller Stämme hervorgehen. Kordonskiy dürfte erfahrenen Spielern ein Begriff sein – Titel wie Rurik, Endless Winter oder Nova Roma stammen ebenfalls aus seiner Feder.

Mechanisch dreht sich in Minos alles um das Wohl unseres Stammes, das über ein Würfel-Drafting-System gestaltet wird. Zu Beginn jeder der vier Runden werden Würfel geworfen. Es gibt sie in vier Farben – Rot, Gelb, Blau und Grau – und je nach Spieleranzahl in unterschiedlicher Menge. Die farbigen Würfel stehen auch jeweils für Fortschrittsleisten, während die grauen eine Art Joker darstellen.



Jeder Spieler draftet vier Würfel und platziert diese direkt auf einem Aktionsfeld. Dabei wird der Würfel so eingesetzt, dass der höchste Wert nach rechts und der niedrigste nach links geschoben wird – entscheidend, denn die weiter rechts liegenden Aktionen sind in der Regel schwächer.

Die Würfelwerte sind aber nicht nur für die Aktionsstärke entscheidend, sondern auch für Fortschritte auf den Leisten: Wenn ein Spieler in einer Farbe (inklusive zugeordneter grauer Würfel) eine Summe von 9 oder mehr erreicht, steigt er dort ein Feld auf, erhält einen Bonus oder verbessert sein Einkommen in der nächsten Runde.



Sobald alle Würfel verteilt wurden, führen die Spieler ihre Aktionen aus – beginnend mit dem Würfel mit dem höchsten Wert. Das erfordert Planung: Wählt man ungünstig, kann es passieren, dass Aktionen in späteren Zügen keinen Nutzen mehr bringen. In solchen Fällen darf man den Würfel zwar verfallen lassen, erhält dafür aber zwei Münzen.

Die vier Basisaktionen sind recht klar:

Stämme einsetzen oder bewegen: Stämme vom eigenen Tableau aufs Spielfeld bringen oder verschieben, um Vorherrschaft in Regionen zu erlangen.

Bauen: Städte errichten, Türme hinzufügen oder Boote bauen und bewegen – letzteres ermöglicht den Zugang zu Handelsrouten und Boni, sowie Bauernhöfe platzieren, dafür müssen allerdings eigene Stämme von der Karte genommen werden.

Dekretkarten: Eine Aktion erlaubt das Ziehen neuer Karten, eine andere das Ausspielen (kostenpflichtig in Münzen).

Eine fünfte Aktion fungiert als Joker, mit der man eine der vier vorgenannten ausführen darf.


Von den 144 Dekretkarten (aufgeteilt in zwei Zeitalter) sind viele sehr mächtig. Das Ausspielen kostet Münzen, kann aber durch Rohstoffe (dauerhaft oder einmalig nutzbar) vergünstigt werden. Hat man den passenden Rohstoff vorrätig, reduziert sich der Preis um drei Münzen.

Ein weiteres Element: Tableau-Building. Bereits ausgespielte Karten können kostenlos in den eigenen Palast geschoben werden. Die untere Kante bleibt sichtbar und gewährt Vorteile – z. B. zusätzliche Boni bei bestimmten Aktionen oder Würfelwerten. Will man eine Handkarte direkt in den Palast legen, muss man dafür die aufgedruckten Siegpunkte abgeben.

Trotz pazifistischem Thema bleibt auch ein Hauch Konflikt nicht aus: Es gibt Waffen, mit denen man Seevölker bekämpfen kann – nicht andere Spieler. Das gilt als Zusatzaktion, die man jederzeit ausführen darf. Dafür nimmt man einen eigenen Stamm vom Spielplan, gibt Waffen entsprechend dem Seevolk ab und erhält einen Bonus. Waffen lassen sich auch einsetzen, um Einheiten zu bewegen oder einmalige Rohstoffe aus Regionen zu erhalten, in denen man präsent ist. Eine weitere Zusatzaktion ist, Handkarten beliebig 1:1 gegen Münzen zu tauschen, wodurch es schon interessant werden kann, die Dekretkarten zu sammeln.


Das Spiel dauert vier Runden, in denen jeder Spieler vier Aktionen ausführt – insgesamt also nur 16 Züge pro Spieler. Trotzdem entwickelt sich daraus eine beachtliche Spieltiefe. Nach Runde zwei erfolgt eine Zwischenwertung basierend auf der Präsenz in Regionen; nach Runde vier gibt es die Endwertung, inklusive zusätzlicher Punkte. Ab der dritten Runde werden außerdem alle Dekretkarten durch neue ersetzt.

Wer nach vier Runden die meisten Punkte gesammelt hat, wird Anführer der Minoer. Glückwunsch!

Thematisch holt mich Minos persönlich nicht besonders ab – das Setting bleibt etwas blass. Spielerisch hingegen ist es ein echter Brocken auf Expertenniveau. Die Mischung aus Dice-Placement, Engine-Building und taktischen Entscheidungen mit einem Quäntchen Glück durch Würfel und Karten sorgt für intensive Partien. Die Masse an Dekretkarten macht es zwar schwer, gezielt auf Synergien zu spielen, doch sie sind alle nützlich – was an Res Arcana erinnert, nur eben eine Stufe komplexer.


Materialseitig überzeugt Minos mit hochwertig bedruckten Meeples, Doublelayer-Tableaus und einem klar strukturierten Spielplan. Wer auf komplexe Eurogames mit taktischer Tiefe steht, wird hier glücklich. Für meinen Geschmack hätte es etwas weniger Karten geben dürfen – aber das ist Meckern auf hohem Niveau.

Minos ist für mich ein Keeper. Ich liebe anspruchsvolle Kenner- und Expertenspiele – auch wenn ich langsam den Reiz leichter Familienspiele zu schätzen lerne.

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Minos von Stan Kordonskiy
Erschienen bei Giant Roc
Für 1-4 Spieler in ca. 90-150 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier GiantRoc)
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07.07.2025

30 Seconds


Es gibt Partyspiele, die kennt jedes Kind. Da wäre zum einen Tabu: Teamweise auf Zeit möglichst viele Begriffe erklären, damit das eigene Team Punkte bekommt. Dabei immer drauf achten, bestimmte Wörter nicht zu nennen. Und da gibt es Pictionary. Fünf Begriffe malen, Reihenfolge egal. Schnell schnell.

Und nun kommt 30 Seconds um die Ecke. Mit einem ganzen Batzen an doppelseitig bedruckten Karten. Jede Seite hat fünf Begriffe vor gelbem oder blauem Hintergrund. Dazu gibt es ein Spielbrett, eine Spielfigur pro Team und eine Sanduhr, die die titelgebenden 30 Sekunden lang herunter rieselt.


Grundsätzlich ist ein Spiel zu dritt oder mit mehr als zwei Teams möglich, die Regel empfiehlt aber zwei Teams mit möglichst vielen Personen. Dann geht es los. Team 1 würfelt, dreht die Sanduhr, zieht eine Karte, dreht sie auf die Farbe, die das Feld der Spielfigur vorgibt und eine Person versucht, so schnell es geht alle fünf Begriffe dem eigenen Team zu erklären. Verbotene Begriffe gibt es nicht, nur Übersetzungen, Ableitungen und "klingt wie" sowie "Beginnt mit x" sind verboten.

Die erraten Begriffe werden gezählt und die gewürfelte Zahl davon abgezogen. Die Differenz gibt die Anzahl der Felder vor, die mit der eigenen Teamfigur gelaufen werden darf (rückwärts muss man nicht). Das Team, dessen Spielfigur als erstes ins Ziel kommt, gewinnt.


Dem Grunde nach haben wir hier mit 30 Seconds also eine ganz solide Tabu-Variante, bei der es mehr auf Tempo, als auf das Einhalten von Regeln ankommt. Passenderweise kann man sich laut einer Regelvariante das Würfeln auch einfach sparen.

Die Begriffe selbst sind abwechslungsreich und manchmal ganz leicht, manchmal etwas schwieriger zu erklären. Die Mischung passt also für alle Altersgruppen.

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30 Seconds von Calie Esterhuyse
Erschienen bei Denkriesen
Für 3 - 24 Spielende in 30 Minuten ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Denkriesen)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine zusätzlichen Kosten, wir erhalten eine kleine Provision.

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03.07.2025

Yro: Dein Weg zur Gildenlegende


Dem guten alten Roll Player wurde schon oft vorgeworfen, dass es etwas merkwürdig ist, wenn man sich zwar einen tollen Helden zusammenwürfelt, am Ende aber nichts mit ihm anfängt. Dementsprechend kamen bereits mit der ersten Erweiterung Monster ins Spiel, die unsere Helden bekämpfen können. Schaut man sich nun das Thema von Yro an, könnte man schnell auf ähnliche Gedanken kommen. Zwar erwürfeln wir uns hier keine Heldin, dafür gründen wir eine Gilde, die dann zur Belohnung in kein Abenteuer starten darf. Denn auch hier, zählt wie bei erwähnten Oldi, am Ende nur, welche Zahlen man auf dem Tisch liegen hat. Doch ist das gar nicht schlimm, denn zumindest dürfen sich unsere Gilden mit einander messen.


Yro
kommt in einer mittelgroßen Schachtel mit toller Mangaoptik und Magnetverschluss daher. In der Schachtel finden wir einen Stapel Karten, ein Spielbrett, ein paar duallayer Playerboards und eine Handvoll Token. Dazu gesellt sich eine Anleitung, die zwar durchaus kompakt ist, die zu meiner Überraschung aber länger ausfiel, als ich erwartet hatte. Doch keine Angst, wir bleiben auf niedrigem Kennernivau. Im Kern haben wir hier einen Engine- bzw. Tableaubuilder, der sich in Absackerzeit runterspielen lässt: Wer mitspielt bekommt ein Spielendenbrett und vier Holzmarker. Zwei davon legt man als Technik- und Magieanzeige auf das eigene Board, die anderen zwei als Siegpunkt und Stärkeanzeiger auf das Hauptspielbrett. Dazu bekommen wir jeweils fünf Karten vom gemeinsamen Stapel und 5 Geld. Los geht’s:


Das Spiel läuft in einer variablen Rundenzahl bis das Spielende eingeläutet wird, wobei jede Runde in sechs Phasen unterteilt ist. Alle Phasen werden gleichzeitig gespielt. Zuerst dürfen wir beliebig viele Karten ablegen und auf 5 Handkarten aufziehen, dann dürfen wir entweder 2 Karten zum jeweils angegebenen Preis ausspielen, eine Karte mit einem Rabatt von 1 ausspielen oder keine Karte ausspielen und dafür 3 Geld bekommen. Diese Phase ist das eigentliche Herz von Yro: Spielen wir Karten aus, müssen wir diese in ein 3x3-Raster legen. Dabei müssen wir drauf achten, dass jeder Held bzw. jede Heldin eine Herkunft und eine Profession hat. Schaffen wir es, in einer Zeile oder Spalte drei Karten der gleichen Herkunft und/oder Profession zu legen, bekommen wir einen Bonus. Aber nicht nur das ist wichtig. Manche Helden bringen einen Sofortbonus beim Ausspielen mit sich, andere wiederrum bringen Kampfstärke und sollten daher in die erste Zeile jeder Spalte gespielt werden (dazu gleich mehr), wieder andere bringen in den späteren Phasen Boni – und das in jeder Runde. Und das führt zu schönen Denkaufgaben, denn die Fragen „welche Karte(n) spiele ich überhaupt?“ und „wo spiele ich sie denn hin?“ sind stark miteinander verwoben. Anschließend wird die Kampfstärke der Gilden verglichen. Hierbei zählt man in jeder Spalte den Stärkewert der obersten Karte sowie ggf. Boni durch tieferliegende Karten zusammen. Wer gewinnt, bekommt Siegpunkte doch auch die darunterliegenden Platzierungen gehen nicht ganz leer aus (bis auf den letzten Platz, dieser bekommt nichts). Nach dem Kämpfen produzieren wir Technik- und Magiepunkte, sofern wir Helden haben, die dies ermöglichen. Diese Punkte wiederrum nutzen andere Helden für Kampfboni oder um Siegpunkte zu generieren. Anschließend folgt die Einkommensphase und wir bekommen Geld – immer 3 plus Boni durch ausliegende Helden. Die letzte Phase ist dann die Siegpunktphase, in der eben jene Heldeneffekte getriggert werden, die Siegpunkte bringen (einfach so, oder eben für z.B. Technikpunkte).


Das Spielende wird eingeleitet sobald jemand 40 Siegpunkte erreicht hat oder aber min. ein 3x3-Raster vollständig ist. Die laufende Runde wird dann noch zu Ende gespielt. Grade aufgrund des 3x3-Raster-Endes ist Yro also durchaus auch ein Wettrennen – auch wenn nicht immer die Person gewinnt, die als erstes ihr Raster voll hat. Denn wer nur auf das volle Raster spielt, ist gezwungen, immer nur die günstigsten Helden anzuwerben – die dann oft wenig Siegpunkte bringen. Am Ende gewinnt nämlich nicht die vollste Gilde, sondern die mit den meisten Siegpunkten. Ein Schlusswertung gibt es dabei eigentlich nicht da ja am Ende jeder Runde eine Wertung stattfindet, auch wenn ganz am Ende nochmal übrige Münzen 3:1 in Siegpunkte getauscht werden (doch auch da kann es zu Überraschungen kommen!). Zu diesen Regeln gesellen sich noch drei Varianten: Eine für das Solo-Spiel (wobei ich persönlich das Spiel überhaupt nicht als Solospiel sehe und die Variante eher mau finde), eine Draftingvariante für den Start des Spiels (nett, aber durch den möglichen Mulligan zu beginn nicht ganz so wichtig) und eine Quest-Variante. Grade letztere könnte man auch als Mini-Erweiterung sehen und ich spiele das Spiel nicht ohne sie: Zu beginn des Spiels werden 4 zufällige Questkarten ausgelegt. Diese beschreiben Ziele, wie z.B. „sei die erste Person die Stufe 3 der Technologieleiste erreicht“. Wer eine Quest schafft, bekommt 3 Bonuspunkte. Im Kern sind diese Questpunkte niemals wirklich spielentscheidend, sie fügen der Heldenrekrutierung aber nochmal einen zusätzlichen Aspekt hinzu und machen die Auswahl dann einfach nochmal ein kleines bisschen interessanter.


Und so ist Yro ein kleines, gefühlt verkanntes, Juwel. Ein toller Engine-Builder mit familientauglichen Regeln, der schnell erklärt und schnell gespielt werden kann, der interessante Entscheidungen und durchaus überraschende Wendungen mit sich bringt. Durch die durchaus beträchtliche Zahl an Karten und unterschiedlichen Heldinnen und Helden ist Abwechslung vorprogrammiert und man entdeckt immer wieder eine neue „coole Kombo“. Und dazu kann das Ganze noch in unter 30 Minuten gespielt werden. Doch Achtung: Bei diesen 30 Minuten wird es nicht bleiben – zumindest war das bei uns so – denn jede Partie schreit gradezu nach einer Revanche, die auch ganz schnell gespielt werden will. Die Kehrseite der Medaille ist aber eben, dass es abseits des Stärkemessens und des Wettrennens eben keinerlei echte Interaktion gibt und man „super Kombos“ nicht stoppen kann, sondern dann eben schon schnell weiß, dass man wahrscheinlich verlieren wird. Dafür pfuscht einem eben auch niemand in die schöne eigene Kombo rein. Und dank kurzer Spielzeit und dem gleichzeitigen Spielen, ist das ehrlicherweise überhaupt nicht schlimm. Unterm Strich ist Yro ein richtig tolles Familienspiel und ein mega Absacker für alle Vielspielenden.

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Yro von Masato Uesugi
Erschienen bei Heidelbär
Für 1 - 5 Spielende in 20 - 30 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Heidelbär)
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02.07.2025

Heroes of Timeline


Heroes of Timeline des Autors Oleh Shyianovskyi ist ein abstraktes Strategiespiel für zwei Personen. Es besticht durch sehr schlanke Regeln und eine kurze Spielzeit. In der Regel dauert keine Partie länger als 30 Minuten - oftmals deutlich kürzer. Das Spiel ist das Erstlingswerk des Autors und laut seiner Aussage hat er sich mit Heroes of Timeline selbst genau das Spiel designed, welches er immer schon eimmal spielen wollte und es aber noch nicht gab. Der Titel erscheint im eigens für das Spiel gegründeten Verlag und ist in Deutschland am einfachsten auch über die Homepage von Heroes of Timeline Ltd. zu erwerben. 

Bei Heroes ot Timeline führen wir Teams von Helden gegeneinander in die Schlacht. Am Ende gewinnt, wer das gegnerische Team eleminieren konnte oder über fünf Runden am häufigsten das Spielbrett dominiert hat. Im vorliegenden Basisspiel sind vier Heldenfraktionen enthalten, welche mit drei verschiedenen Schwierigkeiten gerated sind. Laut dem Autor sind Erweiterungen zu dem Titel in Planung. Gespielt wird auf einem Spielbrett in Hexagonform, welches aus 127 kleinen Hexagonfeldern besteht. Aufgeteilt ist das Brett in sechs Sektoren, welche sich gleichmäßig um ein zentrales Hexfeld anordnen. Dominiert man dieses am Rundenende, so gewinnt man die Spielrunde. Beherrscht niemand dieses Feld so wird geschaut, wer die meisten Sektoren kontrolliert.

 


Angelegt ist Heroes of Timeline in einem Fantasysetting, welches allerdings nicht wirklich beschrieben wird. Die vier Teams Dragon Hunters, The Institute, Guards of Widgat und Hidden Temple haben allerdings schon jewiels eine Hintergrundgeschichte und ein teamumgreifendes Thema bekommen. So richtig übereinbringen konnte ich die verschiedenen Hintergünde jedoch nicht. Sie scheinen sich jedenfalls aus irgendwelchen Gründen irgendwo auf der Zeitline zu treffen und sich dort zu duellieren. Alles ein wenig abstrakt. Dies ist aber auch nicht so unpassend. Abgesehen vom Thema ist Heroes of Timeline nämlich ein abstraktes Strategiespiel. Dies merkt man dem Spielmaterial und der Gestaltung des Brettes auch sehr an. Es ist sehr funktional gehalten und auf dem Spielbrett sind im Grunde wirklich nur Hexfelder in blauen Farbtönen angeordnet. Davon wiederum heben sich die adretten Anime-Illustrationen der Grafikerin Viktoria ab, welche sich auf den Team- und Charakterkarten sowie den Pappteilen für die Helden-Bases wiederfinden. Besagte Heldenfraktionen wirken ein wenig wild zusammengewürfelt. Thematisch kommen sie wohl aber auch einfach von irgendwoher aus der Zeitlinie.

 


Bei Heroes of Timeline bestehen die zu spielenden Teams aus 3-5 Helden. Jedes Team hat eine für das Team geltendende Spezialfähigkeit. Am Beginn der Partie platzieren die Spielenden erst einmal jeweils sechs Mauerteile in den drei Sektoren, welchen ihnen am nächsten sind. Danach geht es weiter mit dem Aufstellen der Helden in der eigenen Aufstellzone. Beide Vorgänge werden jeweils abwechselnd vollzogen. Und so geht es im Grunde auch das komplette Spiel weiter bis entweder ein Team komplett eleminiert wurde oder die fünf Spielrunden vorbei sind. Am Anfang einer Runde werden aber noch etwaige Sonderfähigkeiten aktiviert, welche am Rundenbeginn triggern und am Rundenende wird zu einem entschieden, wer die Runde gewinnt und der Verlierer noch mit dem Börds Punishment Pappteil bedacht.

 


Die eigentlichen Spielzüge hingegen laufen so ab, dass die Person am Zug sich dafür entscheidet, welchen Helden sie aktiviert. Dadurch kann sie die Figur dann bewegen und anschließend einen Angriff ausführen. Bereits aktivierte Helden können in der gleichen Spielrunde nicht noch einmal für eine Hauptaktion aktiviert werden. Erneut in das Geschehen eingreifen können sie nur, wenn ein Team in Unterzahl ist. Dann darf die das Team spielenden Person noch einen Reaktionszug mit einem bereits aktivierten Helden ausführen. Dieser Reaktionszug ist aber deutlich schwächer als die eigentliche Aktion.

Bei den Angriffen wird unterschieden zwischen Nahkampf- und Fernkampfangriffen. Abgesehen von dem Helden Greg können alle Helden beide Angriffsformen - jedoch in unterschiedlichen Ausprägungen. Helden unterscheiden sich nämlich durch die folgenden Punkte: Mögliche Bewegungspunkte, Reichweite für Fernkampf, Spezialfähigkeit sowie der Anzahl der Schildmarker. Letztere montiert man zu Spielbeginn nach freiem Gusto an der Base des eigenen Helden. Es wird unterschieden zwischen normalen Schildmarkern oder besonderen Schildmarkern. Es sind aber stets weniger Marker als die sechs Seiten, welche man an der Heldenfigur schützen will. Und hier kommen wir zum springenden Punkt im Kampf bei Heroes of Timeline. Ein Treffer auf einer nicht mit Schild geschützen Seite führt zur unmittelbaren Eleminierung des Helden aus dem Spiel. Treffer auf die Schildmarker wiederum downgraden oder zerstören Schilder. Nahkampfangriffe auf normale Schilder durchbohren diese sogar und führen ebenfalls zum unmittelbaren Ausscheiden der Helden.

 


Diese Treffer-Eleminierung-Verbindung führt dazu, dass man sehr geneigt ist nicht aus der Deckung zu kommen und den ersten Schritt zu machen. Nicht selten führt ein Angriff auf eine Figur zu einer Kaskade von Angriffen, so dass man sich gegenseitig vom Brett nimmt. Dies fühlt sich dann ein wenig wie Schach an. Heroes of Timeline ist auch ein Spiel mit komplett offenen Informationen und nicht der geringsten Prise Zufall. Es funktioniert im Grunde auch nur, wenn die beiden Spielenden die Fähigkeiten der beiden Teams gut im Blick haben. Dankbarer Weise gibt es jede Teamkarte zweimal, so dasss man sich immer für die Fähigkeiten und Werte der Figuren des anderen Teams selbst ein Bild machen kann. Einer meiner Mitspieler meinte, dass das Ganze ein wenig was von "wer sich als erster bewegt, der verliert" hat. Ich bin mir sicher, dass da wirklich was dran ist und deshalb der Autor das Punishment Papptoken ersonnen hat. Es geht immer an den Verlierer der letzten Runde. In der Regel ist dies die Person, welche sich am wenigsten aus der Deckung bewegt hat und somit keine Dominanz erlangen konnte. Sowieso hinten liegend bekommt man durch das Punisment Token dann auch noch einen Malus aufgedrückt. Dies fühlt sich falsch an, denn hinten liegend sind die eigenen Chancen ja eh schon schlechter. Um ein wenig Bewegung ins Spiel zu bringen und das Einturtlen zu vermeiden ist einer derartige Regel aber wohl zwingend nötig.

 


Ich muss leider sagen, dass Heroes of Timeline mich leider nicht gepackt hat. Seine Stärke hat es sicher darin, dass es ein sehr zugängliches abstraktes Strategiespiel für zwei Personen im Fantasygewand ist. Es hat wirklich äußerst einfache Regeln. Einzig das im Blick halten der Fähigkeiten der sechszehn Helden ist eine kleine Herausforderung bzw. Einstiegshürde. Nach ein paar Partien ist dies aber auch keine Schwierigkeit mehr. Kennt man diese Fähigkeiten, dann spielt sich der Titel wirklich sehr flott, sofern die Spielenden nicht in Analysis Paralysis verfallen. Am Ende ist es bei Heroes of Timeline einfach so, dass ein kleiner Fehler ziemlich umumgänglich die Partie entscheidet. Hat man einen Helden verloren und der oder die andere SpielerIn nicht, so war es das zumeist. Es ist eben zu entscheidend. Dies ist nicht so mein Ding. Gut daran finde ich jedoch, dass dies dann einzig an den Entscheidungen der SpielerInnen liegt und man bei Heroes of Timeline nicht durch Zufall ins Hintertreffen gelangen kann. Gar nicht sicher bin ich mir jedoch angesichts der Balancings. Das Spiel ist von den Fähigkeiten her total asymmetrisch. Vier Teamfähigkeiten und sechszehn verschiedene Helden mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Stats. Dazu dann noch unterschiedliche Teamgrößen von 3-5 Helden, welche durch schwächere Reaktionszüge ausgeglichen werden sollen. Meines Ermessens ist sowas gar nicht richtig zu balancen. Weiterhin kann es ja auch nicht wie bei anderen Spielen über das Spielgeschehen mit wachsender Spielerfahrung passieren. Heroes of Timeline ist ja ein Zweipersonenspiel. Es greift keine andere Macht ein und gleicht aus. Folglich sehe ich den Titel als abstraktes Strategiespiel ein wenig kritisch und würde persönlich lieber eher zu wirklich abstrakten Spielen mit symmetrischen Setup greifen. Schade finde ich auch, dass die Helden mit Bases plus Pappaufstellern repräsentiert werden und das Board so dröge daherkommt. Die Schildmarker finden zudem in den Bases auch nicht wirklich sicheren Halt. Zudem kommen die Mauern als lila Plastikteile daher, welche kleiner als die Helden selbst dimensioniert sind. Hier hätte man mit Miniaturen und einfachen Gestaltungsmitteln auf dem Spielbrett ein wenig mehr Immersion schaffen können. Dies wäre auch sicher gut weil der Titel am ehesten wohl seine Zielgruppe im Bereich von Casualganern mit Animebezug findet. Schachtel und Kartengestaltung machen in die Richtung auch wirklich durchaus etwas her. Meine Baustelle ist Heroes of Timeline nicht, für ein Erstlingswerk finde ich es aber durchaus ein beachtliches (Produkt-)Design.  

 


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Heroes of Timeline

Autor: Oleh Shyianovskyi 

Erschienen bei Heroes of Timeline Ltd.

Für 2 Spieler*innen ab 14 Jahren.

Spieldauer etwa 20-40 Minuten

 

Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Heroes of Timeline Ltd)
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30.06.2025

Obscurians


Wer jemals gedacht hat, dass der interstellare Schwarzmarkt ein dröger Ort ist, hat vermutlich nie die Wunderlampe in der Hand gehalten und drei Wünsche geäußert – etwa für bessere Würfel, raffiniertere Pläne oder einfach nur für ein wenig mehr Vorhersehbarkeit und Durchsicht. In Obscurians von Funtails tauchen wir ein in die zwielichtige Welt eines Schrottbasars auf einem Wüstenplaneten, wo niemand ist, wer er zu sein scheint und jede Handlung eine Finte sein könnte. Funtails sind Spezialisten für Deduktionsspiele, z.B. Feed the Kraken und die deutsche Lokalisation von Blood on the Clocktower, und servieren hier ein Spiel, das mit hochwertigem Spielmaterial glänzt und uns unsere Absichten verschleiern lässt.


Spielablauf: Würfeln, Waren tauschen, Verdächtigen

Jeder Spielende übernimmt die Rolle eines Obscurians, Schattenhändler mit geheimem Auftraggeber, der bestimmte Warenkombinationen verlangen. Ziel ist es, durch das geschickte Einsetzen von fünf Würfeln (Handlangeraktionen) Waren zu stehlen, zu tauschen, weiterzureichen oder zu sichern, dabei möglichst unauffällig zu bleiben und gleichzeitig andere zu enttarnen und ihre Rollen zu erraten.

Wer wem welche Ware warum gibt (oder nimmt), ist Kern der Deduktion: Mittels Verdachtchips versucht man, die Ziele der anderen zu erraten. Richtige Einschätzungen bringen am Spielende Punkte. Spannend wird es außerdem durch die asymmetrischen Rollen und die Rundenkarten, die jeder Runde einen neuen Effekt geben – von Sonderwürfen bis zu Aktionsverboten. Das Spiel endet abrupt, sobald der Sandsturm aufgedeckt wird – bis dahin sammelt man Punkte durch Waren, die dem eigenen Auftrag entsprechen und richtige Verdächtigungen.


Schnell verinnerlicht, abwechslungsreiche Aufträge

Besonders hervorzuheben in Obscurians ist zunächst die Materialqualität der Deluxe-Edition: Die Übersichtstableaus, Chips, Marker und Waren sind nicht nur hochwertig und funktional, sondern auch atmosphärisch gestaltet und vermitteln sofort das Gefühl, sich mitten auf einem schillernd zwielichtigen Weltraumbasar zu befinden. Die Illustrationen sind stimmig und heben das Setting zusätzlich hervor. In Kombination mit einem klaren und zugänglichen Spielablauf entsteht ein Einstieg, der auch weniger versierte Spielende nicht überfordert, zumal die zugrunde liegende Mechanik schnell verinnerlicht ist.

Die unterschiedlichen Auftragskarten für unsere Rollen greifen auf mehr oder weniger bekannte Mechanismen zurück – etwa Set Collection, Farbenmehrheiten oder gezielte Reduktion. Eine Rolle gibt es auch, mit der wir das Spiel gewinnen, wenn wir die wenigsten Punkte haben. So macht es Spaß, gezielt Waren zu sammeln (oder loszuwerden), um das eigene Ziel zu erreichen. Natürlich sollten wir dies aber nicht zu offensichtlich tun, weil unsere Rolle sonst schnell erraten ist. Die Mechanik mit den Verdächtigungen erinnert stellenweise an Camel Up, wenn mehrere gleichzeitig auf verdeckte Ziele wetten – nur eben mit gezieltem Kalkül.

Ergänzt wird das Ganze durch die Rundenkarten und die geschickte Steuerung der Spielerreihenfolge über die „Wunderlampe“, mit der sich taktische Möglichkeiten ergeben, die den eigentlichen Spielzug hinauszögern oder frühzeitig beenden können. Sie wird wie eine Ware gestohlen, verschoben, getauscht, um sich selbst in die beste Position zu bringen.


Würfelglück in größerer Runde

So weit, so gut – allerdings hat Obscurians auch ein paar Schattenseiten, die über den Basar hinausreichen. Die vielleicht größte Schwäche ist der starke Einfluss des Würfelglücks. Zwar darf man gegen Abgabe eines Verdachtchips neu würfeln, doch das grundsätzliche Dilemma bleibt: Wer schlecht würfelt, dem bleiben häufig nur die unattraktiven Aktionen. Zusätzlich wirkt es im Spielverlauf nicht selten frustrierend, wenn ein aufwendig geplanter Zug durch eine simple Gegenaktion des nächsten Spielenden direkt wieder ausgehebelt wird. Ein Tausch oder ein Raub genügt und der eigene Zug ist wieder rückgängig gemacht. Gerade bei den Aktionsarten entsteht dadurch teilweise ein Gefühl von Beliebigkeit.

Hinzu kommt, dass der Ablauf insgesamt doch recht mechanisch wirkt: Würfeln, Aktion wählen, Waren handeln, weitergeben – die Züge folgen einem strengen Rhythmus, bei dem selten wirkliche Überraschungsmomente entstehen. Auch das Spielende, das durch das zufällige Auftauchen der Sandsturmkarte ausgelöst wird, kommt extrem abrupt. Einerseits verhindert dies, dass das Spiel zu sehr ausrechenbar ist, andererseits kann ein geplantes Finale so einfach wegbrechen, ohne dass man seine Strategie zu Ende führen konnte.


Und schließlich: Obscurians lebt von seiner sozialen Dynamik – und die entfaltet sich nur bei einer höheren Spielerzahl. Zu viert funktioniert das Spiel zwar formal, aber die Dichte an Verdächtigungen, Wechselwirkungen und falschen Fährten erreicht dann nicht das Maß an Interaktion, das die Spielidee eigentlich verdient. Je größer die Runde, desto lebendiger und reizvoller das Spielgefühl. So viele Personen muss man aber erst mal an den Tisch bekommen.

Fazit: Deduktion mit solidem mechanischem Fundament

Obscurians bietet eine clevere Mischung aus verdeckter Zielverfolgung, taktischem Ressourcenmanagement und subtiler Deduktion. Die Materialqualität und das Spielkonzept wissen zu überzeugen, ebenso wie die unterschiedlichen Aufträge und die stetig wechselnden Bedingungen durch die Rundenkarten. Gleichzeitig bleibt ein Eindruck von mechanischer Routine und der Glücksfaktor ist nicht ganz zu leugnen. Als taktischer Absacker oder kurzer Bluff-Basar ist Obscurians gut platziert. Kein abendfüllendes Event, aber ein angenehm kurzes Scharmützel mit viel Raum für Verdacht, Verrat und intergalaktischen Waren-Tausch.
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Obscurians von Rocky Bogdanski und Kai Wetzel
Erschienen bei Funtails
Für 4-7 Spielende in ca. 30-60 Minuten ab 12 Jahren

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Funtails)
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27.06.2025

Tatort Meer - Weihnachten im Gefahr

 

 
Tatort Meer - Weihnachten im Gefahr ist ein kooperatives Detektivspiel der AutorInnen Dorothee und Jonas Hufer. Es richtet sich an 1-5 Personen und sollte in der Regel in 90-120 Minuten lösbar sein. Dem Spielprinzip geschuldet, kann man den Titel danach nicht noch einmal spielen. Man kennt ja die Lösung. Da beim Spielen jedoch keine Materialien beschädigt werden, kann man das Spiel im Anschluss problemlos weiterverschenken. In der Reihe Tatort Meer sind bis dato schon fünf weitere Spiele beim Verlag Denkriesen erschienen und bei dem vorliegenden Titel handelt es sich, wie es der Namen schon erahnen lässt, um ein Setting, welches rund um das Weihnachfest angelegt ist. Handlungsort der Reihe ist stets die Vogelinsel.
 


Im aktuellen Fall ist nun eine als Weihnachtsmann verkleidete Person am schneebedeckten Strand erschossen worden und es liegt an uns den Fall aufzuklären. Wir gehen hierbei kooperativ vor und sichten gemeinsam die im Spielumschlag enthaltenen Beweismittel. Dabei agieren wir ohne Zeitdruck und wollen am Ende der Partie Fragen zu Verbrechenszeitpunkt, Motiv und Alibis der verdächtigen Personen korrekt beantworten. Unsere Erkenntnisse können wir hierzu auf einer Webseite eingeben und unser Erfolg bemisst sich an der Anzahl der korrekt beantworteten Fragen. Über die Webseite können wir uns auch Hinweise und Lösungen zu den Fragen holen. Weiterhin werden wir mit Audiofiles auch auf den Fall eingestimmt und am Ende durch einen Audioepilog für unsere Mühen belohnt. Ein Spielen des Titels ohne Internetzugang ist nicht möglich.
 

Ein Großteil der Ermittlungsarbeit erfolgt durch das Sichten der Beweismaterialien. Der Umschlag enthält jede Menge davon: Zeitung, Flyer, Bierdeckel, Fotos... Durch diese Materialien erhalten wir Hinweise zu den Akteuren der Geschichte und können uns nach und nach ein klareres Bild der Situation machen. Die Hinweise führen uns auch auf weitere Internetseiten oder lassen und Anrufe tätigen. Die grafische Gestaltung des Titels wurde von Folko Streese umgesetzt, welcher auch schon einige Adventure Games von Kosmos gestaltet hat. Der Look ist hierbei sehr realistisch und in meinem Augen ansprechend. Von der Materialqualität bewegen wir uns in dem Bereich von Papieren, welche man bei Flyeralarm etc. ordert um Werbung zu machen. Es liegt außer Papier auch kein wirklich spannendes Gimmick bei.
 

 
 
Die Lösung des Falles vollzieht sich vor allem durch Kombinieren und Zusammentragen der Informationen. Es gibt nur sehr wenige wirkliche Rätsel, in dem Sinne, dass man einen Passwort oder einen Code knacken sollte. Fast alles was man macht, beruht auf dem Entdecken und Abgleichen von Informationen. Meiner Ansicht nach ist die ganze Geschichte auch schlüssig angelegt, so dass man den Fall am Ende gut nachvollziehen kann. Vom Schwierigkeitsgrad würde ich die Anforderung als nicht sonderlich hoch ansehen. Wir haben keine Hinweise gebraucht. Erfahreneren Krimispielern dürfte die Herausforderung bein Weihnachten in Gefahr dementsprechend wahrscheinlich ein wenig zu gering sein. Insgesamt kann ich den Titel aber durchaus empfehlen. Wir hatten einen schönen Abend und würden auch weitere Titel der Reihe spielen. Weihnachten in Gefahr ist aber sicher kein Highlight-Titel des Genres. Hierfür fehlt meines Ermessens noch ein ganzes Stück an Rätseltiefe und weiterhin auch an mulimedialen Gimmicks wie Chatbots, interaktive Webseiten, Videos... Die Konkurenz fährt zu einem vergleichbaren Preis hier mit deutlich mehr auf. Als eher entspannteres Spiel rund ums Fest aber meines Ermessens trotzdem keine schlechte Option.
 

 

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Tatort Meer - Weihnachten in Gefahr

Autor:  Dorothee Hufer, Jonas Hufer

Erschienen bei Denkriesen

Für 1-5 Spieler*innen ab 14 Jahren.

Spieldauer etwa 90-120 Minuten



Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Denkriesen)













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26.06.2025

Black Forest


Black Forest. Klingt immer irgendwie geheimnisvoll, nach Fantasy - und auch das Spielecover lässt erwarten, dass gleich ein Elb hinter dem nächsten Baum hervorspringt. Dass der Titel aber letztlich den guten alten Schwarzwald meint und die entsprechende Kirschtorte sowie die entsprechende, bekannte Klinik (die lustigerweise tatsächlich als Gebäude im Spiel vertreten ist) nicht weit sind….mag vielleicht überraschen. Aber keine Sorge, hier wird nicht gebacken oder operiert, sondern geplant, geschoben und gebaut. Und das mit einem besonderen Kniff. Denn auch wenn vieles hier bekannt wirkt (und auch aus der Glasstraße bekannt sein dürfte - wobei ich diese nicht kenne und somit nicht vergleichen kann), ob nun Workerplacement, Plättchenlegen bzw. Tableaubuilding oder Ressourcenmanagement, steckt der Teufel im Detail. Und dieser Teufel fährt total auf Drehscheiben ab.


Das Herzstück des Spiels sind nämlich zwei Ressourcenräder, die eigentlich (Kuckucks?)Uhren sind. Und ja, das klingt erst mal nicht sonderlich spektakulär. Aber was sich da in unseren beiden jeweiligen Rädern in Bewegung setzt – oder eben nicht –, das ist einfach großartig. Dabei bleibt das Spiel in seinen Grundregeln erstaunlich klar, fast schon simpel. Ich laufe mit meiner Arbeiter/in über den Spielplan, besuche Handwerker (= Einsetzfelder), bekomme dafür Waren oder Boni, darf vorher sogar durch einen cleveren Tauschmechanismus (den fahrenden Händler) Plättchen tauschen. Um von einem Dorf ins nächste zu kommen, brauche ich Proviant. Meinen Proviant muss ich aber erstmal im Ressourcenrad produzieren. Die Krux ist dabei aber folgende: Ich habe zwei solcher Räder und beide sind geteilt in eine Ressourcen- und eine Warenseite. Die Ressourcenseite besteht aus je 8 Felder, die für Waren aus 4. Auf den Feldern liegen Marker für die einzelne Ressource/Ware. Bekomme ich Ressourcen, so laufen die entsprechenden Marker im Uhrzeigersinn. Bekomme ich Waren, laufen diese gegen den Uhrzeigersinn. Habe ich auf dem 3er-Warenfeld keine Waren und auf dem 0er-Ressourcenfeld keine Ressourcen, dann drehen sich meine Zeiger, bis eines der beiden Felder wieder belegt ist. Ich produziere also automatisch Waren und gebe ebenso automatisch Ressourcen aus. Und dieser Effekt tritt sofort und unbarmherzig ein, sobald die Bedingungen erfüllt sind – auch mitten in meinem Zug. Und jedes Mal, wenn ich glaube, alles richtig gemacht zu haben, merke ich plötzlich: „Oh, da hat sich das Rad zu früh gedreht, jetzt fehlt mir genau das eine Holz, das ich eben noch eingeplant hatte.“ Und das ist manchmal durchaus frustrierend und nicht selten fragt man die Gruppe „darf ich den Zug nochmal rückgängig machen?“. Kann nerven. Nach ein paar Partien achtet man aber darauf und lernt die strategischen Vorteile dieser Mechanik zu schätzen.


Aber all dieses wandernde Workerplacement und Ressourcendrehen ist eigentlich nur das Ressourcenmanagement. Siegpunkte gibt es hier kaum. Die eigentliche Punktejagd läuft über das eigene Playerboard. Mein Gut, das ich mir zusammenpuzzle. Und genau hier trennt sich die Schere zwischen den eigentlich simplen Regeln und einem ganzen Fass an (zu Beginn) schier unmöglich zu überblickenden Handlungsalternativen. Denn ich muss Gebäude errichten, um mein Gut auszubauen und zu punkten. Und diese Gebäude sind zahlreich, ihre Effekte vielseitig (wenn auch in 4 Typen unterteilt), jedes Gebäude gibt es nur ein einziges Mal, Kettenreaktionen sind möglich, und allein herauszufinden, was ich wann brauche, um was wo hinzulegen und was ich auf meinen Rädern tun muss oder welche Plättchen ich schon haben muss, um mir ein Gebäude leisten zu können, ist eine Herausforderung für sich. Aber eine, die sich lohnt. Denn nur wer hier den Überblick behält, Ressourcen richtig plant und geschickt kombiniert, wird reich belohnt.


Aber genug der Mechanik, kurz noch hin zu Material und Optik: Beides super. Ok, das war vielleicht ein wenig zu kurz. Sämtliche Komponenten sind zum Thema passend heimelig gestaltet und die Qualität ist super. Das richtig tolle Cover-Design allein beschreibt schon das Spiel fast perfekt: Schlicht und doch mit ganz viel Tiefe. Ein großes Lob muss ich an dieser Stelle aber auch der Redaktion für die Anleitung aussprechen. Alles ist klar strukturiert, gegliedert und erklärt. Nicht zu viele Worte, klare Beispiele und sprechende Bilder. Die schlanken Regeln werden eingängig erklärt und man kann wirklich sehr schnell losspielen. Wenn da nicht direkt die 40(!!!) unterschiedlichen Gebäude wären, die man sich erstmal zu Gemüte führen muss, aber dafür kann die Anleitung nichts.


Am Ende bleibt mir nur zu sagen, dass ich diese gefühlte Leichtigkeit bei Black Forest sehr mag. Es braucht keine hunderte Regeln, um ein komplexes Spiel zu sein. Im Gegenteil zeigt es sehr schön, wie schlicht und leicht durchaus komplexe Spiele daher kommen können. Dadurch kann man es auch wochenlang im Schrank verstauben lassen, rausziehen, aufbauen und hat die Regeln ruck-zuck wieder parat. Natürlich gibt es aber auch Punkte, an denen man sich die Zähne ausbeißen kann. Der eben erwähnte Einstieg ist erstmal ein blankes Entsetzen, weil man zunächst verstehen muss, wie die Gebäude ineinander greifen. Und das auch noch in jeder Partie anders, da immer 10 zufällige Gebäude pro Partie auf ihre B-Seite gedreht werden und auch die großen Gebäude variieren. Dadurch wird man mit zunehmenden Partien natürlich in seinen Entscheidungen besser und lässt Neulinge schnell alt aussehen. Es ist also eher ein Spiel für eine feste Gruppe.


Unterm Strich triff Black Forest bei mir aber einen Nerv: Schlanke, fast schon einfache Regeln treffen auf komplexe Entscheidungen und damit viele Möglichkeiten zum Ausprobieren, Austoben und ja, manchmal auch Scheitern. Aber für mich als Bauchspieler ist ohnehin der Weg (also das Spiel an sich) das Ziel (also der Spielspaß) und nicht das Gewinnen-Müssen. Und diesen Weg hier gehe ich sicherlich noch oft sehr gerne - vorher brauche ich aber ausreichend Proviant.

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Black Forest von Uwe Rosenberg und Tido Lorenz
Erschienen bei Feuerland Spiele
Für 1-4 Spielende in 60 - 120 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Feuerland Spiele)
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