08.06.2017

12 Realms - Es war einmal ein vollkooperatives Märchenspiel


Es war einmal ein kooperatives Märchenspiel, was den weiten Weg übers Crowdfunding wagte. Da das kleine Märchenspiel aber auch im deutschen Spielraum berühmt werden wollte, fuhr es sogar mehrgleisig und schaffte somit die Finanzierung auf beiden Plattformen gleichzeitig.
Als das Märchenspiel dann aber das Licht der Welt erblickte, wurde es von den großen bösen Rezensenten in der Luft zerrissen. "Eine Frechheit" sei die Produktionsqualität, "völlig belanglos" wäre das Spielprinzip und "absolut keine Empfehlung" gäbe es für den neuen Emporkömmling im Brettspielkönigreich.
Dem kleinen Märchenspiel machte das alles nichts. Es hörte ganz genau zu, arbeitete an sich und produzierte viele kleine Erweiterungen, welche auch alle durch die breite Masse des Crowdfundings finanziert wurden. Kann es denn dann wirklich so schlimm sein? 


12 Realms besticht zuerst einmal durch sein Thema und seine niedliche Optik. Ich wollte diesen Kalauer eigentlich nicht bringen, aber es ist wirklich.... märchenhaft. Hier haben wir nämlich die Möglichkeit vollkooperativ in unterschiedlichen (mit Erweiterungen sogar in 12) märchenhaften Königreichen gegen das Böse zu kämpfen. Wir selbst schlüpfen dabei in die Rollen von Schneewittchen, dem Nussknacker, Robin Hood und anderen Märchen- bzw. Fabelwesen. 
Unsere Aktionsmöglichkeiten und der damit verbundene Rundenablauf ist dabei simpel und eingängig. Zu Beginn einer jeden Runde erscheinen in den Königreichen neue Bösewichte. Diese gilt es prinzipiell so lange zu bekämpfen und dabei Schätze und Artefakte einzusammeln, bis wir schlussendlich den Oberbösewicht zu Gesicht bekommen. Dem noch schnell den Gar aus machen und dann heißt es endlich: Und wenn sie nicht gestorben sind...


Unser Held levelt sich beim bekämpfen der Bösewichter langsam aber stetig auf. Uns selbst steht in jeder Runde eine charakterabhängige Auswahl an Aktionsmöglichkeiten zur Verfügung. Manche Charaktere laufen öfter, manche verfügen über ein passives Einkommen (tja, was so ein Diebeszug doch manchmal Goldwert ist, Robin, oder?). Durch diverse Ereignisse im Spiel kaufe ich neue Aktionen hinzu und werde schlussendlich zum Superhelden. Soweit so gut? 

12 Realms ist schnell erklärt und richtet sich vor allem an das jüngere Publikum, denn für die Vielspieler und vielleicht auch schon teilweise den Gelegenheitsspieler findet sich in 12 Realms nicht genügend spielerische Substanz um langfristig über eine Partie zu tragen. Ganz im Gegenteil. Die Runden in 12 Realms fühlen sich bereits nach wenigen Minuten gleichförmig an. Gegner aufdecken, auswürfeln und Aktionen abspulen. Kommt es zum Heldenzug, sind die eigenen Entscheidungen offensichtlich. Es gibt einen optimalen Zug. Die einzige Entscheidung besteht darin, ob und wann ich meinen Kollegen in den Nachbarkönigreichen zur Hilfe eile. Das Gesamtkonzept wirkt tiefgründiger, ist es aber nicht, sodass eine reine Erwachsenenrunde vermutlich wenig Gefallen am Spielkonzept finden kann.


Interessanter sind Runden mit Kindern. Hier kommt das wundervolle Thema von 12 Realms zum tragen. Es macht einfach Spaß die wundervollen Miniaturen durch den verwunschenen Wald zu steuern und auf Bösewichtjagd zu gehen. Die für die Erwachsenen vielleicht offensichtlich scheinenden Entscheidungen im eigenen Spielzug sind für die jüngeren am Tisch noch echte Optionen, die es abzuwägen gilt und somit mit dem kooperativen Charakter viel Freude bereiten können.

Als problematisch empfinde ich den hohen Zufallscharakter im Spiel. Klar braucht ein kooperatives Spiel ein gewisses Zufallselement, aber selbiger scheint mir in 12 Realms unverhältnismäßig hoch. Hier ist es nicht nur rein zufällig in welches Königreich die Bösewichter einfallen, sondern auch auf welchen Feldern des Königreiches. So kann es also durchaus passieren, dass einzelne Charaktere in ihrem Königreich vor Langeweile fast sterben, während andere mit ihren begrenzten Möglichkeiten nicht hinterher kommen. Wechsle ich dann ins oft frequentierte Königreich straft mich König Zufall vielleicht in der nächsten Runde damit, dass es genau umgekehrt läuft. Hier wäre es schöner gewesen, hätten die eigenen Handlungen im Spiel einen direkten Einfluss auf die automatisierte Spielweise des Gegners.


Ist 12 Realms denn nun empfehlenswert? Meine Antwort: Nur für eine sehr begrenzte Anzahl an Spielegruppen. Wirklich empfehlenswert ist das Spiel nur für Gruppen mit vielen Kindern. Aufgrund des Themas, des kooperativen Charakters und der einfachen Aktionsmöglichkeiten haben die jüngsten am Tisch einen schnellen Einstieg und können schon nach kurzer Zeit ihren Charakter völlig bedenkenlos alleine spielen. In Erwachsenenrunden wird 12 Realms nicht punkten. Hier gibt es unzählige bessere Alternativen. Schade eigentlich. Das Thema ist noch so unverbraucht und hätte sicherlich einen Platz in meiner Sammlung verdient gehabt.

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12 Realms von Ignazio Corrao
Erschienen bei Mage Company
Für 1 bis 6 Spieler in ca. 90 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Mage Company)