02.08.2017

Thunderbirds - ...are go!


Ich möchte an dieser Stelle vorausschicken, dass ich nie die TV-Serie Thunderbirds gesehen habe. Ich weiß, ich weiß, Asche auf mein Haupt und so, aber ich will ehrlich sein. Wer hier also lediglich danach sucht, ob das Serienfeeling gut transportiert wurde, der ist hier falsch. Ich würde mich dennoch freuen, wenn Ihr weiter dableiben würdet. Ich will Euch nämlich etwas übers Spielgefühl erzählen.


In Thunderbirds spielen wir kooperativ. Wir übernehmen die Rollen von verschiedenen Charakteren, die in den so genannten Thunderbirds - das sind Fortbewegungsmittel unterschiedlicher Art und Weise - um die Welt düsen (manchmal sogar ins Weltall), um den Oberschurken davon abzuhalten die Welt ins Chaos zu stürzen. So viel, so klassisch.
Spielmechanisch ist das Ganze schnell erklärt. Unser Ziel ist es den Schurken davon abzuhalten seine bösartigen Vorhaben in die Tat umzusetzen. Um das zu schaffen, müssen wir an einem bestimmten Ort (z. B. Australien, Europa oder Merkur) sein und dort eine bestimmte Anzahl an zuvor gesammelten Tokens abliefern. Diese Tokens erhalten wir beim Erledigen von Nebenmissionen, bei welchen wir auch an bestimmten Orten sein müssen und dabei eine bestimmte Anzahl an Würfelaugen werfen müssen. Scheitere ich bei letzterem, bekomme ich nicht nur nicht die benötigten Tokens, sondern riskiere auch, dass sich die Nebenschauplätze stapeln und eine weitere Möglichkeit das Spiel zu verlieren akut wird.


Bisher klingt Thunderbirds nicht besonders spannend bzw. innovativ. Das klassische Matt Leacock Prinzip wird hier ganz deutlich (z. B. aus Pandemie oder Forbidden Desert). Fahre von Krise zu Krise, besiege diese, um schlussendlich bei einer viel größeren übergeordneten Krise die Ressourcen einzusetzen, welche ich während der kleinen Krisen gesammelt habe. Das klappt auch heute wunderbar und würde vermutlich auch hier für ein ausreichend unterhaltsames Spielprinzip sorgen.


Wirklich neu ist in Thunderbirds jedoch der Logistikanteil. Egal, wie viele Mitspieler am Tisch sitzen, es sind immer alle Thunderbirds und alle Teammitglieder auf dem Brett und können genutzt werden. Das ist auch bitter nötig. Bei manchen Krisen bringt nämlich die bloße Anwesenheit bestimmter Teammitglieder und/oder Thunderbirds einen nicht unerheblichen Bonus zum benötigten Würfelergebnis. Habe ich beispielsweise eine Mission im Ozean zu erledigen, bringt mir ggf. das    U-Boot zusätzliche Boni und ein bestimmter Charakter. Doch wie bekomme ich diese dorthin? Ganz einfach! Grundsätzlich können unterschiedliche Thunderbirds unterschiedlich viele Teammitglieder transportieren (eines kann sogar ganze Thunderbirds transportieren) und sind unterschiedlich schnell. Damit das Team möglichst flott zum akuten Krisenherd kommt und dabei möglichst viele Würfelboni abstaubt, ist also eine gewisse logistische Planung von Nöten. Diese ist auch die Hauptaufgabe der Spieler. Wo platziere ich welche Thunderbirds? Welche Teammitglieder benötige ich beim Erledigen der Aufgaben? Diese Planung macht Spaß und habe ich in dieser Art noch nie in einem solchen Spiel gesehen.


Ein weiterer Pluspunkt von Thunderbirds ist das liebevolle und äußerst farbenfrohe Spielmaterial. Schicke Miniaturen (werden durch die Tracy Island Erweiterung vervollständigt!), ein tolles Brett, und thematisch illustrierte Karten.

Thunderbirds gehört für mich ganz klar in die Kategorie gehobenes Familienspiel. Matt Leacock hat hier bewiesen, dass er immer wieder neue und interessante Ideen hat und diese mit gewohnt funktionierenden kombinieren kann. Fans der Serie werden sicherlich allein durch das Thema noch weiter gelockt. Aber auch ohne jemals die Serie geschaut zu haben, überzeugt Thunderbirds auf ganzer Linie. Ich persönlich freue mich schon die weiteren Erweiterungen auszutesten. In einer übernimmt sogar ein Spieler die Rolle des Bösewichtes, sodass es von dort an nicht mehr vollkooperativ ist. Empfehlung!

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Thunderbirds von Matt Leacock
Erschienen bei Modiphius
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Modiphius)