26.03.2015

Heroes of Might & Magic - Mehr als nur Lizenz?


Ich könnte vermutlich in keiner anderen Rezension so tolle Vergleiche zwischen dem Brettspiel und dem digitalen Vorgänger ziehen, wie bei der heutigen Rezension zu Heroes of Might & Magic. Schließlich handelt es sich hierbei nicht nur um einen billigen Abklatsch. Nein! Es handelt sich dabei um das offiziell lizenzierte Brettspiel zur super populären Computerspielreihe von Ubisoft.
Doof nur, dass ich ehrlich gesagt nie einen einzigen Teil dieser Reihe gespielt habe. Vielleicht hat mich gerade deswegen das Brettspiel gereizt. Vielleicht ist das meine kleine Chance endlich mitreden zu können, wenn das Thema dann doch mal wieder auf den Tisch kommen sollte. Keine Vergleiche also. Völlig unvoreingenommene Eindrücke. Keine Erwartunghaltungen. Kein überstrenges Auge. Dennoch bin ich gespannt, was das zugegebenermaßen üppig ausgestattete Spiel so zu bieten hat.

In Heroes of Might & Magic kontrollieren wir Helden und versuchen Kraft und Magie Siegpunkte zu sammeln (ist noch jemand aufgefallen, wie verblüffend zutreffend eigentlich der Spieletitel ist?). Das Ganze verläuft eigentlich recht simpel. Abwechselnd spielen wir Aktionskarten aus, um unsere Hauptstadt auszubauen, Rohstoffe zu sammeln, neue Kreaturen anzuheuern oder unsere Heldentruppe zu bewegen. Letzteres ist dabei jedoch die interessanteste Aktion, denn hier geht es ans Eingemachte! Denn hier bewegen wir uns auf einer riesigen und vollgepackten Landkarte. Wer einmal Mage Knight gespielt hat, der weiß, was vollgepackt bedeutet. Überall lauern Monster, Festungen, Türme, Arenen und andere Helden um entweder Siegpunkte abzuwerfen oder dich gekonnt ins Jenseits zu befördern.


Der Kampfmechanismus ist dabei recht simpel, wenn gleich etwas aufwendig in der Handhabung. Je nach Einheiten- bzw. Kreaturentyp werden die Monstermarker auf der Iniatitivleiste platziert. Je früher ich angreifen kann, umso wahrscheinlicher, dass ich dem Gegner eins auf die Mütze geben kann, bevor er mir eins auf die Mütze gibt. Logisch, oder? Ob ein Angriff gelingt, entscheidet das Würfelglück. Die diversen Einheiten, Monster und Kreaturen sind dabei höchst unterschiedlich. Diverse Spezialfähigkeiten bringen dabei die richtige Würze. Ob dann immer alles gleich stark ist, muss man sich bei asynchronen Spielen immer fragen, gelle?

Mit zunehmender Spieldauer wird mein Held immer mächtiger und mächtiger. Später kommt dann noch ein weiterer dazu - oder zwei, was natürlich wiederum meinen Aktionsradius auf der Karte vergrößert. Nebenbei wird die eigene Hauptstadt gepimpt und weiter ausgebaut, neue Kreaturen angeheuert und vorallem der Gegner im Auge behalten. Und mehr steckt eigentlich nicht dahinter. Klingt eigentlich nach einem netten, einfachen, schnellen Spielchen, oder?


Schnell spielt sich Heroes of Might & Magic jedoch nicht. Ich würde sogar so weit gehen, dass das Spiel nicht mit seiner vollen Besetzung zu empfehlen ist. Das hängt in erster Linie an dem enormen Aufwand, der betrieben werden muss, um das Spiel zu verwalten. Allein die einzelnen Kämpfe können schnell zur minutenlangen Legepartie werden, bei dem schnell mal die Spannung abhanden kommt. Ich muss eben jedes Mal die einzelnen Kreaturen auf der Leiste einsortieren und die Würfelwürfe abhandeln. Und die Anzahl der beteiligten Kreaturen kann ab Mitte des Spiels schon mal schnell in ungeahnte Höhen schießen. Das Initiativsystem ist also nett, aber aufwendig und dadurch ab einem gewissen Punkt fast anstrengend.
Leider zieht sich dieser Punkt des enormen Verwaltungsaufwandes wie ein roter Faden durch die gesamte Partie. Viele Tokens, viel Verwaltung und darunter leidende Übersicht. Klar, man könnte es auch "viel Liebe zum Detail" nennen, aber vieles wirkt bei Heroes of Might & Magic als zu viel. Vielleicht wäre an mancher Stelle ein bisschen mehr Streamlining (oho Anglizismus) angebracht gewesen. Und genau das macht es schwer eine Partie mit mehr als zwei Spielern zu meistern. Während einem Mitspieler zumindest die Ehre des Gegenspielers für den aktuellen Zug zuteil wird, kann der Dritte im Bunde leider nur zusehen. Wenn dann ein langer Kampf ansteht, lohnt sich da schon fast die Toiletten- oder Kaffeepause.


Dennoch. Das Spiel fühlt sich thematisch an. Vielleicht auch gerade wegen eben jener Liebe zum Detail. Ich kenne die Computerspielvorlage nicht. Denke, aber das hier viel versucht wurde umzusetzen. Es macht trotz allem Spaß sich auf der Karte fortzubewegen, den Angriff auf die Kreaturen im richtigen Augenblick zu planen und seinen Helden beim Aufleveln zuzusehen. 
Vielleicht - naja eigentlich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit - gibt es aber reizvollere Abenteuerspiele mit ähnlicher Spieldauer. Ins Auge sticht mir da sofort Mage Knight. Ebenfalls ein tolles Fantasysetting mit spürbarer Charakterentwicklung in einer einzelnen Partie. Dazu ein wunderbares Spielprinzip, was mich bis heute fasziniert. Mage Knight leidet zwar unter der selben Krankheit wie Heroes of Might & Magic, nämlich, dass eine Partie mit mehr als zwei Spielern nur selten zu empfehlen ist, schafft es aber durch die Vereinfachung des Kampfsystems und vorallem des cleveren Handkartenmechanismuses ein deutlich attraktiveres Spiel zu bieten. Heroes of Might & Magic hat da lediglich den Bonus der Lizenz, was jedoch nicht heißt, dass es sich hier um ein schlechtes Spiel handelt. Man muss sich jedoch trotzdem kritisch fragen, ob man bei so ähnlichem Setting und Prinzip nicht doch zum anderen populäreren Titel greift. Vielleicht ist eben auch gerade die Existenz von Mage Knight das größte Problem von Heroes of Might & Magic.




Heroes of Might & Magic von Marcin Tomczyk
Erschienen beim Heidelberger Spieleverlag
Für 2-4 Spieler in ca. 180 Minuten
Boardgamegeek-Link

Vielen Dank an den Heidelberger Spieleverlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Heidelberger Spieleverlag)