17.10.2018

Chartered: The Golden Age


Dank den netten Menschen von Jolly Dutch Production haben wir die Chance bekommen, das wirklich toll aussehende Chartered: The Golden Age anspielen zu dürfen. Das Projekt hat bereits einen Anlauf bei Kickstarter hinter sich, ist dabei aber leider gescheitert, nun haben die Jungs von Jolly Dutch einige Verbesserungen durchgeführt und versuchen einen weiteren Versuch im Laufe des Jahres. Schauen wir doch mal, was uns da erwartet.

Bei Chartered handelt es sich um ein Wirtschafts-Aufbau-Spiel im mittelalterlichen Amsterdam, bei dem wir Kaufleute sind, die Unternehmen gründen und ausbauen wollen. Dabei sind wir grundsätzlich Händler, die Waren aus fernen Ländern importieren. Zunächst spezialisiert auf eine Ware, versucht man im Laufe des Spiels weitere Waren hinzuzufügen oder genug Aktien anderer Waren zu besitzen, um diese zum richtigen Zeitpunkt mit ordentlich Gewinn zu verkaufen. Das Spiel ist für 2-6 Spieler geeignet, wird ab 14 Jahren empfohlen und dauert ca. 60-90 Minuten.

Wir haben von Jolly Dutch den Prototypen Nummer 10 erhalten, aber ich kann euch sagen, dieser Prototyp ist schon sehr weiter fortgeschritten und man erkennt kaum einen Unterschied zu einem fertigen Spiel. Die wirklich schönen 3D-Lagerhäuser wurden mit einem 3D-Drucker gefertigt, das merkt man zwar, aber macht dennoch einen schönen Eindruck. Um zu zeigen, wie das fertige Produkt aussieht, hat man noch ein Gebäude aus der finalen Produktion beigelegt. Dieses ist natürlich im ganzen etwas feiner gestaltet und hochwertiger. Der Spielplan, welches das mittelalterliche Amsterdam darstellt, ist hübsch und hochwertig, sogar doppelseitig bedruckt und somit für unterschiedliche Spieleranzahlen ausgelegt.


Kommen wir aber zum Spiel selbst, denn das überzeugt mit überraschend schlanken Regeln. Uns stehen mehr oder weniger 2 Aktionen zur Verfügung, für eine muss ich mich entscheiden, dann spiele ich diese und dann ist auch schon der nächste dran. Zunächst bekommt jeder Handkarten (je nach Spieleranzahl in unterschiedliche Anzahl), welche Baugrundstücke und Lagerausbauten darstellen. Ein gewisses Startkapital erhalten wir ebenfalls, auch hier ist der Betrag von der Spieleranzahl abhängig. 
Da man zunächst ausreichend Handkarten bekommt, fange ich mit der naheliegenden Aktion an. Und zwar das Ausspielen einer dieser Handkarten. Spiele ich ein Baugrundstück, kann ich auf dem genannten Feld ein neues Unternehmen gründen oder ein bestehendes erweitern, wenn die Fläche angrenzend zu einem bestehenden Gebäude ist. 

Nehmen wir mal an, wir starten ein neues Unternehmen, dann wähle ich zunächst ein Handelsgut, mit welchem das Unternehmen handelt. Zur Auswahl stehen: Edelsteine, Gold, Silber, Schießpulver, Seide, Pfeffer, Kaffee, Tee und Opium. Hab ich mich für eins entschieden, nehme ich mir das passende Gebäude und drei neutrale dazu. Ein Gebäude kommt nun auf das Grundstück meiner Karte und das Rohstoff-Gebäude oben drauf, denn die Gebäude kann ich alle stapeln und somit in die Höhe bauen. Das Hauptquartier hat also gleich 2 Stockwerke, die zwei weiteren Gebäude kann ich nun angrenzend legen, entweder auf jede Seite eins oder beide auf der gleichen Seite. Zu beachten ist später, dass mindestens 3 Felder Abstand zu bestehenden Unternehmen eingehalten werden müssen, wenn ich eine neue Firma starte. Für mein nun gegründetes Unternehmen erhalte ich 30 Gulden (die Währung des Spiels) und eine Aktie der Ware, die ich gewählt habe. Des Weiteren platziere ich den Marker der Ware auf dem "Aktien-Chart" auf den Wert 30. 


Erweitere ich ein bestehendes Unternehmen setze ich das Gebäude auf das Feld, welches ich gespielt habe. Ist dieses bereits besetzt (durch z.B. den Gründungsbau) baue ich einfach gleich den zweiten Stock. Für jedes Gebäude oder Stockwerk erhöhe ich den Aktienwert der jeweiligen Ware um 10 Gulden und erhalten dann den aktuellen Wert der Ware in Bar. Des Weiteren habe ich dann noch die Möglichkeit bis zu 2 weitere Aktien zu kaufen, von welcher Ware ist allerdings egal, Hauptsache sie hat schon den Aktienwert von mindestens 50 Gulden erreicht, denn erst dann sind Aktien handelbar. Von jeder Ware gibt es 9 Aktien im Spiel. Zweimal im Spiel kann ich auch eine Flaggen-Aktie spielen, die erste kostet mich 200 Gulden, die zweite 400. Kaufe ich eine solche Flaggen-Aktie platziere ich meine Flagge auf das Hauptquartier einer Ware und wenn es zur Auszahlung (entweder durch Übernahme oder Spielende) kommt, zählt die Flagge wie 4 Aktien! Waren, die bereits eine Flagge haben, können keine weitere bekommen! Und jede Flagge kann nur einmal benutzt werden!

Im Laufe des Spiels nähern sich die verschiedenen Unternehmen natürlich an und so entstehen Lücken, bei denen ich durch platzieren eines Gebäudes zwei oder drei Unternehmen verbinde, dadurch findet eine Übernahme statt. Grundsätzlich übernimmt die Ware mit dem höheren Aktienwert die Gebäude des anderen. In dem Fall bekommen alle Spieler die Aktien der unterlegenen Ware ausbezahlt. Dann wird der Aktienwert der unterlegenen Ware zur übernehmenden hinzuaddiert und der Spieler, der die Fusionierung gespielt hat bekommt Gulden in Höhe des neuen Wertes! Bei Gleichstand der Aktienwerte entscheidet der Spieler welche Ware die andere übernimmt. Durch die Straßengebung gibt es auch Kreuzungen, so dass es zu dreier Verschmelzungen kommen kann. Auch hier entscheidet der Spieler welche Fusionierung zuerst stattfindet und vollzieht dann mit der neuen Größe die zweite, so kann es passieren, dass zwei kleinere Waren dann zusammen eine große übernehmen. Und schwupps steht das Spiel ziemlich auf den Kopf. Waren die durch Übernahmen verschwinden können in folgenden Runden wieder neu gestartet werden.


In den Aktionskarten gibt es neben den Bauflächen auch Stockwerke, mit denen ich bestehende Gebäude erhöhen kann, allerdings kann ich ein 4. Stockwerk natürlich nur dann spielen, wenn das Gebäude auch schon ein drittes hat. Für jedes Stockwerk erhöht sich der Wert der Firma, so kommen 20 Gulden dazu bei einem 2. Stockwerk und z.B. 40 Gulden bei einem 4. Stockwerk.
Optional kann ich auch noch Event-Karten in das Deck mischen. Sobald diese genommen werden, muss die beschriebene Aktion ausgeführt werden, meistens handelt es sich um Wertänderungen bestimmter Waren oder Mitspieler müssen Geld geben oder erhalten welches. Nach Verwendung der Eventkarte darf der Spieler, sich aber noch ein Baugrundstück nehmen, damit seine Ausgabe nicht umsonst war.

Von den Aktionskarten liegen je nach Spieleranzahl zwischen 3 und 5 offen aus und wenn ich nichts bauen kann oder möchte, dann muss (wenn ich sonst nichts machen kann) bzw. kann ich mit der zweiten Aktions-Möglichkeit für 50 Gulden eine Karte kaufen, entweder eine der offenen oder die oberste vom Stapel. Damit wäre meine Aktion dann auch schon vorbei.
Mehr Aktionen gibt es dann auch nicht mehr, ich baue also ein Gebäude mit der jeweiligen Auswirkung oder ich kaufe eine Karte. Klingt nach wenig, bietet aber dennoch ungemein taktische Möglichkeiten, wie man ans meiste Geld kommt.

Ich habe ehrlich gesagt zuerst nicht viel erwartet. Vor dem ersten Spiel habe ich versucht mich ein wenig schlau zu machen und bin auf ein paar Let's Play Videos zur ersten Kickstarter-Aktion gelandet und war erstmal nicht so angetan, die Aktionsmöglichkeiten waren mir zu gering und die Interaktion im Allgemeinen zu wenig. Das ist zum Teil natürlich auch immer noch der Fall, gerade wenn man nur zu zweit spielt, aber ab 3 Spieler kommt deutlich mehr Aktion ins Spiel. Die Anzahl würde ich auch empfehlen, bei 2 Spieler dauert es ein wenig länger bis es an eingemachte geht, wobei das auch ein wenig von den Karten abhängt Ab 3 Spieler kommen sich die Parteien schneller ins Gehege und jeder versucht den meisten Profit zu machen, sei es durch cleveres Investieren oder blockieren der Mitspieler. Natürlich muss man Glück haben, die richtigen Karten zu erwischen, aber es obliegt natürlich jedem selbst die Karten, die man hat, bestmöglich einzusetzen. Wenn andere eine Ware aufwerten, kann ich in meiner Runde der Nutznießer sein und ebenfalls Aktien dieser Ware kaufen, bevor diese noch weiter steigt. Ihr seht, es gibt einige Möglichkeiten und Taktiken und es hat mich doch mehr gepackt als zunächst vermutet. Im Vergleich zur ersten Kickstarter-Aktion hat man sich den Kritiken anscheinend angenommen und an den richtigen Stellschrauben gedreht: eine extra Spielbrettseite für 2-3 Spieler und Event-Karten waren wohl als Stretch Goals vorgesehen, sind nun gleich dabei und das ist auch eine richtige Entscheidung. 


Das Material ist wunderschön, trotz Prototypen-Status, die Gebäude erinnern mich als Hamburger ein wenig an die Speicherstadt, wodurch mein Herz gleich noch ein wenig höher schlägt. Schade dass der Verlag aus den Niederlanden kommt, mit einem Hamburg-Thema wäre ich sofort verliebt gewesen. So musste das Spiel selbst mich auch noch überzeugen, dass hat es auch geschafft. Wer Lust auf ein taktisches Wirtschafts-Gebäude-Karten-Spiel hat ohne dickes Regelbuch, wird hier seine Freude haben. Das Spiel ist schnell erklärt und eigentlich auch schnell gespielt. Der Preis wird wohl bei ca. 50€ liegen, so war es zumindest bei der ersten Kickstarter-Runde, vielleicht hat man aber auch da was justieren können. Falls nicht, so ist das Material das Geld schon wert. Ihr bekommt schließlich über 90 Gebäude und ein volles Spielbrett sieht wirklich toll aus (siehe Fotos). Ich drücke den Jungs von Jolly Dutch auf jeden Fall viel Erfolg beim zweiten Anlauf.
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Chartered: The Golden Age von Alexander Kneepkens
Erscheint bei Jolly Dutch Productions
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 80 Minuten
Boardgamegeek Link
Kickstarter Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Jolly Dutch Productions)