07.11.2018

Healthy Heart Hospital


Ja, genau. Der Titel Healthy Heart Hospital klingt irgendwie ganz nostalgisch-romantisch nach einer Krankenhausserie aus den 90ern bzw. könnte als solcher locker durchgehen. Das ganze hat aber Konzept. Healthy Heart Hospital spielt bewusst mit dem Klischee. Das fängt bei Charakteren wie Doctor Dream und Doctor Smile an, setzt sich aber auch bei den teils knallharten Chefs des Krankenhauses fort. Healthy Heart Hospital spielt bewusst mit Klischees und nimmt damit dem eigentlich sehr ernsten Thema die Wucht, die es ansonsten vermutlich hätte. So viel vorweg.

In Healthy Heart Hospital leiten wir nämlich das in die Jahre gekommene gleichnamige Bezirkskrankenhaus und versuchen dieses wieder zu neuem Ruhm zu führen. Uns selbst stehen dabei ein Chief-Administrator und vier Ärzte zur Verfügung, welche die gesammelten Klischees der Krankenhauswelt abbilden. Der Frauenschwarm Doctor Dream, der sich nicht zu schade ist die Patienten direkt im Wartebereich zu verarzten oder aber auch der morbid lächelnde Chef-Pathologe Doctor Lucky, dessen Spezialfähigkeit es ist, Leichen verschwinden zu lassen.


Leichen verschwinden lassen? Richtig gehört. In Healthy Heart Hospital gibts den knallharten Krankenhausalltag, dem wir uns kooperativ stellen müssen. Im Herzen ist Healthy Heart Hospital ber vermutlich auch eher ein Solospiel, da es eingängige Mechanismen hat, die man problemlos als Einzelner abhandeln kann. Gestartet wird jeder Tag damit, dass die Krankenwagen neue Patienten ins Healthy Heart Hospital bringen, die sich zunächst im Wartebereich tummeln. Die Patienten reichen vom leichten Schnupfen, bis hin zum kritischen Notall. Wie schwer ein Patient verletzt ist, wird über das Herzstück von Healthy Heart Hospital gesteuert, einen Klötzchenpool mit verschiedenfarbigen Klötzchen, wobei jede Klötzchenfarbe für einen Patient mit einer bestimmten Krankheit steht. Gezogen wird blind. Doof nur, dass am Stoffsäckchen gespart wurde. Muss halt eine Schale herhalten.


Der normale Krankenhauslaufweg für einen Patienten landet dann irgendwann auf den verschiedenen Stationen. Da gibt es für jede Krankheit und Klötzchenfarbe eine eigene. Auf Station dürfen aber erst die Patienten, die einen gewissen Krankheitsstatus erreicht haben. Der Rest muss im Wartebereich bleiben bzw. darauf warten, dass sie kränker werden. Klingt fies, ist es auch. Dann geht die eigentliche Action los. Wir setzen unsere Ärzte, die allesamt unterschiedlichste Spezialfähigkeiten haben, auf die Patienten an. Am besten gehen sie auf Station und versuchen Patienten dort gesund zu bekommen. Wie funktioniert das? Richtig, mit dem Klötzchenpool. Gebe ich eine Aktion aus, ziehe ich zufällig Klötzchen. Passt die gezogene Farbe zum Patient, gehts ihm eine Stufe besser. Ziehe ich die bösen schwarzen Klötzchen, gehts ihm sogar schlechter. Kurfuscher halt! Wo ist die Taktik? Einmal gezogene Klötzchen (auch aus der Krankenwagenphase) kommen aus dem Pool raus und landen dort erst wieder in der neuen Runde. Da jede Farbe gleich oft vertreten ist, kann ich also die Wahrscheinlichkeit abschätzen, ob mein Medikament anschlägt. Das ist ein feiner Kniff!


Natürlich geht Healthy Heart Hospital noch einige Schritte weiter. Man kann Personal anheuern. Da wäre z. B. die PR-Beauftragte, die beim Sterben von Patienten den Prestigeverlust für uns mindert. Dann gibts den Krankenhauspfarrer, der einmal pro Runde eine Wunderheilung probieren darf. Der Parkplatzwächter schickt zu volle Krankenwagen wieder weg, etc. Healthy Heart Hospital spielt auch hier wieder mit Klischees und nimmt dabei den ziemlich cool simulierten Alltag bewusst auf die Schippe. Hart ist Healthy Heart Hospital nämlich. Es wird gestorben. Permanent verschlechtern sich die Gesundheitszustände der Patienten. Heilen wir welche vollständig, bekommen wir Geld und Prestige (Siegpunkte). Sterben uns welche weg, verlieren wir beides. Gewonnen haben wir, wenn wir den letzten Krankenwagen abgefrühstückt haben und dann unser Prestige mit einer Tabelle vergleichen. Verloren haben wir - wie könnte es in dieser beängstigend realitätsnahen Krankenhauswelt anders sein - wenn wir pleite sind.


Da ist aber noch mehr in Healthy Heart Hospital  Wir können gegen Bares unser Krankenhaus ausbauen und neue Stationen oder gar ganze Flügel ausbauen. Ein Emergency-Room z. B. bietet die Möglichkeit wartenden Patienten aus dem Foyer bei schlechter werdendem Gesundheitszustand dorthin anstatt ins Leichenhaus zu verfrachten. Ärzte können Fortbildungen erhalten und und und. Healthy Heart Hospital bietet viel ohne dabei komplex zu sein. Insgesamt spielt sich das Ganze schnell von der Hand und kann bei Zeiten ein meditatives solistisches Klötzchenziehen werden. Das Thema lässt das nötige Augenzwinkern nicht vermissen, sodass ich Healthy Heart Hospital edenkenlos weiterempfehlen kann. Gerne auch als Ärzteduett, falls das Solospielen einem nicht liegt.

P.S. Bitte greift aber gerne zur zweiten Edition. Hierliegt ein echtes Spielbrett bei, während es in der ersten Edition noch ein Papierbrett gab. Sieht sonst doof aus und fühlt sich so irgendwie fertiger an. Over and out!

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Healthy Heart Hospital von Scott Nelson und Anna-Marie Nelson
Erschienen bei Victory Point Games
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 60 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Victory Point Games)