Die Produktionsqualität in Nassau lässt zunächst einmal keine Wünsche übrig. Schickes Cover, eigene Playerboards in Form von Piratenschiffen, kleine Piratenmeeples, Unmengen an Tokens und so allerlei Extrakrimskrams. Wo bei manchen Produkten der Reihe oft der Unmut der Käufer wegen vermeintlich zu hoher Preise auf den Verlag hereinprasselte, kann man hier sagen: Man bekommt allerlei für sein Geld!
In Nassau übernehmen wir die Rollen eines Piratenkapitäns und grundsätzlich können wir eine Partie in 3 Phasen aufteilen: Vorbereitung, Reise und Lagerfeuer (selbst ausgedachte Beschreibungen). Der angesprochene Grundmechanismus des alten Titels kommt dabei in der ersten und namensgebenden Phase des Spiels - der Nassau-Phase - zum Zuge. Hierbei versuchen wir uns nämlich in der Stadt mit Materialien auszustatten, bevor unsere Seereise (2. Phase) beginnt.
Dabei setzen wir unsere Piratenmeeple immer auf Wegstrecken zwischen zwei Orten und bewegen den Piratenkönig zur neuen Location, und führen dort die passende Aktion aus. Meistens nehme ich mir A oder B, z. B. Proviant (brauche ich zum längeren Reisen in Phase 2), Kanonen (brauche ich zum Schießen in Phase 2) oder aber auch Rum (brauche ich zum Neuwürfeln in Phase 2, aber auch in Phase 3 zum Angeben). Das clevere an dieser Phase des Spiels ist, dass ich nicht nur versuchen muss meine Wunschstopps auf der Stadtkarte zu erreichen, sondern dabei auch erheblichen Einfluss auf meine Mitspieler habe. Bewege ich mich nämlich Richtung Norden, aber mein Nachfolger braucht dringend noch etwas aus dem Süden, dann ist das erstmal doof für ihn. Passt so garnichts wirklich oder wird die Strecke zu lang (lange Strecken = mehr Meeple zum Einsetzen), dann kann ich auch mit Rum aussetzen. Zum Schluss kommt noch dazu, dass ich auch ganz Aussteigen kann. Wer zuerst passt, darf eine Anlegestelle für Phase 2 zuerst wählen und die für ihn sinnvollsten Boni abstauben. Clever!
In Phase 2 verprassen wir dann alles, was wir so in Phase 1 eingesammelt haben. Grundsätzlich brauche ich in meinem Zug stets Proviant, um eine weitere Aktion auszuführen. Habe ich davon keinen mehr, muss ich auch hier passen und lande zuerst in Phase 3. Die Aktionsmöglichkeiten in der See-Phase sind zunächst überwältigend, aber lassen sich dann schlussendlich doch auf bekannte Mechanismen herunterbrechen. Ich kann Kontrolltürme auf See errichten (bringen Siegpunkte), ich kann Handelswaren bei Inseln ergaunern (ist eine Art Set-Collection mit vorgegebener Reihenfolge), ich kann Gegner bekämpfen (ist eine Art Push-Your-Luck mit Glücksmoment), ich kann Piraten stationieren (gibt mir die Möglichkeit von nun an von dieser Insel zu starten) etc. Das schöne an diesem Spielelement ist für mich, dass es ein permanentes Wettrennen ist. Ich muss in meinem Zug gut überlegen, was ich als erstes erledigen will, denn komme ich zu spät, oder sitzt das ganze zu weit unten auf meiner Prioritätenliste, dann kommt mir ein anderer zuvor. Zudem zeigt sich hier die gute Vernetzung zwischen Phase 1 und 2. Was zunächst wie eine Art losgelöstes Element aussieht, stellt sich aber schon bald als eng verwobenes Netz dar. Bereits in Phase 1 muss ich gezielt versuchen die notwendigen Rohstoffe und Materialien zu ergattern, damit ich in Phase 2 handlungsfähig bin. Die Möglichkeiten hierbei sind extrem variabel. Toll!
Zusammenfassend ist Nassau für mich ein echtes Highlight der Reihe und reiht sich neben Marrakesh für mich an der Spitze ein. Haben die Spiele von Stefan Feld oft den Charakter etwas "trocken" zu sein, so zeigt sich hier jedoch ein super thematisches und auch mit dem ein oder anderen Glückselement verziertes Piratenspiel. Nassau ist für mich ein Keeper!