14.12.2018

UltraQuest


Lässt man den Spieletitel und das Artwork auf der Spieleschachtel etwas auf sich wirken, werden dem Betrachter dabei zwei Dinge bewusst: Zum einen klingt UltraQuest schon sehr prahlerisch und man fragt sich, ob da der Mund nicht etwas zu voll genommen wird. Zum anderen legt die Gestaltung des Spiels (Halblinge auf Heuschrecken reitend!) nahe, dass man den Inhalt nicht ganz so ernst nehmen sollte. Und das ist auch gut so, denn UltraQuest bietet in leicht quatschigem Rahmen die Erfahrung eines Pen&Paper-Rollenspiels, ohne dass zuvor ewig viele Regeln gewälzt werden müssen. Dennoch ist der Einstieg nicht der leichteste.


Bis zu fünf Spieler (theoretisch sind aber auch mehr möglich) stürzen sich mit einer von ihnen erstellten Heldentruppe in die Welt von Ultimor, um Abenteuer in den unterschiedlichen Landstrichen zu erleben, Quests zu erfüllen und am Ende 100 Ehre! (ja, das Ausrufezeichen gehört dazu) vorweisen zu können, um zu gewinnen. Findet man einen legendären Schatz, ist das Spiel ebenso vorbei und man hat sogar ultra-gewonnen. Großartig. Doch der Weg dahin ist steinig und vor allem auch lang. Es ist unwahrscheinlich, eines dieser Spielziele in einer Sitzung zu erreichen. Wie bei Pen&Paper-Spielen ist auch bei UltraQuest der Weg das Ziel.


Kreatives Kernstück des Spiels ist das Ereignisbuch, das die Spieler mit Herausforderungen bombardiert. In jedem Gebiet des auf einer großen Karte dargestellten Kontinents Ultimor warten 100 Ereignisse darauf, von den Spielern durch Würfeln entdeckt zu werden. Die Rolle des Erzählers bzw. Vorlesers geht dabei genauso reihum wie es die regulären Spielzüge tun. Dadurch ist – gerade in kleinerer Runde – die Wartezeit relativ kurz. Und selbst wenn man weder mit Vorlesen noch mit seinem aktiven Zug beschäftigt ist, ist es spannend zu erfahren, was den anderen Heldentruppen so widerfährt. 

Jeder Spieler kontrolliert vier Helden, die er sich zu Beginn des Spiels nach bestimmten Regeln aus acht Rassen (z.B. Mensch, Oger oder Halbente) und sechs Berufen (z.B. Kämpfer, Dieb, Seefahrer) erstellt und die Daten auf den hübschen Charakterbögen einträgt. Ein Gruppenbogen fasst die wichtigsten Eigenschaften der Helden zusammen, was vor allem das Kämpfen erleichtert. Die Gegner, die in den Seiten des Ereignisbuchs lauern, erzwingen oft eine bestimmte Kampfform: Nahkampf oder Fernkampf. Die Stärke der einzelnen Helden wird in den jeweiligen Disziplinen zusammengerechnet und auf dem Gruppenbogen eingetragen. Manchmal ist es aber auch möglich, mit einer Mischung aus Fern- und Nahkampf anzugreifen, um mit den besten Werten eurer Helden das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Zu diesem Grundwert wird dann das Ergebnis eines Würfelwurfs dazugerechnet. Übertrifft man die Stärke des Gegners, trägt man den Sieg davon und erhält Ruhm! und Ehre!


Während Letzteres die bereits erwähnten Siegpunkte sind, können mit Ruhm! die Helden verbessert werden. Auf diese Weise erlernen sie neue Zaubersprüche und Fähigkeiten, die den Kampf gegen stärkere Gegner erleichtern. Je mehr Ehre! gesammelt wurde, desto weiter kann man sich in gefährlichere Gebiete vorwagen.

Im Kern geht es also darum Gold, Ruhm! und Ehre! zu sammeln und diese nach einiger Zeit in neue Fähigkeiten und Ausrüstung zu investieren. Dieser Spielefluss wird auch nicht so schnell langweilig, sobald man die Begrifflichkeiten verinnerlicht hat, die zumindest für Neulinge gewöhnungsbedürftig sein dürften. Auch die Darstellung von Informationen im Ereignisbuch ist nicht sehr intuitiv und man ist sich manchmal nicht sicher, ob man Dinge an den aktiven Spieler weitergeben darf oder nicht. Die manchmal etwas unklaren Formulierungen und Abkürzungen in Anleitung und Ereignisbuch sorgen dafür, dass man viel mit Nachschlagen beschäftigt ist. 

Zwar setzt sich die Anleitung dafür ein, die Regeln etwas nach den eigenen Vorstellungen zu beugen, um allen Spieler ein angenehmes Spielerlebnis zu ermöglichen, doch Frust kann trotzdem aufkommen. Der Tod eines Helden ist möglich und oft genug präsent, was zu herben Rückschlägen für eine Heldentruppe führt.


Dazu kommt noch der ganze Verwaltungskram, der nicht zu unterschätzen ist. Neu erbeutetes Gold oder neue Gegenstände, die eure Fertigkeiten und Kampfwerte verbessern, müssen auf den Bögen eingetragen werden. Dann muss viel radiert und ausgebessert werden, was auf der genutzten Papierart oft zu Schmierereien führt. Rekrutiert oder erstellt ihr einen neuen Helden müssen auch dessen Eigenschaften, Gegenstände und Werte neu aufgelistet werden. Das ist alles zeitraubend, wenn man doch eigentlich nur neue Abenteuer erleben möchte. Klar gehört das irgendwie auch zu einem Rollenspiel dazu, aber hier fühlt es sich aufgrund der hohen Frequenz, mit der die Anpassungen stattfinden, zeitraubend an. 


Was sich aber stimmig anfühlt, ist die kuriose Spielwelt. Die einzelnen Aspekte, wie Rassen und Klassen, deren Eigenheiten, die unterschiedlichen Gebiete und die manchmal cleveren Ereignisse sorgen für eine heitere Atmosphäre. Da lässt es sich auch über die etwas sparsame Ausstattung hinwegsehen, die – abgesehen vom Motiv auf der Spieleschachtel – visuell auch nicht immer überzeugt.

Dennoch: Wer eine variablere, fantasievollere Geschichte in einer Fantasywelt und nicht den x-ten stumpfen Dungeon Crawler erleben möchte, der ist hier genau richtig. Vorausgesetzt, die Spieler bringen genug Zeit und Geduld mit, um die Welt von Ultimor und deren eigentlich nicht mal so schwierigen Regeln zu erkunden.
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UltraQuest von Markus Still
Erschienen bei Flying Games
Für 2 bis 5 Spieler in bis zu 600 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Flying Games)