10.04.2019

Stworze


Ich bin bekennender Brettspielsammler. Daher bin ich für jedes Spiel, was aus irgendeinem besonderen Grund sich aus meiner Sammlung hervortut, dankbar. Das kann ein Mechanismus sein, aber auch eine Story oder ein Teil des Materials. Stworze ist so ein Spiel, was mich gleich zu Beginn angelacht hat. Eine ungewöhnliche Kombination an Materialien, Story und Mechanismen. Stworze wirkt irgendwie wie eine Art kleines Kunstwerk. Irgendwie besonders als Hingucker.

Was bedeutet eigentlich Stworze  Gut, dass Ihr fragt. Die Stworze sind Sagengestalten aus der slawischen Mythologie, die sowohl von den Menschen gefürchtet wurden, aber auch von ihnen angebetet. Bekannt sind diese Fabelwesen aus vielen slawischen Märchen und Sagen. Und im gleichnamigen Spiel übernehmen wir jeweils einen der Stworze.


Das Material in Stworze ist ein echter Hingucker. Wir bekommen nicht nur einen äußerst liebevoll gestalteten Spielplan, sondern auch schick gestaltete Miniaturen für die unterschiedlichen Stworze  sowie zahlreiche Holzmaterialien, die allesamt bedruckt und im Naturholzlook gehalten sind. Farben sucht man vergebens im Gesamtkunstwerk. Das ist aber gewollt und es passt sich wunderbar in das Gesamtbild von Stworze ein, was es abgeben möchte. Die beiliegenden zahlreichen Karten sind ebenfalls in der - bei Zeiten Grusel erregenden - Grafik gehalten. Ich habe bei Stworze das Gefühl ein wertiges und gut durchdachtes Produkt in den Händen zu halten, was auch den - zugegebenermaßen recht hohen - Preis rechtfertigt. Dabei gilt es aber zu bedenken, dass wir hier einen Kleinstverlag mit kleiner Auflage unterstützen.

Spielerisch ist Stworze ebenfalls einzigartig und lässt sich schwer in eine klassische Kategorie einordnen. Wir übernehmen die Rollen von Stworzen und versuchen Missionen zu erfüllen, die unserem Charakter eigens zugeteilt wurden. Dabei unterscheiden sich die wählbaren Protagonisten im Detail. Manche sind auch gefühlt schwieriger zu meistern. Die Aktionen müssen in einer bestimmten Reihenfolge erledigt werden, welche ich zu Beginn einer Partie festlege und nur unter erschwerten Bedingungen wieder ändern kann. Dem Grunde nach drehen sich diese jedoch darum den Dorfbewohnern entweder zu helfen, sie einzuschüchtern oder andere Stworze in die Schranken zu weisen.


Der Aktionsmechanismus in Stworze ist clever. Zu Beginn meines Zuges liegen stets 5 mögliche Aktionen aus, wobei ich mich dabei für eine entscheiden muss. Ist diese erst einmal durchgeführt worden, steht sie auch den übrigen Spielern erst wieder zur Verfügung, sobald die damit verbundene „Partneraktion“ ebenfalls ausgeführt wurde. Das bringt eine gewisse Dynamik ins Spiel und erlaubt - wie der aufmerksame Leser bereits vermutet - auch den Gegenspielern gehörig in die Suppe zu spucken, indem ich ihnen bewusst Aktionen blockiere. Bei der Aktionsauswahl ebenfalls interessant zu bedenken ist, dass mit einer Aktion stets ein Ereignis einhergeht, was durch die dazugehörige Wahl der Aktion näher rückt. Wähle ich die Aktion, geht nämlich vom Eventcounter ein Punkt weg. Sind alle weg, tritt das Ereignis ein. Timing spielt in Stworze also ebenfalls eine Rolle.


So ungewöhnlich in seiner Kombination, so erfrischend ist der Aktionsmechanismus im Spiel. Er begrenzt dabei den Spieler jedoch nicht, sondern bietet jede Runde eine Vielzahl an Aktionen. Das liegt auch in erster Linie darin, dass in Stworze fast alle Aktionen sinnvoll sein können. Dabei muss man natürlich auch stets seine eigene aktuell zu erfüllende Mission im Kopf haben. Aktuelle Mission. Ja. Das ist ein Thema für sich. Man könnte nun vermuten, dass es in Stworze doch sehr schwer sein kann seine Missionen - und insbesondere die finale Mission zu erledigen, wenn doch alle Spieler die Missionen sehen dürfen und entsprechend gemeinsam als Team im Notfall zusammenarbeiten können. Falsch. Stworze erlaubt es nämlich dem Spieler seine Mission auch auf andere Weise zu erledigen. Ich kann alternativ nämlich gegnerische Stworze bekämpfen (oft genug) oder beispielsweise den Krieger bekämpfen (neutraler Charakter, der uns jagd). Der Weg zum Erfolg liegt daher bei Stworze darin in eine Art Mühle-Schachzug eine Situation herbeizuführen, in der man über verschiedene Wege seine Missionen erledigen kann. Darin liegt auch das Geschick.


Viel läuft in Stworze auch über Einfluss und Proben. Wie ich eingangs bereits erwähnt habe, können die Stworze sowohl gutes, als auch böses für die Menschen tun. Auch das wurde in der Spielmechanik eingebaut. Immer wenn ich eine Aktion ausführe (fast immer), muss ich einen Einflussmarker platzieren, der für meine Mitspieler geheim bleibt. Damit lege ich fest, ob ich gutes oder böses in dieser Region tue. Das ist insofern relevant, da dies später Einfluss auf bestimmte Aktionen im Spiel hat bzw. den Ablauf beeinflusst.

Stworze bietet noch einiges mehr. Einen Krieger und einen Magier, der die Stworze aufspürt, verlorenen Kinder und Jäger, die man besiegen oder sie zu ihren Eltern zurückbringen kann, und vieles mehr. Man merkt an jeder Stelle des Spiels, dass bei Stworze das Thema an erster Stelle stand und das Spiel sich daraus entwickelt hat. Die Mechanismen dabei sind ungewöhnlich, aber sie funktionieren. Gerade der Aktionsmechanismus ist in seiner Art und Weise besonders einzigartig und gefällt mir persönlich sehr gut. Stworze ist ein kleines Kunststück in meiner Sammlung und hat mich persönlich überrascht. Wer die Möglichkeit hat ein Exemplar zu ergattern, sollte zugreifen.
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Stworze von Grzegorz Arabczyk
Erschienen bei Underworld Kingdom
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 120 Minuten
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Underworld Kingdom)