30.05.2019

Neon Knights: 2086


Neonfarben, Synthesizer Musik, futuristische Computerwelten und Dauerwellen; Die 80’s sind back. Genauer gesagt feiern die 80er eine Art Revival in Form der Neo Eightees. Wer moderne Filme wie Drive, Videospiele wie Hotline Miami oder Musik wie Kaviskys Nightcall kennt, weiß genau was ich mit neo 80s meine. Auch die Brettspielgemeinde kommt immer wieder in diesen Genuss und erfreut sich Spielen wie Lazer Ryderz oder Flip Ships. Neon Knights 2086 schlägt, zumindest optisch, in dieselbe Kerbe; knallige Farben und cyberpunkige Grafiken a la Bladerunner lassen jedes 80er Herz höherschlagen. Alleine die Box könnte das Cover eines Synthwave Venyls sein. Aber worum geht es in Neon Knights 2086 eigentlich?


Neon Knights 2086 hat nichts mit Rittern zu tun, die allesamt aussehen wie David Bowie mit Laserschwert und reflektierender Kromrüstung, nein, in Neon Knights 2086 geht es um… Autorennen! Ja ich weiß das klingt jetzt etwas öde und ich wünschte ich könnte euch sagen, dass die Autos im Jahr 2086 fliegen können, aber leider muss ich euch enttäuschen. Dafür haben diese Karren aber fette Kanonen mit denen sie schießen und… naja das war‘s eigentlich, sie können nichts außer fahren und schießen. Reicht das heutzutage, um zu überzeugen oder bietet Neon Knights vielleicht doch mehr als es zunächst den Anschein hat? Um diese Frage zu beantworten müssen wir uns zunächst die Spielmechanik ansehen. 


Eine Partie Neon Knights 2086 beginnt mit der Auswahl einer Autofarbe und der dazugehörigen Miniatur. Hier finde ich es etwas schade, dass sich die Miniaturen lediglich in ihren Farben unterscheiden, die Modelle aber, im Gegensatz zu den Autos auf den Spielertableaus, identisch sind. Weiter geht es mit dem Verteilen bzw. Draften von geheimen Missions- und Modulkarten und schließlich dem modularen Aufbau der Rennstrecke. Der Spieler, der durch Zufall als letzter sein Auto bewegen darf, darf auch die Rennstrecke zusammenstellen. Das ist eine, wie ich finde, sehr coole Idee, die den Nachteil des letzten Spielers kompensiert und im Gegensatz zu vielen anderen Rennspielen, wo man im besten Fall ein doppelseitiges Spielbrett bekommt, viel Abwechslung bietet.


Danach beginnt die erste von insgesamt sechs Vorbereitungsrunden, in denen es darum geht sein Auto aufzurüsten und Sponsoren für das nächste Rennen zu bekommen. Sponsoren geben euch, in der sechsten Vorbereitungsrunde, Geld und verbessern euren Ruf in der jeweiligen Sponsorleiste. Mit diesen Ruf Punkten könnt ihr die oben erwähnten Module installieren, die euch besonders mächtige Boni geben, die kein anderer Mitspieler erwerben kann, individuelle Spielerfähigkeiten also. Die Ausrüstung für euer Gefährt könnt ihr durch das Ausgeben von Geld erwerben, dabei liegen alle verfügbaren Komponenten in einer offenen Auslage. Diese Komponenten werden in zwei Kategorien unterschieden, Komponenten die eure Fahreigenschaften verbessern und Komponenten die ihr im Kampf nutzen könnt. Das Kampfzubehör besteht aus Waffen, Schilden und Spezialkarten. Wenn euch jemand abknallt, verliert ihr Energie. Sinkt diese mal auf unter eins, setzt ihr eine Runde aus. Kommen wir nun zu den Karten, die Eure Fahreigenschaften verbessern. Diese lassen euch entweder schneller Beschleunigen oder Abbremsen. Ihr startet allesamt mit denselben Brems- und Beschleunigungskarten und könnt während der Vorbereitungsphase diese upgraden. Manche dieser Karten lassen sich auch auf die Hand nehmen und Ausspielen um beispielsweise mehr Geld zu bekommen.


Um diese beiden Kartenkategorien noch besser zu verstehen, kommen wir nun endlich zum Rennen. Dieses beginnt damit, dass jeder Spieler eine Startgeschwindigkeit zwischen 1 und 10 wählt. Diese Geschwindigkeit entspricht der Anzahl an Feldern, um die ihr euer Auto ziehen müsst. Aber Vorsicht, seid ihr in der Kurve zu schnell, könnte es sein, dass ihr rausfliegt und Schaden nehmt. Dies wird durch einen Würfelwurf entschieden wobei eure Geschwindigkeit bestimmt, wie viele der drei Würfel ihr würfeln müsst. Schafft ihr es, ohne Schaden um die Kurve zu driften, bekommt ihr Fanpunkte, die bei einer bestimmten Anzahl auch Siegpunkte einbringen. Fliegt ihr hingegen aus der Kurve, verliert ihr Fans. Auf Schaden würfeln müsst ihr auch, wenn ihr euch mit einem oder mehreren gegnerischen Fahrzeugen ein Feld teilt. Schießen dürft ihr jederzeit solange sich Gegner in Reichweite eurer Waffe befinden. Gleiches gilt für das Aktivieren der Schilde und einsetzen der Spezialaktion. Benutze Waffen-, Schild und Spezialkaten werden umgedreht und können erst dann wiederverwendet werden, wenn ihr auf einem Feld mit dem entsprechenden Symbol zum Stehen kommt. Auf dieselbe Weise könnt ihr während des Rennens eure Fahrzeuge reparieren. Wer als erster durchs Ziel kommt, bekommt die meisten Siegespunkte, startet in der nächsten Runde jedoch als letzter. Nach wie vielen Runden das Spiel endet entscheiden die Spieler vor Spielbeginn. Alternativ können auch vorgegebene Szenarien bzw. Saisons gespielt werden, bei denen das Spiel den Streckenaufbau vorgibt.


Ich habe gemischte Gefühle bezüglich Neon Knights 2086  Auf der einen Seite sehe ich viele Innovative Mechanismen, wie beispielsweise das Aufrüsten vor dem Rennen und den modularen Rennstreckenaufbau, dies lässt in der Theorie sehr viel Spielraum für ausgeklügelte Renntaktiken und Spielerinteraktionen, auf der anderen Seite spielt das Würfelglück eine zu große Rolle und das Spiel stellt mich kaum vor Entscheidungen, da ich oft durch das Rennen komme, ohne auf meine zuvor überlegte Taktik zurückgreifen zu müssen. Ich sehe ein knallig-buntes Spiel, das auf dem Papier viel Potenzial hat, während des Spielens aber etwas öde und grau bleibt. 


Ich mag Formula D sehr gerne, da es den Nervenkitzel eines Rennspiels perfekt einfängt und das indem es sich fast ausschließlich auf Würfelglück verlässt. Bei Formula D ist mein Ziel klar, ich muss so schnell und so unbeschadet wie möglich als erster über die Ziellinie. Neon Knights 2086 ersucht mir ebenfalls dieses Ziel zu vermitteln, gibt mir aber vorher sehr viel Zeit mir ganz genau zu überlegen wie ich an dieses Ziel komme, um mir schlussendlich doch zu beweisen, dass kaum etwas davon wichtig war. Ich habe es sogar einmal geschafft auf der höchsten Geschwindigkeitsstufe durch das Rennen zu kommen ohne auch nur einmal einen Gang zurückschalten zu müssen. Weder die Waffen meiner Mitspieler noch meine eigenen Karten konnten Sinnvoll eingesetzt werden. Das Rausfliegen aus den Kurven wird viel zu milde bestraft und die Spielerinteraktionen haben leider nicht genug Einfluss um einen führenden Spieler vom Sieg abzubringen. Am Ende ist Neon Knights 2086 ein Würfelfest, was aber viel zu schnell und spannungslos endet, da die Rennstrecken einfach zu kurz sind, die sehr lange Vorbereitungsphase vor dem Rennen sich irgendwie nicht auszahlt und das Spiel auch über mehrere Runden kaum Abwechslung bietet. 


Wer jedoch bereit ist Hausregeln aufzustellen, die beispielsweise das Rausfliegen aus den Kurven deutlich stärker bestrafen, oder die Lebenspunkte reduzieren um die Waffen so effektiver zu machen, könnte mit Neon Knights 2086 seinen Spaß haben. Es scheint so als ob Neon Knights 2086 nicht bis zum Ende durchdacht worden wäre. 

Viel verschenktes Potenzial, schade.



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Neon Knights: 2086 von Luca Vince Caltabiano
Erschienen bei Board to Death
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 60 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Board to Death)