27.01.2020

Ecogon


Ecogon – die gepuzzelte Umwelt

„An dieser Waldlichtung haben wir Hasen ausgesetzt.“ Erzählt uns der Naturschützer aus Bayern. „Damit haben wir Füchse und Wölfe im Wald angesiedelt und die Überwucherung durch Klee eingedämmt. Der neu gewachsene Lavendel hat einige Insekten angelockt.“ Mit einem enttäuschten Schulterzucken reagiert der Aktivist, als wir Ihn auf die Umweltverschmutzung und die Auswirkungen des Öl-Lecks ansprechen. „Ich glaube, dass wir mit unserer Arbeit nicht nur den Bestand retten, sondern auch die Vielfalt fördern. Damit sind die verschiedenen Habitate gut gegen solche Katastrophen geschützt. Aber ohne die Hilfe anderen , würde es hier nicht so gut laufen.“ Er lächelt, als er auf die anderen Männer und Frauen zeigt, die mit eigener Kraft den bayrischen Wald retten. Die Ecogon-Initiative ist nicht nur eine Beschäftigungsmaßnahme. Sie funktioniert.

Bohnen und Papier – Das Spielmaterial

Wie in meiner ökologischen Einleitung schon angedeutet, ist Ecogon einerseits mehr als Umweltinitiative, als nur als Spiel zu betrachten. Andererseits ist es auch sehr schön. Alle Tier- und Pflanzenbilder können locker mit Flügelschlag mithalten. Außerdem ist alles sehr übersichtlich gehalten und alles fühlt sich hochwertig an.

Das ist durchaus nicht selbstverständlich. Denn bei der Produktion von Ecogon wurde darauf geachtet, alles CO2-neutral herstellen zu können. So erklären sich auch die getrockneten Bohnen, welche die üblichen Spielsteine ersetzen. Schön zu sehen, dass auch in der Brettspielindustrie langsam ein Umdenken stattfindet und dass es nicht mal mit enormen Kosten oder minderwertiger Qualität einher geht. Gaia Games ist damit ein ökologischer Vorreiter. Und wer die Herren schon mal persönlich getroffen hat und sieht von welchen staatlichen Quellen sie gefördert werden, sieht, dass es sich hier nicht nur um einen Marketing Gag, sondern um echte Umweltführsorge handelt.


Nach den Pflanzen kamen die Tiere – Das Spiel

Ecogon verfolgt seinen ökologischen Ansatz nicht nur bei der Produktion, sondern natürlich auch im Spiel. Dieses Spiel soll den Spielern heimische Tiere und Pflanzen, deren Eigenheiten, sowie deren Lebensraum näher bringen. Und das macht es bravourös. Jedes Spiel beginnt damit, dass ein Lebensraum ausgelegt wird und jeder Spieler vom Stapel aus Lebensräumen, Tieren und Pflazen 2 Hexagone zieht. Außerdem einigen sich alle Spieler auf eine Anzahl von Ereignissen, die im Laufe des Spiels eintreten und die man überstehen muss. Es sind zwar nicht alle Ereignisse negativ, aber die meisten schon.

Eine Runde läuft dann immer gleich und flott ab: Ziehe ein Hexagon, lege ein oder mehrere Tiere oder Pflanzen an einen farbgleichen Lebensraum oder Lebensräume an ein Tier oder eine Pflanze. Nachdem anlegen überprüft man, ob du alle Bedürfnisse eines oder mehrerer Tiere erfüllt hast. Trifft dies zu, darfst du eine Bohne auf das Tier legen. Es sich nun in diesem Lebensraum etabliert und ist am Ende des Spiels Siegpunkte wert.

Am Ende der ersten Runden wird geprüft, ob sich bereits ein zweiter Lebensraum im Spiel befindet. Ist dies der Fall beginnt der spannende Teil des Spiels: die Ereignisse. Hier trennen sich quasi auch die Modi. Im Wettstreit Modus gewinnt der Spieler, der nach dem letzten Ereignis mehr Siegpunkte auf etablierten Tieren hat. Dieser Modus ist nicht besonders gut gelungen. Die Ereignisse greifen viel zu zufällig in den Wald ein. Was mit den Punkten von etablierten Tieren passiert ist nicht geregelt und auch sonst entfaltet der Modus keinen schönen Spielfluss. Ständig wartet man, dass man die richtige Kombination, aus Tieren, Pflanzen und Lebensräumen zieht. Das Spiel ist zäh und lang.


Dieses Manko hat der kooperative Modus nicht. Hier ist es das Ziel am Ende des Spiels so viele Tiere etabliert zu haben, dass deren Siegpunkte doppelt so hoch sind, wie die Anzahl der Ereignisse am Beginn des Spiels. Hier zeigt Ecogon seine Stärken. Wir puzzeln mühselig einen Lebensraum so zusammen, dass wir einen Wolf etablieren können, der ganze 7 Siegpunkte wert ist. Doch dann wird durch ein Ereignis eben dieser Wolf aus dem Spiel entfernt. Was frustrierend klingt, fördert das Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Mensch und Natur und motiviert eine noch diverse Fauna zu etablieren. Es entfaltet sich eins schönes Familienspiel ohne zu hohen Anspruch, aber mit guten und lehrreichen Spielmechaniken.

Rettet die Tiere des Waldes! – Das Fazit

Ecogon hat zwei Prämissen, die weniger mit einem Spiel, als mehr mit einem Lehrauftrag verglichen werden können: Produziere die Materialien möglichst CO2-arm und fördere das Verständnis für die Zusammenhänge in der Natur. Beides funktioniert wunderbar. Dieses Engagement wird auch von zahlreichen staatlichen und privaten Umweltorganisationen gewürdigt und gefördert.

Aber Ecogon kann noch mehr. Es ist außerdem ein tolles Familienspiel, indem sich Zufall und Planung sehr gut die Waage halten, so lange man kooperativ spielt. Die Schwächen liegen im Wettstreit-Modus. In dem Aspekt wird Ecogon, wie ein gutes Solo-PC-Spiel, an das noch unbedingt ein PvP-Modus angehängt werden musste.

Ecogon ist definitiv etwas für Kombinationsfreunde und Familien. Für ein kurzes Spiel gegen Freunde oder eine strategische Herausforderung ist es jedoch nicht geeignet.

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Ecogon von Micha Reimer
Erschienen bei Gaiagames
Für 1 bis 6 Spieler in ca. 120 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Gaiagames)