13.03.2020

Coloma


Coloma war eine von vielen neuen Siedlungen, die von den Pionieren bei der Erschließung des Westens der USA gegründet worden waren. In diesem Kaff allerdings wurde Gold an die Oberfläche gespült. Der daraufhin ausbrechende Goldrausch lockte eine Vielzahl von Abenteurern in den Westen, alle auf der Suche nach Reichtum und Wohlstand.


Das Brettspiel mit demselben Namen versucht, diese Zeit einzufangen und macht daraus eine wilde Mischung aus Worker-Placement, Handkarten- und Ressourcen-Management und ist – das soll vorausgeschickt werden – hochwertig ausgestattet. Uns lag die Deluxe Edition als Rezensionsexemplar vor. Das bedeutet: noch hübschere Goldklumpen, Poker-Chips als Spielwährung, ein Sheriff-Stern aus Metall als Startspielermarker und einige Module zur Erweiterung des Grundspiels.


Aus diesem Material gilt es nun, die meisten Siegpunkte herauszuquetschen. Wer nach drei Jahren à fünf Runden das meiste Gold geschürft, die beste städtische Infrastruktur errichtet, die Grenzlande besiedelt und viele Flüsse und Brücken ausgehoben hat, gewinnt. Es schadet außerdem nicht, sich in den drei Jahren um die Verteidigung der Stadt zu kümmern, um so zusätzliche Punkte zu kassieren.


Zu Beginn einer Runde entscheiden sich die bis zu sechs SpielerInnen gleichzeitig und im Geheimen für eine von fünf zur Verfügung stehenden Aktionen. Sollte sich dadurch nach Offenlegung der gewählten Aktionen eine eindeutige Mehrheit für eine der fünf Möglichkeiten ergeben, gilt diese Aktion als „Busted“ und die Bonusaktion entfällt. Das ermuntert die SpielerInnen, nicht dieselbe Taktik zu fahren und sorgt auch für falsche Entscheidungen, wenn am Tisch viel geblufft wird. 

Das Spiel verwendet einen Rondell-Mechanismus, wodurch immer eine der fünf im Rondell zu findenden Standardaktionen durch die (magnetische und damit stabil fixierte) Barker-Aktion verdeckt wird. Diese wandert im Kreis und kündigt das Ende eines Jahres an. Bis es soweit ist gilt es aber, die vielen Ressourcen zu überblicken, effektiv einzusammeln und genauso effizient in Siegpunkte umzuwandeln.


Das ist leichter gesagt als getan, denn die vielen Aktionsmöglichkeiten müssen in die 15 Spielzüge einer Partie gequetscht werden. Es müssen „Dudes“, Pferde, Zelte, Geld und Goldnuggets besorgt werden, um Flüsse auszuheben, Brücken und Gebäude zu bauen, den Planwagen durch die Prärie zu lenken, um dort Zelte zu platzieren und um Schützen gegen die Banditen abzustellen, die die Stadt am Jahresende heimsuchen. Wer nichts zur Verteidigung beisteuert, erhält Minuspunkte, wer am meisten zum Sieg beiträgt, erhält Geld, Gold, Siegpunkte und den hübschen Startspielermarker. 

Es ist an vielen Baustellen viel zu tun und wenn man ehrlich ist, wächst einem die Aufgabe schnell über den Kopf. Coloma erschlägt die SpielerInnen mit Möglichkeiten und nach den ersten Partien ist das noch immer viel Stochern im Nebel. Die Zusammenhänge der einzelnen Mechanismen erschließen sich nicht sofort und ich frage mich, ob das Spiel daraus seinen Wiederspielwert ziehen möchte. Allzu variabel fällt der grundsätzliche Spielaufbau nämlich nicht aus. Vielleicht gibt es deshalb auch gleich zusätzliche Module, die das Spiel länger unterhaltsam halten sollen.


Ein weiteres Manko stellt die Spielzeit dar: Für Coloma werden 60 bis 90 Minuten angegeben, je nach SpielerInnenzahl. Wir erinnern uns: 15 Spielzüge stehen uns zur Verfügung. Die einzelnen Aktionen sind nicht ausufernd lang und einen großen Teil davon kann man auch gleichzeitig ausführen. Doch zwischen den einzelnen Runden muss viel Verwaltung vorgenommen werden. Das Rondell muss weitergedreht und die gesetzten Arbeiter vom Spiel genommen werden, damit sie sofort wieder erneut gesetzt werden können. Dieses Auf- und Abräumen findet so häufig statt und nimmt fast soviel Zeit wie der eigene Zug in Anspruch, dass das eigentliche „Gameplay“ völlig verwässert. 

Coloma fühlt sich sehr aufgedunsen an. Es will viele Mechaniken unter einen Hut bringen, aber im Kern tut man in einer Partie kaum etwas, um diese vollumfänglich kennenzulernen. Dazwischen ist man zudem mit Leerlauf und dem Drehen und Verschieben von Plättchen und Figuren beschäftigt. Es braucht daher mehrere Partien, um die Funktionsweisen des Spiels zu verstehen. Das kann reizvoll sein, aber auch abschreckend wirken. 


Vielleicht leidet das Spiel auch unter seiner Thematik und den vielen Nuancen, denen im Spiel ein Platz eingeräumt wird. Coloma möchte zu viele Aspekte des Lebens in einer Goldgräberstadt berücksichtigen und vergisst dabei aber so Essenzielles wie das Goldschürfen selbst: An keiner Stelle fühlt es sich so an, als wäre man selbst für die Goldklumpen verantwortlich, die man im Spiel erhält. Stattdessen kommen sie den SpielerInnen in den meisten Fällen einfach so zugeflogen, weil man den Planwagen richtig gesetzt hat oder ein Ereignis einfach alle Spieler mit Gold belohnt.

Das ist schade, denn das Setting und die Ideen hinter Coloma hätten ein tolles Spiel abgegeben. Leider findet all das nicht zu einem stimmigen Ganzen zusammen. Und mit Blick auf die üppige Ausstattung bestätigt sich: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.


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Coloma von Jonny Pac Cantin
Erschienen bei Final Frontier Games
Für 1 bis 6 Spieler in 90 Minuten
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Final Frontier Games)