11.07.2020

Man muss auch gönnen können


Man muss auch gönnen können. Ein Satz, der auf den ersten Blick zu lang und zu sperrig zu sein scheint, um als Titel für ein abstraktes Würfelspiel herzuhalten. Doch noch in der ersten Runde merkt man, dass der Satz eigentlich perfekt zum Spiel passt. 

In Man muss auch gönnen können geht es darum, Aufgabenkarten zu erfüllen, indem man die passenden Würfelergebnisse einträgt. Abgeschlossene Bonus-Karten erlauben Zusatzaktionen, abgeschlossene Wertungs-Karten geben Siegpunkte. Das Problem: Nur, wenn die Karte auch vollständig ausgefüllt wird, dürfen die gewürfelten Ergebnisse auch eingetragen werden. Für bspw. eine Straße mit allen fünf Würfeln von 1 bis 5 (bei der die Drei auf dem grünen Würfel zu sehen sein MUSS), muss man schon sehr viel Glück haben, um die Karte mit insgesamt drei Würfen in einem Spielzug abzuschließen.


Nach dem zweiten und dritten Wurf haben die passiven SpielerInnen die Möglichkeit, einzelne Würfelergebnisse auf ihren Karten einzutragen – ohne eine Karte damit abschließen zu müssen. Während der aktiv Spielende also daran verzweifelt, ein ordentliches Ergebnis zu erzielen und zähneknirschend noch einmal würfelt, machen alle anderen MitspielerInnen kleine Fortschritte auf den Karten und erinnern ihn breit grinsend daran: „Man muss auch gönnen können


Um nicht ständig als elender Gönner dazustehen, hat man zwei weitere Möglichkeiten: Entweder man schafft das benötigte Würfelergebnis mit dem ersten Wurf oder bricht seinen Zug ab und kauft stattdessen eine neue Wertungs- oder Bonus-Karte aus der Auslage. Dafür nötig ist aber entweder ein Dreier- oder ein Viererpasch. Auch nicht immer leicht zu erzielen. Die neu erworbenen Karten legt man an seine Startauslage an, sodass sich nach und nach ein 3x3-Raster aus Karten ergibt. Dabei muss man darauf achten die Karten auf die richtigen Positionen zu legen, da manche Wertungs-Karten Punkte bei korrekt gelegten Spalten oder Reihen liefern. Da hilft das alleinige Abschließen der entsprechenden Karte nicht viel, wenn man die neuen Karten dann falsch platziert. Sobald in eine Auslage die 9. Karte gelegt wird, wird das Spielende eingeläutet.


Man muss auch gönnen können spielt sich flott und übt einen besonderen Reiz dadurch aus, dass man lange daran zu Knobeln hat, was eine valide Taktik im Spiel ist. Die Mischung aus Bonus- und Wertungs-Karten in der eigenen Auslage muss abgewogen werden. Genauso muss darauf geachtet werden, bestenfalls zuerst Bonuskarten abzuschließen, um deren Vorteile auch effektiv nutzen zu können. Dadurch läuft man aber Gefahr, am Ende zu wenig Punkte gemacht zu haben. Zusätzlich ist es wichtig, auch einen ständigen Nachschub an neuen Karten einzukaufen. Mir ist es mehrmals passiert, dass ich alle Karten abgeschlossen hatte und dann einen Zug vertrödeln musste, um mir mit einem Dreier- oder Viererpasch eine neue Karte kaufen zu können. Würfelt man dann auch noch schlecht, hat man einen kompletten Zug verspielt. Passive Würfelergebnisse lassen sich ohne offene Karten auch nicht abgreifen.


Der Glücksfaktor trägt einen erheblichen Teil zum Spielgeschehen bei. Wer gleich beim ersten Wurf gute Ergebnisse abliefert, kommt nicht nur in seiner Auslage schnell voran, sondern verwehrt den anderen die Möglichkeit, passiv Fortschritt zu machen. Und haben die Mitspielenden dann auch Pech in ihren eigenen Zügen, kann der Spaß am Spiel schnell verfliegen. Um die Zufälligkeit des Würfelwurfs etwas auszugleichen, gibt es aber die Boni, die es den SpielerInnen nach deren Freischaltung erlauben, bspw. das Würfelergebnis oder die –farbe anzupassen.
Und obwohl das Spiel einen nicht zu verachtenden Sog entwickelt, kann es dennoch passieren, dass es nach einigen frustrierenden Partien schneller als gedacht im Spieleregal verschwindet. Roll&Write-Interessierten sei zunächst eher Ganz schön clever bzw. Doppelt so clever ans Herz gelegt. Für EnthusiastInnen ist Man muss auch gönnen können aber definitiv einen Blick wert.
_________________________________________________________________________________ 

Man muss auch gönnen können von Ulrich Blum und Jens Merkl
Erschienen bei Schmidt Spiele
Für 1 bis 4 Spieler in 30 Minuten ab 8 Jahren
Boardgamegeek Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Schmidt Spiele)