13.09.2020

Sabotage


Ein Plot wie in einem Aktion-Blockbuster: Eine Gruppe von Bösewichten bastelt in ihrer Vulkanfestung an Maschinen, mit denen sie den Weltuntergang herbeiführen wollen. Oder zumindest wollen sie so viel zerstören, dass sie alle Macht durch Schrecken und Angst erlangen. Wären da nicht wagemutige Spione, die sich trauen, in diese Vulkanfestung einzubrechen. Sie haben nur ein Ziel: Die Deaktivierung dieser Maschinen – natürlich um die Welt zu retten. (Alles andere wäre ja auch langweilig.) Und die Bösewichte wiederum versuchen diese verdammten Spione aus ihrer mega geilen Festung rauszuhauen. Worum es geht, ist also klar, schauen wir uns Sabotage genauer an.

Missionsstatus: Grün – ab ins Vergnügen

In Sabotage teilen sich im besten Fall vier Spielwillige in zwei Teams. Die einen spielen die Spione, welche in das Hauptquartier der Bösewichte eindringen und deren Doomsday-Maschinen insgesamt acht Mal hacken wollen. Dann tragen die Spione den Sieg davon. Die Bösewichte wiederum wollen eben jenes Vorgehen verhindern und gewinnen dann, wenn sie die Spione insgesamt fünf Mal aus ihrer Festung vertrieben haben. 


In Sabotage werden die Aktionen der jeweiligen Teams durch das Setzen von Würfeln bestimmt. Dabei arbeiten beide Teams jedoch mit dem gleichen Würfelergebnis, sodass abzusehen ist, welche Zahlen zur Verfügung stehen. Dafür würfelt ein beliebiger Spieler (die Anleitung möchte, dass es ein Bösewicht ist, aber das ist grundsätzlich egal) und sagt das Ergebnis an. Alle legen ihre vier Würfel auf die jeweiligen Seiten und los geht’s. Meistens kann man nur zwei der vier Würfel nutzen, plant also zwei Aktionen. Dafür hat jedes Team unterschiedliche Basisaktionen. Der Clou an dieses Aktionen ist nun, dass diese einem vorgeben, was man dem gegnerischen Team sagen muss. Das ist daher interessant, da es sich um ein Hidden-Movement-Game handelt und die Spielschachtel als Sichtschutz dient. Als Bösewicht muss man bei seinen Aktionen fast nie was sagen und darf relativ geheim operieren. Dafür ist es für die Spione auch wesentlich einfacher, einen aufzudecken. Das gleiche gilt umgekehrt: Die Spione müssen gefühlt ständig reden, sie jedoch aufzuspüren ist stets schwerer als gedacht. Und dabei ist das Spielfeld nur ein Raster aus vier-mal-vier Feldern – doch das ist groß genug. Die Unterschiede resultieren hierbei aus den verschiedenen Sieganforderungen und Basisaktionen der beiden Teams. 


Was dem Ganzen nun noch einen richtigen Twist gibt, sind die verschiedenen Charaktere! Jedem Team stehen vier an der Zahl zur Verfügung, welche alle über asymmetrische Fähigkeiten verfügen. Und auch bei diesen Fähigkeiten muss man sich ab einem gewissen Zeitpunkt dafür entscheiden, welche man erlernen möchte und auf welche man diese Runde verzichtet. Daraus resultieren so unglaublich viele Kombinationsmöglichkeiten, dass man echt lange spielen muss, um alles mal in Aktion erlebt zu haben!

Man will gewappnet sein – respektable Ausstattung

Nun ist das erste, worüber viele reden, wenn um Sabotage geht, dessen Material. Und ja, es ist der Wahnsinn! Allein die Ausmaße der Box sind gigantisch. Und natürlich hätten es keine Miniaturen sein müssen, erst recht nicht für die Doomsday-Maschinen und Generatoren. Allein davon gibt es insgesamt zehn Stück! Es wirkt auf den ersten Blick an vielen Stellen etwas übertrieben, etwas groß, etwas zu viel. Doch wenn man einmal im Spiel ist, ist dieses Material überwältigend gut! Natürlich müssen die Doomsday-Maschinen Miniaturen sein, damit die Hack-Würfel auch richtig drin halten. Dieses Spiel möchte ein Erlebnis sein, was sich greifen lässt! Dabei ist vieles sogar äußerst praktisch: So zum Beispiel die dual-layerd Playerboards. Doppelte Pappe mit Einkerbungen, sodass einmal platzierte Würfel nicht verrutschen. Genial! Ich weiß, es ist teurer zu produzieren, nimmt mehr Platz in der Schachtel weg, aber wenn man es haben kann, sollte man das. Es ist so viel besser! Es ist schwer, über dieses Material zu reden, ohne komplett für bekloppt gehalten zu werden. Deswegen höre ich damit jetzt auch auf. Guckt euch paar Fotos an, dann seht ihr, wie klasse das alles ist! Ach, und wenn man mit den Game Trayz alles schön aufräumen…. Nein! Ich höre jetzt auf damit!


Wenn alles knallt, kracht und explodiert – mein Fazit

Die Explosionen gibt es vor allem auf der Seite der Bösewichte: Richtig schön mit einem Flammenwerfer die Spione vertreiben oder mit TNT direkt mal ordentlich aufgeräumt – Träumchen! Um es kurz zu machen: Ja, Sabotage ist geil! Und für mich ist es auch ziemlich einzigartig. Klar, über Cpt. Sonar müssen wir gleich noch reden, aber erstmal zu Sabotage.  Dieses rundenbasierte Versteckspiel ist super, man weiß oft viel, ist sich jedoch nicht zu hundert Prozent sicher, wo sich das Gegenüber genau befindet. Was mir auch richtig gut gefällt ist die Spieldauer. Nach einem doch etwas regelintensiven Einstieg (wobei vieles nach ein bis zwei Runden klar ist), dauert eine Partie selten länger als eine dreiviertel Stunde. Daher ist meistens immer Zeit für eine Revanche. Und trotz der Intensität bringt die Rundenstruktur etwas Ruhe in das ganze Geschehen und man ist nicht komplett mental zerstört, wie nach Cpt. Sonar mit seinem Echtzeit-Element. Wo wir gerade dabei sind: Sabotage muss sich mit Cpt. Sonar messen, weil es einfach der direkteste Vergleich bzw. Konkurrent in diesem Segment ist.


Beide Spiele führen dieses Versteckspiel mit Brillanz aus. Bei Cpt. Sonar meist in Echtzeit, wobei auch hier eine Rundenbasierung möglich ist. Bei Cpt. Sonar gilt: Gleiche Bedingungen für beide Teams, bei Sabotage das komplette Gegenteil. Zunächst einmal muss ich feststellen, dass obwohl sie die großen Konkurrenten in diesem Segment sind, sie doch eigentlich gar nichts gegeneinander haben. Beide Spiele sind für unterschiedliche Gruppengrößen konzipiert. Cpt. Sonar glänzt mit 6-8 Spielern, Sabotage ist auf vier Personen angewiesen. Was ich spiele, hängt also sehr von der Größe meiner Gruppe ab. Wenn das nun aber egal ist? Nun, wenn ich die absolut freie Wahl hätte, würde ich wohl Sabotage wählen. Warum? Die Rundenstruktur macht es mir etwas ruhiger, Cpt. Sonar bereitet mir nach einer Partie immer enorme Kopfschmerzen. Aber der eigentliche Grund ist die größere strategische Variabilität in Sabotage.  Daher würde ich zu diesem Spiel zu greifen. Was hingegen sehr für Cpt. Sonar spricht, ist, dass es nur knapp die Hälfte von Sabotage kostet. Klar, es gibt auch keine Miniaturen, sondern nur paar laminierte Bögen und einen Sichtschirm – will man aber nur das Erlebnis und hat nicht besonders viel Geld, dann tuts auch Cpt. Sonar. (Und wenn ich den Sammler in euch triggere, müssen eh beide Spiele in die Sammlung!)


Wo wir schon bei einem Kritikpunkt mit dem wirklich stattlichen Preis sind, müssen wir über noch was anderes reden: Die Spielerzahl. Klar, auch Cpt. Sonar braucht eine gewisse Zahl, doch gibt es hier zumindest etwas Varianz. Bei Sabotage müssen es vier Leute sein. Lasst auf der Packung stehen, was dort steht, das ist Bullshit. Es braucht vier Leute, sonst gibt es nur weniger als die Hälfte des Spielspaßes. Andererseits gibt es auch so viele andere Spiele, die ich spielen könnte, wenn man eben nicht zu viert ist. Von daher ist es Ansichtssache, wie stark man einen solchen Punkt wertet. Natürlich mag es auch Leute geben, die bei einem solchen Preis eine rundum glücklich machende Wundertüte erwarten – aber sowas gibt es eigentlich nicht. Den Preis zahlt man für die Komponenten. Und bei diesen darf ich nicht verschweigen, dass sich in der ersten Auflage kleine Fehler (wirklich nicht viele!) eingeschlichen haben, welche man durch einen Stickerbogen selbst beheben muss. Das ist halt das Leiden eines kleineren Verlages. Hoffen wir auf eine Fehlerfreiheit in späteren Auflagen. 

Was bleibt also noch zu sagen? Mega schönes Spiel! Knackige Spielzeit, super Spieltiefe und geile Komponenten. Ein State-of-the-Art für 2019. Hieran können sich wohl noch lange Spiele in diesem Segment messen lassen. 


PS: Was mir dann noch richtig Spaß gemacht hat, ist die Spielumgebung jedes Mal neu aufzubauen. Dafür darf jedes Team abwechselnd ein Element bestimmen und wo es auf dem Spielplan platziert wird. Hier startet das Spiel schon vor dem eigentlichen Spiel – brillant! 

Zum Hacken ist man nie zu jung!? – Für wen ist Sabotage

Kinder: 0/5 (Englisch, Thema wahrscheinlich ungeeignet)

Familien: 3/5 (Mit etwas Einarbeiten wirklich gut zu spielen, ab etwa 10 Jahren möglich)

Kenner: 5/5 (vorausgesetzt man mag die Art von Spiel)

Experten: 5/5 (Ich sehe keinen Grund, warum nicht auch Vielspieler oft Spaß dran haben können)


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Sabotage von Tim Fowers und Jeff Krause
Erschienen bei Fowers Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 75 Minuten ab 10 Jahren
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Fowers Games)