27.12.2020

Poule Poule


Ich gebe es offen und ehrlich zu. Trotz meiner starken Affinität zu Kartenspielen, schreckte mich Poule Poule im ersten Moment ein wenig ab. Das Design wirkt…im wahrsten Sinne des Wortes merkwürdig und war so überhaupt nicht meins: Ein Spiel, in dem es darum geht, dass Hühner einen Film drehen und man Eier zählen soll? Echt jetzt?

Aber wie so oft, trügt der äußere Schein und hält einen davon ab, die inneren Werte zu erkennen. Denn Poule Poule bringt jede Menge frischen Wind in das Genre der Hühner-Filme-Kartenspiele, hehe. Spaß beiseite. Poule Poule ist tatsächlich ein ziemlich witziges Spiel, wenn man das Setting mag oder eben einfach gedanklich mal beiseite räumen kann. Wobei…ich gebe es zu…der Stil dem einen oder anderen sicher sehr gefallen wird, aber über Geschmack lässt sich nun mal bekanntlich nicht streiten.


Beim Öffnen der Verpackung gackern einem schon die Hühner in Form von Karten entgegen und es kann auch schon losgehen (ok, man muss vorher einige Karten aussortieren, um quasi ein „Starerdeck“ zu bauen und dieses dann mischen, aber das war’s auch schon). Der Regisseur (aktiver Spieler) schnappt sich die Karten und deckt eine nach der anderen auf. Die jeweils neue Karte wird auf die Karte davor gelegt, so dass ein Kartenstapel entsteht. Im Einführungsspiel gibt es dabei drei verschiedene Karten: ein Ei, eine Henne und einen Fuchs. Die Aufgabe (und somit die Herausforderung) liegt nun darin, die aufgedeckten Eier im Stapel zu zählen. Klingt doch easy, oder? 

Ja, doch ist das nur die halbe Wahrheit: denn nicht jedes Ei, zählt als Ei. Es zählen nur die sichtbaren Eier….Hä? Bei einem Stapel ist doch immer nur die letzte Karte sichtbar!? Richtig. Aber es zählen alle Eier, auf denen keine Henne sitzt, als sichtbare Eier. Eine Henne kann sich nur auf ein Ei setzen, wenn schon vor ihr überhaupt ein sichtbares Ei vorhanden war. Und ein Fuchs verjagt eine Henne, die vor ihm abgelegt wurde. Alles klar soweit? Legt man also erstmal 2 Eier, eine Henne, ein Ei, eine Henne, einen Fuchs, ein Ei und einen Fuchs ab, dann hat man wie viele sichtbare Eier? Richtig! 4! Und allein das lässt die Köpfe aller Mitspieler qualmen, glaubt mir!


Sobald jemand meint, dass mindestens 5 sichtbare Eier auf dem Stapel liegen, schlägt er auf den Stapel. Die anderen Spieler können dies nun akzeptieren oder (ggf. gemeinsam) Einspruch einlegen. Akzeptieren sie es, bekommt der „Schläger“ ein Ei-Teil. Bei einem Einspruch wird der Film wiederholt (= der Stapel wird einzeln aufgearbeitet). Ergibt die Wiederholung, dass der Schläger Recht hatte, bekommt er sein Ei-Teil und die Widerspruchsführer verlieren je ein Ei-Teil. Lag der Schläger falsch, geht er leer aus (verliert aber nichts) und die Widerspruchsführer bekommen je ein Ei-Teil. Wer zuerst drei Ei-Teile zusammen hat (= ein ganzes Ei), gewinnt das Spiel.

Wie bereits gesagt, haben es bereits die drei genannten Karten schon gewaltig in sich. Das Spiel kommt allerdings noch mit 7 weiteren Kartenarten daher, die in das Deck gemischt werden können. Teilweise haben diese Abhängigkeiten zueinander und müssen gemeinsam ins Deck oder es wird eine andere Karte aus dem Deck ausgesondert. So gibt es bspw. einen Bauern, der Eier in Sicherheit bringt, einen Hund, der den Fuchs verjagt, wobei man hier wiederrum verkleidete Füchse dazunehmen kann, die sich vor dem Hund tarnen, Enten, einen Hahn, einen Wurm und ein Straußenei. Dazu gibt es noch „Spezial-Effekte“, was im Kern alternative Karteneffekte sind. Da die Karten selbst nämlich keine Texte haben, liefert das Spiel für einige der Karten einfach Sonderregeln mit und lädt dazu ein, selbst Sonderregeln zu erfinden.


In Summe fällt Poule Poule also definitiv in die Kategorie „schnell erklärt, schnell gespielt“, führt aber zu einer Hirnakrobatik, die es in sich hat. Und die – der kurzen Spieldauer sei Dank – für sämtliche Spielerrunden und Alterskonstellationen hervorragend geeignet ist. Ob als Spiel für Zwischendurch für die Familie oder als Absacker für die Altherrenrunde. Spaß macht Poule Poule (wenn man sich mit der Optik arrangiert hat) sicherlich in jeder Zielgruppe. Doch Vorsicht: Wenn das Hirn zu qualmen beginnt, sollte man tunlichst aufhören (oder ein Spiegelei braten...
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Poule Poule von Charles Bossart
Erschienen bei Game Factory
Für 2 bis 8 Spieler in ca. 20 Minuten ab 8 Jahren

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Game Factory)