25.05.2021

Rolling Dice


Die Luft knistert vor Spannung. Team blau macht sich für den entscheidenden Wurf bereit. Direkt im Anschluss findet die vermutlich letzte Wertungsrunde der Partie statt. Matchball in der Eisarena, es fehlen blau nur noch 5 Punkte für den Sieg. Doch Lila ist ihm an den Fersen und braucht nur noch 7 Punkte, hat aber tatsächlich den eigenen Würfel ganz weit vorne, vor allen anderen. Blau braucht einen guten Wurf, um das Match für sich zu entscheiden. Die Spannung ist kaum auszuhalten. Blau schnappt sich die drei Würfel, würfelt…der erste landet im Wasser, der zweite verliert schnell den Schwung und bleibt mit einer 1 auf dem Eis liegen und der letzte schlittert an dem vorhandenen Wertungswürfel vorbei… und bleibt mit einer 5 ganz knapp hinter lila liegen….Blau bekommt nun also die eigenen 5 Punkte, plus die 3 von grün und die 1 von rot. Die 5 Punkte sind also locker in der Tasche, doch Lilas Würfel liegt ein Stück weiter vorne und bekommt die gleichen Punkte wie Blau plus die eigene Augenzahl. Und da es eine 3 ist gewinnt Lila haarscharf vor Blau das Spiel.


Und ob ihr’s glaubt oder nicht: Mit diesem „Spielbericht“ habt ihr schon alle Regeln von Rolling Dice mitbekommen. Ob das Spiel aber auch wirklich so vor Spannung knistert, wird nicht gespoilert. Eilige können gerne wie so oft zum Ende springen, wo ich das Thema nochmal aufgreife.

Aber zuerst möchte ich mein Leid mit Euch teilen: Stellt Euch vor, ihr bekommt eine schick gestaltete, übergroße Spielschachtel. Ihr packt das Teil aus und die Anleitung sagt Euch: Reiße die Vorderkante der Verpackung ab und wirf sie weg. Ich weiß ja, in Zeiten von unzählen Legacy- und Escapespielen ist das Vernichten von Spielmaterial ja mittlerweile en vogue, aber die Spielschachtel? Hm…Das Ganze ist natürlich nicht einfach nur der Willkür der Spielentwickler geschuldet, sondern hat schon einen sinnvollen Grund: Nach dem Abbreißen der Vorderkante, klebt ihr nämlich eine Eisscholle so in die Schachtel, dass deren Vorderkante mit der nun neuen Vorderkante der Schachtel gleichzieht. Über diese Kante werden nun die Würfel in die Eisarena geworfen. Leider merkt man den nun fehlenden Packungsteil aber später beim Verpacken und Lagern durchaus. Die Schachtel gibt hier künftig nämlich deutlich nach. Das fand ich nun nicht so wirklich schick gelöst, aber sei’s drum.


Kommen wir zum Spiel an sich: Nachdem alles fertig gebastelt ist, sucht sich jedes Spielkind (aber auch Spielerwachsene, ich bleibe der Einfachheit halber aber mal bei den Kids, den Grund erfahrt ihr später) eine Farbe aus und bekommt vier (recht kleine, bunte, aber transparente und dadurch echt schicke) Würfel sowie eine Robbe. Letztere wird auf die Außenkante der Schachtel gesteckt, denn der noch übrig gebliebene Schachtelrand dient auch gleich als Wertungsleiste. Angesichts der wirklich großen Packung und dem weiteren Spielablauf ist dieses kleine Detail echt gut gelöst. Die Packung werden wir nämlich im laufenden Spiel ständig hin und herschieben. Eine separat liegende Wertungsleiste würde hier nur stören.


Jetzt geht es aber los: Das Starspielkind nimmt sich die vier Würfel und wirft sie in die Box, natürlich von außen über die offene Schachtelseite. Sofern mindestens ein Würfel nicht im Wasser landet, sucht man sich einen der auf der Eisscholle liegenden Würfel aus und lässt diesen liegen (= Wertungswürfel). Alle anderen kommen wieder zu einem zurück. Sind doch alle im Wasser gelandet, legt man einen davon auf den ersten Eisblock am Spielfeldrand. Nun sind reihum alle anderen Spielkinder an der Reihe und werfen ebenfalls ihre vier Würfel in die Arena und wählen einen aus, der liegen bleibt. Schuppst man dabei einen fremden Würfel ins Wasser, wird der geschuppste ebenfalls auf einen Eisblock am Spielfeldrand gelegt. Nun wird gewertet: Wer auf einem Eisblock liegt, bekommt nichts. Wer auf der Scholle liegt erhält die eigene Augenzahl plus die Augenzahlen aller Würfel, die hinter dem eigenen liegen (inkl. der Eisblöcke). Außerdem gibt es noch Boni, wenn man auf einem Fischernetz landen konnte und Abzüge für berührte Eislöcher.


Nun beginnt die neue Runde mit drei Würfeln: Wer wirft, muss es schaffen, den eigenen Wertungswürfel zu übertreffen und zwar entweder indem einer der drei Würfeln weiter vorne auf der Eisscholle landet oder eine höhere Punktzahl ausweist. Schafft man dies nicht, hat man einen Fehlwurf und muss den „alten“ Wertungswürfel auf einen Eisblock legen. Der Wertungswürfel wird zur Vermeidung von Missverständnissen dabei vor jedem Wurf mit einem Ring markiert. Abera propos Eisblock: Alle Würfel von den Eisblöcken gehen zu Beginn einer Runde an die Spielkinder zurück und wer seinen Würfel auf dem ersten Eisblock liegen hatte, wird neues Startspielkind. Waren alle einmal dran, wird wieder gewertet. Das Ganze läuft so lange, bis eine – je nach Anzahl der Spielkinder unterschiedliche – bestimmte Zahl an Punkten überschritten wurde. Es gewinnt, wer die meisten Punkte sammeln konnte.


Die Regeln und der Ablauf klingen unspektakulär? Ganz ehrlich, das dachte ich auch. Und in der Tat macht Rolling Dice vor allem mit Kindern nochmal deutlich mehr Spaß als in einer reinen Erwachsenenrunde. Doch auch letzte kann mit einer schnellen Würfelrunde für zwischendurch sicherlich so einige schadenfreudige Lacher gebrauchen. Und die gibt es hier ganz sicher! Insofern eignet sich das Spiel für alle Altersgruppen, uns hat es aber mit unseren beiden Kids definitiv am meisten Freude bereitet. Hier kochen die Emotionen einfach viel schneller hoch und jeder einzelne Wurf wird gefeiert oder verdammt. Das Ganze gepaart mit einer doch zackigen Spielzeit macht Rolling Dice zum perfekten Familien-Spieletag-Absacker. Oder eben auch zum schnellen Frustab- oder –aufbau nach einer Partie *beliebiges Hardcore-Strategiespiel einsetzen*.

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Rolling Dice von Karl-Heinz Schmiel, Albrecht Werstein, Peter Wichmann und Klaus Zoch
Erschienen bei Abacus Spiele
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 30 Minuten ab 8 Jahren

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Abacus Spiele)