17.06.2021

Lions of Lydia


Kennt ihr den Spruch “Ich bin doch nicht Krösus!”? Ja? Und wer war dieser besagte Krösus? Ehrlich gesagt wüsste ich das ad hoc auch nicht, aber das Spiel Lions of Lydia aus dem Hause SpieleFaible könnte hier Abhilfe schaffen. Denn Lydien ist das Land des Königs Krösus und er hat die erste Münzen überhaupt prägen lassen und somit den Wandel des Handels eingeläutet. Und wie gut das spielerisch umgesetzt wurde, das wollen wir uns nun ein wenig genauer ansehen.
Vorweg aber noch ein paar Hard-Facts: 2-4 Spieler ab 12 Jahren können teilnehmen und eine Partie dauert ca. 30-60 Minuten. Autor des Spiels ist Jonny Pac und illustriert wurde es von Darryl T. Jones. 


[THEMA & MECHANIK]

Im Herzen ist Lions of Lydia ein Bag Building Spiel. Wir haben also einen Beutel, welchen wir stets mit verschiedenfarbigen Kaufmanns-Meeplen gefüllt haben. Wobei “gefüllt” nach mehr klingt, als es wirklich ist. Im Schnitt befinden sich meist nicht mehr als 4 Meeple im Beutel. 
Zu Beginn sind es genau vier Meeple in den Farben Blau, Rot, Grün und Gelb, die wiederum alle für eine Rohstoff-Art stehen: Rot = Fleisch/Vieh, Gelb = Getreide, Blau = Stein und Grün = Vase/Schmuck (Kultur?). 

Bin ich an der Reihe ziehe ich nun einen Meeple aus dem Beutel und schicke diesen “Kaufmann” entweder an eins der vier Stadttore oder zum Brunnen. 

Bei den Stadttoren wird gehandelt und zwar erhalte ich dann sofort die Rohstoffe der Farbe des Tores und aller Meeple, die sich dort aktuell befinden. Diese Rohstoffe halte ich über eine Leiste auf meinem eigenen Spielerboard fest und darf den Marker entsprechend nach rechts bewegen. Ich kann nie mehr als 6 Einheiten eines Rohstoffs haben und mit Erreichen der sechsten Stelle bekomme ich sogar noch einen Bonus, in dem ich entweder auf meiner Einflussleiste vorankomme oder eine Länderei in meinem Besitz kostenlos aufwerten darf. 
Befinden sich übrigens nach dieser Aktion zwei Meeple gleicher Farbe am Tor, werden diese nun zum Brunnen gestellt. 


Entscheide ich mich zu Beginn meines Zugs für den Brunnen, darf ich die umliegenden Ländereien kaufen, allerdings nur von einer Seite je Zug, dafür aber so viele ich möchte und bezahlen kann. Bezahlt wird mit den Rohstoffen, die man vorweg gesammelt hat. Ländereien kommen dann in meine Auslage und geben mir im Verlauf des Spiels Vorteile, wie z.B. bei bestimmten Kombinationen von Meeple- und Tor-Farben. Oder spezielle Endwertungsmöglichkeiten und dergleichen. Ich kann im gleichen Zug auch die Ländereien aufwerten, hierfür muss ich die Rohstoffe nochmals abgeben und verstärke somit die Boni der jeweiligen Karten.

Zugleich sind aufgewertete Ländereien auch die Bedingung zum Spielende. Je nach Spieleranzahl muss ein Spieler, die Anzahl an aufgewerteten Ländereien besitzen um das Spielende einzuläuten.
Zum Abschluss meines Zuges, muss ich mir immer einen Meeple vom Brunnen aussuchen und diesen in meinen Beutel legen, so dass ich wieder vier zur Auswahl habe. 

Nun geht es aber ja auch um die Einführung der Münze als Zahlungsmittel unter König Krösus aus Lydien. Dafür gibt es die sogenannten lydischen Kaufleute, schön als goldene Meeple dargestellt. Stelle ich einen solchen Meeple an ein Tor oder es befindet sich dort bereits einer, darf ich den Rohstoff der Farbe des Tores gegen Münzen tauschen. Und Münzen sind im weiteren Verlauf Joker-Rohstoffe, die ich immer zum Bezahlen verwenden kann. Aber Achtung: man darf nie mehr als 12 Münzen besitzen! Ins Spiel kommen diese goldenen Meeple über den Kauf von Ländereien und das Erreichen höherer Stellen der Einflussleiste der Spieler.


Beim Erreichen des Spielendes gibt es dann noch eine Endwertung und der Spieler mit den meisten Siegpunkten durch z.B. Ländereien, Position auf der Einflussleiste und bestimmte Endwertungskarten, gewinnt das Spiel.

In der Erstauflage befinden sich auch acht kleine, modulare Erweiterungen, die das Spielgefühl nicht wirklich stark beeinflussen, aber eine willkommene Abwechslung bieten. So kommt z.B. König Krösus dazu, neue Handwerker-Meeple, Hinterhöfe und ein Wagenrennen. Thematisch auf jeden Fall sehr schöne Ideen. 

[MATERIAL, DESIGN & ANLEITUNG]

Das Material ist wirklich sehr schön und hochwertig. Dicke Pappe, hübsche Beutel, Meeple in guter Qualität, ein Wertungsblock dabei, den Brunnen gibt es noch in einer schicken Holz-Variante. Das lässt alles keine Wünsche offen. So muss ein Spiel in der heutigen Zeit aussehen. 

Auch das Design gefällt mir eigentlich gut, zumindest alles was auf der Schachtel, den Karten und Tableaus zu finden ist. Etwas unpassend dazu sind die knallbunten Holz-Elemente, wie die Meeple und Tore, die sich etwas krass abheben vom Rest, so aber natürlich helfen den Überblick zu wahren. 


Die Anleitung ist ebenfalls gelungen und gut strukturiert, zumal das Spiel sowieso recht Einsteigerfreundlich ist. Erst durch Zunahme der Erweiterungen kann es etwas komplizierter werden, aber auch hier wird alles im Einzelnen in der Anleitung erklärt. 

[FAZIT]

Die Bewertung für Lions of Lydia fällt mir in der Tat nicht leicht. Denn es macht per se nichts falsch. Das Bag Building, sowie das Engine Building durch die Ländereien-Karten funktioniert einwandfrei. Und dennoch vermisst man beim Spielen ein wenig das Leben. So fühlt sich der Beutel stets etwas zu leer an, weil man halt meistens nur in vier Meeplen herumwühlt. Auch an Interaktion fehlt es ein wenig, man nimmt sich nicht wirklich was weg, jeder optimiert allein an seiner Auslage herum. So bleibt das komplette Thema auch ein wenig zurück.

Das ganze Spiel achtet man auf die Farben von Meeplen, Toren und den Karten. Aber man verschwendet nicht einmal den Gedanken an Kaufleute, Handel, Krösus oder dergleichen. Nun hat man sich aber wirklich viel Mühe gegeben, dem Ganzen einen thematischen Rahmen zu geben, umso blöder, dass dies nur sehr oberflächlich ankommt. 
Auch die Hereingabe der modularen Erweiterungen ändert das nur wenig. Ja, ein wenig mehr Pep und Thema kommt schon auf, aber mechanisch bleibt das ganze weiterhin ziemlich solitär. 


Aber nochmal: das Spiel selbst funktioniert und hat seine Spannungsmomente, gerade in der Endwertung, um zu sehen ob man nun mehr Punkte hat oder nicht. Das Tauschen der Meeple, sowie das herumwerkeln mit den Rohstoffen und das Engine-Building hat mir alles gut gefallen, aber nicht so, dass ich sofort Feuer und Flamme war eine weitere Partie ranzuhängen. Nach 2-3 Partien hat man mehr oder weniger alles gesehen und nach 2-3 weiteren Partien mit den Erweiterungen dann auch. 

Spieler, die Freude am solitären Optimieren haben, werden sicherlich ihren Spaß haben und Freunde des Bag Buildings sollten ebenfalls einen Blick riskieren, da es aufgrund der geringen Anzahl an Meeplen, schon ziemlich taktisch zugeht und man sich gut überlegt was als nächstes in den Beutel kommt. 

Lions of Lydia ist ein gutes Spiel, aber leider nicht mehr. 


[FAKTEN-CHECK]

Thema: 2 von 5 (mit viel Mühe wurde ein Thema erarbeitet, welches zu wenig rüberkommt)

Mechanik: 5 von 5 (die Mechaniken funktionieren einwandfrei)

Material: 5 von 5 (super Qualität, lässt keine Wünsche offen)

Regal-Präsenz: 3 von 5 (das Cover weckt mein Interesse, aber nicht unbedingt ein Eye-Catcher)

Tisch-Präsenz: 3 von 5 (recht bunt, aber schon schick. Macht neugierig.) 

Anleitung: 5 von 5 (gute Anleitung)

Zielgruppe:

Kinder: 1 von 5 (Die Altersvorgabe von 12 Jahren halte ich für viel zu hoch. Für meine Begriffe kann man mit 8 Jahren anfangen, dann ohne die zusätzlichen Erweiterungen und mit ein wenig Hilfe)

Familie: 4 von 5 (konzipiert für Kenner, aber ich sehe auch Potential für Familienspieler. Die Mechaniken sind eingängig und schnell erklärt. Hakeliger wird es beim Finden der richtigen Strategie)

Kenner: 3 von 5 (wie gesagt: für diese Gruppe konzipiert, aber dafür ist es am Ende zu wenig, was geboten wird. Die Erweiterungen helfen hierbei mehr Varianz hineinzubekommen)

Experte: 1 von 5 (für den Experten-Spieler bieten sich zu wenig Möglichkeiten, da man teilweise vorgegeben bekommt was zu tun ist)


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Lions of Lydia von Jonny Pac
Erschienen bei Spielefaible
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 45 Minuten ab 14 Jahren

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Spielefaible)