31.07.2021

Riftforce


Es ist ja kein Geheimnis, dass ich Kartenspiele mag. Grade weil man aus diesen kleinen Pappteilen unfassbar viel herausholen kann und immer wieder wirklich neue und interessante Spielkonzepte auf den Markt kommen. Da war es eigentlich logisch, dass ich Riftforce haben musste. Doch verdient es der Titel wirklich (nur) auf der Empfehlungsliste der SdJ-Jury gelandet zu sein?

Schauen wir mal: Das Spiel kommt erstmal in einer etwas zu groß gewachsenen Box daher und enthält neben toll gestalteten und qualitativ sehr ordentlichen Karten eine Handvoll Papptokens. Mehr braucht es nicht für das anstehende Area-Control-Duell – denn Riftforce ist ein reines 2-Spieler-Spiel und eins sei hier schon mal gesagt: Es ist nichts für Zartbesaitete. Sinn und Zweck ist es nämlich, sich ununterbrochen eins auf die Mütze zu geben. Aber schauen wir uns das doch einfach mal aus der Nähe an:


Zuerst werden sieben Karten mittig zwischen den Duellanten ausgelegt. Dies ist der „Rift“, wobei hiervon fünf Karten die einzelnen Orte darstellen und zwei Karten die Wertungsleiste ergeben. Dazu gibt es drei schicke Übersichtskarten, die die möglichen Aktionen erläutern und zehn sogenannte Gilden, die aus je zehn Karten bestehen (ein Beschwörer und neun Elementare mit Zahlen von 5 bis 7, wobei es Fünfer öfter als Sechser öfter als Siebener gibt). Der Beschwörer bringt die Fähigkeit der Gilde mit und wird nur neben die Wertungsleiste gelegt, damit man jederzeit sehen kann, was die Gilde kann. Jedes Elementar nutzt wiederrum ausschließlich die Fähigkeit des Beschwörers.

Aus den zehn vorhandenen Gilden wird eine blind in die Packung gelegt, dann bekommt jeder zufällig eine und sucht sich danach abwechselnd drei weitere aus. Dann mischt jeder seine nun 36 Elementare ordentlich zusammen und zieht davon sieben auf die Hand. Der Nicht-Startspieler darf nun noch ein Elementar als Ausgleich ziehen und auf den mittleren der fünf Orte legen. Schon geht es los: Wer an der Reihe ist darf entweder A) Karten spielen, B) Karten aktivieren oder C) Überprüfen und Nachziehen. Nach einer Aktion ist direkt das Gegenüber wieder am Zug.


Bei A) wählt man bis zu drei Karten aus der eigenen Hand aus die entweder die gleiche Zahl haben oder zur gleichen Gilde gehören und legt diese auf einen einzigen oder drei benachbarte Orte. Bei B) nutzt man die Fähigkeit von bis zu drei ausgespielten Karten mit entweder der gleichen Zahl oder der gleichen Gilde. Was hier passiert, erzähl ich gleich noch. Zu guter Letzt darf man nur mit Möglichkeit C) wieder auf 7 Karten aufziehen. Und wenn man bei letzterer Aktion mit seinen Elementaren an einem Ort ist, an dem der Gegner kein einziges Elementar hat, dann bekommt man einen Riftforce (= Siegpunkt) hierfür.

Das Spiel endet, wenn ein Kontrahent mindestens zwölf Riftforce erreicht hat und es gewinnt, wer am Schluss die meisten Punkte hat. Dies kann mitunter eng werden, da nach dem Erreichen der 12 auf den Wertungskarten der Gegner nochmal dran ist – sofern er nicht Startspieler war. Schafft er den Ausgleich, geht es in den Tie-Break, in dem solange jeder noch einmal dran ist, bis nach jedem Durchgang einer führt.

Aber Riftforce sammelt man natürlich nicht nur, wenn man es schafft, mit seinen Elementaren ganz allein an einem Ort zu sein. Dann würde eine Partie mindestens mehrere Stunden dauern. Riftforce bekommt man auch, indem man gegnerische Elementare besiegt. 


Kommen wir also zum Herzstück von Riftforce:  Dem Aktivieren der Elementare: Anfangs dachte ich noch „ja, gut, vier verschiedene Fähigkeiten, ist ja übersichtlich, wo soll denn da die Herausforderung liegen?“. Ich sage Euch, ich habe schon lange nicht mehr so falsch gelegen. Dadurch, dass sich die eigenen Fähigkeiten sowohl ergänzen als auch gegenseitig behindern können, muss jederzeit weise gewählt werden, welche Elementare man denn nun aktiviert oder auch nicht. Und natürlich ist es hierbei gut, wenn man sie vorher auch schlau ausgespielt hat. Doch auf das richtige Ausspielen alleine, kann man sich nicht verlassen, da sowohl eigene wie auch gegnerische Fähigkeiten die eigenen Elementare wandern lassen können. und eben dieses Wandern natürlich in die eigene Strategie eingeplant werden muss.

Im Kern kommt es bei Riftforce also darauf an, jederzeit zu „sehen“, mit welcher Kombination aus Elementaren man den größtmöglichen Schaden beim Gegner anrichten kann. Im Optimalfall natürlich eine schöne Kombo, mit der man direkt mal sieben Schaden auf ein 7er-Elementar verübt oder ähnliches, ohne dabei Orte schutzlos zurück zu lassen. Ach ja: Die Zahlen auf den Elementaren sind auch gleichzeitig ihre Gesundheit, die durch Schadensmarker dezimiert wird. Natürlich sind auch andere Kombos möglich und je nach Kombination der Gilden (und somit der Fähigkeiten) kommen einem auch wieder ganz neue Ideen. Hier den Überblick zu behalten, ist manchmal gar nicht so leicht, wie es den Anschein macht.


Aber genau das ist es, warum Riftforce als echtes Kennerspiel durchgeht: es spielt sich extrem taktisch und fordert die grauen Zellen. Die Regeln sind schnell gelernt und auch die Fähigkeiten der 10 Magier sind wirklich nicht schwer zu verstehen. Aus den verfügbaren drei Aktionen und vier Fähigkeiten lässt sich aber dermaßen viel rausholen, dass man im Laufe der Partien immer besser wird und viele Zusammenhänge einfach schneller „sieht“. Leicht zu lernen, schwer zu meistern eben. Aber hier liegt natürlich auch die Krux: Neueinsteiger in Riftforce sehen gegen alte Hasen erstmal kein Land. Allein schon, weil das Taktieren bereits bei der Wahl der Gilden am Anfang des Spiels beginnt, auch wenn hier durch nette Gimmicks versucht wurde, das „ich nehme immer die gleiche Kombination weil ich hier tolle Kombos kenne“-Taktieren zu unterbinden. 


Ein perfektes Kennerspiel also? Nicht ganz. Im Kern darf man natürlich nicht außer Acht lassen, dass Riftforce immer noch ein Kartenspiel ist, bei dem man die Karten mischt – und somit ist natürlich bei aller taktischer Tiefe auch ein gewisser Glücksfaktor enthalten, der einem so manch tolle Strategie auch ganz schnell verhageln kann. Und auch die Schadensmarker haben so ihre Tücken. Die Elementare eines Ortes werden kaskadierend gelegt und in der Regel wird „das erste“ Elementar, also das, was ganz unten liegt, angegriffen. Liegen dort nun Schadensmarker drauf und muss das Elementar den Ort wechseln – und auf den anderen Elementaren an diesem Ort liegen ebenfalls Marker – wird das Ganze manchmal auch sehr unfreiwillig zum Geschicklichkeitsspiel. Aber sei’s drum, es macht den Spielspaß nicht kaputt. Und das ist doch die Hauptsache!
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Riftforce von Carlo Bortolini
Erschienen bei Asmodee
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sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Asmodee)