17.09.2021

Moonrakers


Man nehme ein interessantes Thema und ein, zwei gut dazu passende Mechaniken, und schon ist einem als Autor der nächste Erfolgstitel gewiss. Na gut, ganz so leicht ist es dann wohl doch nicht, aber natürlich lebt jedes Spiel abgesehen vom Thema letztlich auch von den verwendeten Mechaniken. Und hierbei hat die Vergangenheit gezeigt, dass sich im Grunde nahezu alle Mechaniken erfolgreich kombinieren lassen, sofern man sie in einem Spiel gut verzahnt. Einer meiner absoluten Lieblingsmechaniken ist das allseits beliebte Deck-Building, und auch diese Mechanik lässt sich mit Verschiedenstem kombinieren, wie es bspw. Arnak mit Worker Placement oder Aeon’s End im kooperativen Bereich gezeigt haben. Doch nun möchten mir die Entwickler von Moonrakers tatsächlich verklickern, dass man sogar Deck-Building mit Negotiation verschmelzen kann, und dass das auch noch Spaß bringt. Ob dies bei mir und meinen Spielegruppen der Fall war, und ob es sich für euch lohnt, euer Raumschiff mit neuen Teilen auszustatten, neue Crew-Member anzuheuern und mithilfe der anderen Spieler wertvolle Verträge zu erfüllen, werdet ihr in dieser Rezension erfahren.


Material

Das Spiel besteht aus ein paar Boards, fünf Ship Tokens als Siegpunkttracker, nem Haufen Pappmünzen, vier Custom Dice und einigen Karten verschiedenen Typs. Die Karten selbst haben eine gute Qualität und sind unaufgeregt aber stilsicher gestaltet. Die Illustrationen sind jetzt keine Offenbarung, doch in Anbetracht des Themas und der erzeugten Stimmung beim Spielen scheint mir alles sehr stimmig zu sein. Auch am restlichen Material gibt es von meiner Seite aus nichts auszusetzen, und die Anleitung liest sich alles in allem recht flüssig. Allerdings sollte ich hinzufügen, dass mir die Kickstarter Exclusive Edition bereitgestellt wurde, die u.a. Metall- statt Pappmünzen zu bieten hat. Die Münzen und ein paar weitere Gimmicks lassen sich beim Verlag jedoch ganz einfach bestellen, sollte man mit der Grundversion des Spiels materialtechnisch nicht gänzlich zufrieden sein.


Ablauf

Wie man es von den meisten Deckbuildern gewohnt ist, startet jeder Spieler mit einem Startdeck von zehn Karten, von denen er zunächst fünf auf die Hand bekommt. Doch dann kommt man auch schon sehr schnell zum Part des Spiels, in dem das Verhandeln in den Vordergrund rückt. Denn ist man an der Reihe, sucht man sich aus einer Reihe ausliegender Contracts einen heraus, den man vorhat mithilfe seines Decks und ggf. der Decks anderer Mitspieler zu erfüllen. Jeder erfüllte Vertrag wirft Siegpunkte, Geld oder Bonuskarten als Belohnung ab, und genau um diese Belohnungen geht es beim Verhandeln. Denn wählt man einen Vertrag, den man alleine voraussichtlich nicht erfüllen kann, holt man sich halt andere mit ins Boot und teilt sich mit ihnen die Beute. Wird man sich beim zunächst gewählten Vertrag jedoch nicht einig mit den anderen, hat man nochmals die Gelegenheit, einen anderen Vertrag zu wählen und fleißig weiter zu verhandeln. Findet man auch hier nicht zusammen, ist man gezwungen einen ausliegenden Vertrag zu nehmen und zu versuchen, ihn alleine zu erfüllen. 


Alternativ darf man jedoch auch auf das Wählen eines Vertrags verzichten und stattdessen „in der Basis“ bleiben, wodurch man einen Credit sowie eine Objective Card bekommt, einen der ausliegenden Verträge austauschen kann, und seine fünf Handkarten für fünf neue abwerfen darf.

Unabhängig davon, ob man erfolgreich oder weniger erfolgreich versucht hat, einen Vertrag zu erfüllen oder ob man einfach auf der Basis gechillt hat, darf man vor Ende des eigenen Zugs noch Schiffsteile oder Crew-Mitglieder für seine gesammelten Credits kaufen. Doch damit man den Unterschied zwischen diesen versteht, sollten wir doch noch kurz klären, wie genau man denn überhaupt so einen Vertrag erfüllt, und hier kommt das eigene Deck ins Spiel. Wie man es beispielsweise aus Dominion kennt, darf man zunächst nur eine Aktionskarte ausspielen, außer diese bringt einem weitere Aktionen, mit denen man auch weitere Aktionskarten ausspielen darf. Diese Funktion übernehmen die blauen Reactor Karten, die dem ausspielenden Spieler zwei Extraaktionen gibt. Für die gelben Thruster Karten darf man zwei Karten vom eigenen Nachziehstapel ziehen, die grünen Shield Karten schützen vor hazards, die noch vorm Ausspielen der Karten je nach Vertrag mit 1-4 Würfeln ausgewürfelt werden, und neben der ärgerlichen einmal vorkommenden grauen Miss Karte, die absolut gar nichts kann, gibt es dann noch die orangenen Damage Karten verschiedener Stufen, die ebenfalls keinen unmittelbaren Effekt haben, jedoch dabei helfen, die Verträge zu erfüllen. 


Denn auf jedem Vertrag ist eine Anzahl an Karten verschiedener Farben vorgegeben, die es auszuspielen gilt. Möchte also ein Vertrag zwei Damage und zwei Reactor Karten, muss man zumindest diese nach dem Ausspielen seiner Karten vor sich liegen haben, um den Vertrag zu erfüllen, wobei die ausgespielten Karten der Mitspieler, falls sie beim Erfüllen des Vertrages nach den vorangegangenen Verhandlungen helfen, natürlich mitzählen. 

Darüber hinaus kann ein Vertrag jedoch auch das Ausspielen von Crew Karten verlangen, die man sich zunächst für Geld ins eigene Deck kaufen muss. Diese Crew Karten verstärken das eigene Deck und haben stets einen Schwerpunkt, der mit einem der Kartenfarben (also Reactor, Thruster etc) zu tun hat. So bringt das blaue Crewmitglied Ada Massa beispielsweise +3 actions, und in der Runde, in der diese Karte ausgespielt wird, braucht man beim Erfüllen eines Vertrags eine Reactor Karte weniger. Die sogenannten ship parts, die man sich ebenfalls für Credits kaufen kann, kommen hingegen nicht ins eigene Deck, sondern aufs eigene Schiffstableau, auf dem insgesamt Platz für vier solcher Schiffsteile ist. Diese verstärken den Spieler dauerhaft, und auch hier sind die Karten den Standardfarben zugeordnet. Allerdings ist die Besonderheit beim Kauf eines ship part, dass man beim Kauf je nach gekauftem Schiffsteil einmalig eine gewisse Anzahl an Standardkarten (Reactor, Thruster etc.) ins eigene Deck bekommt. Beim Kauf des blauen Accelerator mk3 erhält man beispielsweise sofort eine blaue Reactor Karte ins eigene Deck. Zudem bringt der Accelerator mk3 einen Vorteil beim Ausspielen der ersten Reactor Karte in folgenden Spielzügen, denn diese bringt dann automatisch eine Extra action. 


Doch am Ende des Spiels geht es nicht um den Wert und die Effektivität des eigenen Decks, sondern darum, möglichst schnell auf 10 Prestige bzw. Siegpunkte zu kommen, denn damit hat man sofort gewonnen. Glücklicherweise kommt man immer wieder an Objective Karten, die beim Erfüllen der darauf aufgeführten Bedingungen jeweils für einen sofortigen Extrasiegpunkt sorgen. Unglückerweise kann man jedoch auch Prestige verlieren, indem man nämlich hazards erwürfelt und nicht genügend grüne Shield Karten ausspielen kann, um diese abzuwehren. 

Man sollte bei den Verhandlungen also genau überlegen, was man will und was man dem jeweils anderen gönnt. Versuche ich ein paar Credits für neue Karten abzustauben, möchte vielleicht direkt eine Bonuskarte oben vom Crew oder Ship part Stapel ziehen, oder gehe ich direkt auf die Siegpunkte? Und wie viele hazard Würfel bin ich bereit zu würfeln? Und wer garantiert mir eigentlich, dass meine Partner mich auch tatsächlich unterstützen wollen und werden?

Fazit

Moonrakers fühlt sich irgendwie frisch und neu an und bringt zwei Mechaniken – deckbuilding und negotiation – die man normalerweise nicht zusammen erwarten würde, unter einen Hut, und das funktioniert wirklich gut. Besonders genial finde ich die Idee, zwei verschiedene Kartentypen zum Nachkaufen anzubieten, die einem entweder Dauereffekte und ein paar mehr Standardkarten bringen oder das eigene Deck dauerhaft stärker machen, wodurch sich auch Verträge leichter erfüllen lassen. Einige dieser Verträge sind tatsächlich ziemlich hart und lassen dem Spieler keine Wahl – es gehören Partner her, die jedoch gebührend entlohnt werden wollen. 


Und wie beim Ablauf oben bereits angedeutet, kommt man dann sehr rasch zum negotiation Part und somit auch zum Kern des Spiels. Denn obwohl der Deckbuildinganteil nicht gering ist und den Charakter des Spiels eindeutig mitbestimmt, steht der Verhandlungsaspekt doch im Vordergrund und nimmt auch die meiste Spielzeit in Anspruch. Und genau das sollte Kaufinteressierten im Vorhinein klar sein. Nur weil ich deckbuilding liebe, heißt das nicht, dass mir auch Moonrakers gefällt. Mag ich jedoch Verhandlungsspiele und habe zudem nichts gegen Deckbuilding, dann ist Moonrakers auf jeden Fall einen gründlichen Blick wert. 

Allerdings kann die Verhandlungsphase je nach Sturheit der Mitspieler durchaus einige Zeit in Anspruch nehmen, und hier kann es dann schon auch mal frustrieren, wenn man eine gefühlte Ewigkeit verhandelt, am Ende nicht zu einer Einigung kommt und dann einfach einen anderen Vertrag auswählt, wo das Ganze von Vorne losgeht. Und wenn es dann doch noch geklappt hat, stellt sich heraus, dass der vertrauenserweckende Verhandlungspartner am Ende doch nicht so vertrauenswürdig ist, sodass der Vertrag zum Scheitern verdammt ist. Und wenn man sich dieses ganze Spiel dann auch noch ohne passende Karten als passiver Beobachter reinziehen muss, kann das dann schon auch mal nerven. Doch vielleicht ging es nur mir so, denn anderen macht es sicher Spaß, den Verhandlungen zu lauschen, vielleicht hier und dort einen beeinflussenden Kommentar fallen zu lassen und sich dann zu freuen, wenn der Vertrag gegen die Wand gefahren wird. Zu welcher Sorte Spieler ihr gehört, werdet ihr besser wissen als ich.


Abgesehen davon gibt es von meiner Seite aus jedoch kaum was zu meckern, denn die hazard dice bringen noch eine gewisse Spannung mit sich, die objective cards den Faktor des Ungewissen und am Ende gewinnt halt derjenige, der am schnellsten 10 prestige Punkte sammeln konnte. Und wie man dort hinkommt, hängt ganz von der eigenen Strategie und den anderen Mitspielern ab. Und natürlich wird es zunehmend schwerer werden, Partner für die eigenen Verträge zu finden, wenn man selbst droht, sich den neunten oder zehnten Siegpunkt zu angeln. Doch vielleicht gibt man an dieser Stelle auch einfach alle Siegpunkte des Vertrags ab und konzentriert sich auf die Credits, um das eigene Deck nochmals gezielt so zu verstärken, dass man im Endspurt noch einen mittelschweren contract ohne die Hilfe der anderen schafft, um auf diese Weise zu gewinnen. 

All dies bringt Spaß und macht Moonrakers für mich vorerst zu einem Keeper, wobei mir persönlich die gelegentliche Partie reicht und ich nicht das Verlangen verspüre, gleich mehrere Partien in der Woche auf den Tisch zu bringen. Alles in allem kann ich das Spiel also allen empfehlen, die gerne in Verhandlungen mit den Tischnachbarn treten, die Deckbuilding mögen und ein wenig Geduld für die Verhandlungsstrategien der Mitstreiter mitbringen. Ich wünsche jedenfalls viel Spaß mit Moonrakers!
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Moonrakers von Austin Harrison, Max Anderson und Zar Dixon
Erschienen bei IV Games
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 120 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier IV Games)