07.02.2022

Factory 42


In Factory 42 landen wir thematisch in einem Universum mit kommunistischen Zwergen, die versuchen in einer Planwirtschaft Aufträge der Regierung zu erfüllen und Dinge zu produzieren - eben in jener namensgebenden Factory 42. Eine siegreiche Statue hier, ein neues Ressourcenlager da. Alles das, was die Partei wünscht.

Mechanismentechnisch haben wir es bei Factory 42 mit einem Workerplacement-Spiel zu tun, bei welchem wir in einer ersten Phase alle Arbeiter einsetzen und diese sodann im Anschluss nacheinander je nach Aktion abgehandelt werden. Vorausplanen ist also erforderlich, da man genau überlegen muss, welcher Arbeiter in welcher Phase was produziert bzw. verbraucht und was ein anderer Arbeiter dann später nutzen kann. Das simuliert (ohne diese jemals erlebt zu haben) eine Planwirtschaft ganz gut. Es zeigt aber zugleich auch, dass Factory 42 extrem anfällig für Spieler ist, die gerne über einen Zug grübeln.


Ein Herausstellungsmerkmal bei Factory 42 ist auch der Ressourcenturm, welchen wir auch Spielen wir Amerigo, Shogun oder Wallenstein kennen. Hier werden produzierte Ressourcen hineingeworfen und tauchen unter Umständen erst nach einigen Runden wieder auf, da die sich in den Irrungen und Wirrungen des Turms verirren. Ein nettes Gimmick - mehr aber auch nicht. Dazu später mehr.

Die Einsatzmöglichkeiten für unsere Zwergen-Arbeiter sind jedoch vielfältig. Im Grunde bekommen wir jede Runde eine bestimmte Anzahl an Aufträgen von der Regierung, welche wir erfüllen sollen. Schaffen wir das nicht, verlieren wir alle Siegpunkte. Schaffen wir einzelne Aufträge, erhalten wir nicht nur Siegpunkte, sondern erhalten auch - je nach Produktionsqualität - diverse Boni. Der Gedanke, ob es nicht auch eine Bronzestatue, anstatt einer goldenen Statue tut, ist also nicht ganz von der Hand zu weisen, wenn ich die übrigen Ressourcen stattdessen sinnvoller einsetzen kann. Dieses Abwägen macht in Factory 42 Spaß, erfordert jedoch auch einiges an Gehirnschmalz.


Ein nicht zu vernachlässigender Part ist auch das Beladen der einzelnen Loren in der Fabrik und das Entladen auf den jeweiligen Playerboards. Das wird insofern interessant, als dass wir zwar die Loren gemeinsam befüllen, es aber nicht zwangsläufig die Lore wird, die bei mir landet, welche ich großzügig beladen habe. Hier kommen wir nämlich zu den vielfältigen Interaktionsmöglichkeiten bei Factory 42. Einerseits haben wir die Möglichkeit keinen Arbeiter, sondern einen sogenannten Kommissar zu platzieren, jener hat auf jedem Einsatzort noch diverse Möglichkeiten Boni abzugreifen, oder in den Ablauf einzugreifen. Zudem besteht jederzeit die Möglichkeit unter den Spielern selbst, sich zu erpressen, bedrohen oder zu verhandeln. Das gibt Factory 42 einen Touch semi-koop Spiel, was unter anderem auch mit der gemeinsamen Ressource Dampf auf die Spitze getrieben wird. Streng nach dem Motto: Ich würde Dir ja etwas Dampf übrig lassen für Deinen Auftrag, aber was bietest Du mir denn an?

Factory 42 ist komplex. Es gibt noch viele weitere Mechanismen, die erwähnenswert sind. Die Elfen-Botschaft, den Kran, die Warenhäuser, usw. Dadurch richtet sich Factory 42 aber auch an eine sehr begrenzte Zielgruppe. Man muss einerseits toughe Euros mögen und einiges an Vorausplanung leisten. Andererseits muss man zeitgleich auch gerne Verhandeln und einem gewissen Glückselement nicht abgeneigt seien. Hier fällt als Zielgruppe der klassische Eurospieler heraus, der gerne bei dem hohen Einsatz an Hirnschmalz, den er leisten muss, auch möglichst alles planbar halten will. Außerdem sind die Spieler bei Factory 42 eher abgeneigt, welche grundsätzlich Spiele mit einer sehr hohen Interaktion nicht mögen. In Factory 42 muss man nämlich auch bei Zeiten einmal über Leichen gehen.


Wer sich selbst nicht zu beiden Gruppen zählt, erhält bei Factory 42 ein sehr starkes Spiel, was zahlreiche Möglichkeiten bietet und sich immer neu erfindet. Als problematisch empfinde ich jedoch persönlich die Komponentenqualität. Diese ist wirklich äußerst bescheiden. Die zahlreichen Ressourcen (es gibt 11 an der Zahl) unterscheiden sich teilweise kaum farblich, sodass es mir teilweise schwer fiel diese auseinander zu halten. Zudem ist auch die Qualität der Pappkomponenten (Turm und Loren) mehr als bescheiden. Zu guter letzt bleibt dann noch das Spielbrett. Dieses ist mit den Texten auf den jeweiligen Feldern extrem überfrachtet. Noch dazu wurde ein Font verwendet, welcher zwar Ansicht thematisch passend wirkt, sich aber wirklich schwer vom Brett abhebt und dadurch extrem schwer zu lesen ist.

Doch da gibt es eine gute Nachricht. Factory 42 bekommt einen zweiten Kickstarter am Ende des ersten Quartals 2022. Ich kann nur hoffen, dass sich hinsichtlich der Komponenten hier noch etwas tut, denn insgesamt ist es spielerisch ein guter Titel - wenn auch nur für eine eingeschränkte Zielgruppe.
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Factory 42 von Timo Multamaki
Erschienen bei Dragon Dawn Productions
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 100 Minuten ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Dragon Dawn Productions)