01.06.2022

Vampire: The Masquerade - Heritage


Vampire Heritage basiert auf der bekannten Vampir-Lizenz, mit welcher ich persönlich zum ersten Mal vor vielen Jahren auf digitaler Ebene zusammengestoßen bin. Bereits damals faszinierte mich die Welt und die Erzählungen von den unterschiedlichen Vampirclans, die auf ihre ganz eigene Art und Weise versuchen die Stadt zu dominieren. Dort gibt es alles. Von den Adeligen unter den Vampirclans bis hin zu den Vampiren, die sich eher in der Kanalisation aufhalten. Als ich Vampire Heritage nun als Brettspiel gesehen habe, war mir klar: Das muss ich spielen.

Vampire Heritage ist ein Spiel, was wir kompetitiv als Kampagne spielen und dabei die Jahrhunderte durchleben. Dabei sei direkt gesagt, dass man größeres Sitzfleisch braucht, um die gesamte Kampagne durchzuspielen. Zwar dauert jede Partie nur ca. 60-90 Minuten, aber es gibt ca. 40 Szenarien. Wir sprechen also von einem Kampagnenumfang ala Gloomhaven oder Kingdom Death Monster.


Bevor das erste Spiel jedoch startet, sehen wir uns der ersten größeren Herausforderung von Vampire Heritage gegenübergestellt - die Anleitung. Diese ist leider nicht wirklich gelungen, lässt teilweise Regelfragen offen und erklärt den Spielfluss nicht wirklich zufriedenstellend. Glücklicherweise ist Vampire Heritage aber ohnehin ein eher seichtes Spiel. Was tun wir genau? Prinzipiell sehen unsere Züge zu Beginn einer Partie recht ähnlich aus. Aus einer Auslage nehmen wir Personen in unseren Clan auf, den wir anhand einer Art Stammbaum vor uns auslegen. Dabei schalten die neu hinzugewonnenen Personen Aktionen frei, anhand welcher ich mich nun direkt auf den unterschiedlichen Tableaus von Vampire Heritage vor- und zurück bewege. Thematisch breiten wir den Einfluss unterschiedlicher Völker in der Welt aus, und entscheiden uns für die eher „böse“ oder die eher „gute“ Seite. Prinzipiell sind diese Tableaus aber wichtig, da wir hierdurch - je nach Position am Szenarienende - Siegpunkte bekommen. Und so gewinnt man schließlich.


Außerdem kann ich in meinen Zügen Intrigenkarten spielen, für deren Voraussetzung bestimmte Berufe in meinem Stammbaum aneinandergelegt sein müssen. Ihr merkt also, dass wir gut wählen müssen, welche Personen in unseren Clan dürfen und welche nicht. An der Stelle zeigt sich dann auch das erhebliche Glücksmoment bei Vampire Heritage. Denn die Auslage an Personen wird zufällig nach und nach ergänzt. Es kann also durchaus sein, dass manche Spieler dabei mehr Glück und passendere Personen bekommen, als man selbst. Beeinflussen kann ich das nur bedingt in weiteren Partien, wenn ich nämlich bestimmte Personen vollends in meinen Clan aufnehme und sie zu einem Vampir mache. Dann habe ich Vorrecht auf den Kauf - das Auftauchen in der Auslage bleibt dennoch zufällig.

Spieltechnisch verbirgt sich hinter Vampire Heritage auch nicht sonderlich viel mehr. Zwar gibt es noch - je nach Szenario - unterschiedliche Zielbedingungen, die weitere Siegpunkte spendieren und auch im Laufe der Kampagne gibt es kleinere Anpassungen des Gameplays, aber das hier beschriebene Komplexitätsniveau wird nicht gesteigert. Problematisch bleibt somit der Langzeitreiz bei Vampire Heritage. Die Kampagne ist einfach viel zu lang und trägt selbst für Fans der Lizenz nicht durch so viele Partien. Dafür sind die Anpassungen und die Überraschungen in den vielen Legacy-Boxen einfach zu gering. 10 Szenarien hätten hier vollkommen gereicht!


Als unthematisch empfand ich zudem, dass wir von Szenario zu Szenario zudem unseren Clan wechseln konnten. Habe ich im ersten Szenario mit bspw. Gangrel gestartet, konnte ich ab dem zweiten Szenario plötzlich ein Torreador sein, zu dessen Familie ich gar keinen Bezug hatte. Aber auch selbst wenn ich bei meinem Clan bleibe, starte ich in jedem Szenario fast komplett neu und baue erneut eine Blutlinie auf. Hier wurde großes Potential verschossen. Warum keine eigene Blutlinie über die gesamte (kürzere) Kampagne aufbauen. Hier wäre wenigstens das Thema hervorragend rübergekommen. So empfinde ich keine Nähe zu meinen (wenn auch hervorragend illustrierten) Personen im Stammbaum.

Die Illustrationen und das thematisch stimmige Material verdienen jedoch ein absolutes Extralob. Umso mehr schmerzt es dann, dass hinter Vampire Heritage ein eher laues Spielkonzept steht, an dem viel Potential verloren gegangen ist. Leider.
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Vampire: The Masquerade - Heritage von Babis Giannios
Erschienen bei Nice Game Publishing
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Nice Game Publishing)