18.07.2022

Draftcar


Rennspiele bzw. Gesellschaftsspiele mit Auto-Thema sind meine kleine Leidenschaft, umso freudiger war ich, als wir die Möglichkeiten bekommen haben, eine kleine Indie-Perle aus dem Hause Nathan Hansen Games zu testen. Draftcar von Nathan Hansen ist für 2-10 Spieler ab 13 Jahren und eine Partie geht ca. 20 Minuten.

[THEMA & MECHANIK]

Bei Draftcar wird mehr oder weniger ein Nascar-Rennen simuliert und zwar verbunden mit, welch Überraschung, draften! Zunächst wird je nach Spieleranzahl bestimmt, wie viele Autos der Spieler übernimmt. Bei einem Spiel zu zweit hat jeder Spieler nur einen Wagen, so auch bei 6-10 Spielern. Bei 3-5 Spielern bekommt jeder ein Team aus 2-3 Autos. Diese Wagen werden dann gemischt und untereinander ausgelegt. Etwas schwierig gestaltet es sich bei den Teams aber sich zu merken, welche Fahrzeuge zum Team gehören. Da ist ein gutes Gedächtnis gefragt…

Nun kommen die Draft Karten zum Einsatz, diese werden gemischt und jedem Spieler 7 Karten ausgehändigt. Nach und nach wird nun jedem Auto eine Karte verdeckt zugeteilt. Zunächst darf man nur seinem eigenen Wagen eine Karte zuordnen. In einem 2-Spieler-Spiel dann auch den Wagen, die keinem gehören. Sobald ich eine Karte gespielt habe, gebe ich meine restlichen Karten an den linken Nachbarn (Drafting!).


Sobald alle Autos eine Karte zugewiesen bekommen haben, werde diese nun umgedreht und die jeweiligen Infos verarbeitet. Zunächst gibt jede Karte eine Richtung vor, in welche Spur das Auto bewegt wird (links, rechts oder bleibt mittig). Dadurch können sogenannte “Drafting Groups” entstehen (seht ihr die Zweideutigkeit von Drafting?), was quasi Zusammenschlüsse von Autos zu einer Gruppe sind. Gehen also z.B. der Wagen an zweiter und an dritter Stelle nach links, bilden sie fortan eine Drafting Gruppe. Wozu? Drafting Gruppen bekommen ein Geschwindigkeitsbonus und zwar hat somit jedes Auto die Geschwindigkeit des vordersten Wagen plus 1 für jedes weitere Fahrzeug der Gruppe.

Als zusätzliche Variante gibt es noch “Bump Drafting” und zwar können sich die Wagen innerhalb einer Gruppe anschubsen und somit einen weiteren Geschwindigkeits-Bonus generieren. Ist allerdings die Geschwindigkeit des hinteren Wagen über dem Schwellenwert, der auf der Karte des vorderen steht, so wird der vordere Wagen aus der Gruppe und in eine andere Spur geschleudert.


Abschließend fängt man nun beim vordersten Fahrzeug bzw Fahrzeuggruppe an und vergleicht die Geschwindigkeit mit dem nächst unteren. Ist der hintere schneller, wandert der vordere entsprechend ein Feld nach hinten und wird mit dem nächsten Fahrzeug verglichen. Stößt man auf ein Fahrzeug in der gleichen Spur endet der Vergleich, überholt werden kann nur über andere Spuren! So arbeitet man sich durch alle Fahrzeuge und sortiert zum Abschluss alle Fahrzeuge an ihre neuen Positionen in eine neuen Reihe. Somit kann eine weitere Runde beginnen.

Das Spiel endet wenn man keine 7 Handkarten mehr für jeden Spieler zusammenbekommt und wer dann vorne liegt, gewinnt das Spiel.

[MATERIAL, DESIGN & ANLEITUNG]

Das Material ist recht überschaubar, befinden sich tatsächlich nur Karten in der etwas zu großen Box. Die Qualität ist okay, aber nicht überragend. Wie gesagt, die Box ist gemessen am Inhalt viel zu groß. Das Design der Autokarten ist ansprechend, die Draftkarten selbst eher uninspiriert und langweilig.

Nun das fetteste Manko des Spiels: die Anleitung. Ich habe normalerweise kein Problem mit englischen Anleitungen, aber dieses Spiel hat mich an die Grenzen gebracht. Kompliziert formuliert und leider nur sehr mäßige Beispiele, die zum Teil dem Text widersprechen. So konnte ich auch nach mehrmaligem Studium des Beispiels, diesem nicht folgen, weil es meines Erachtens nach, dem Text widersprochen hat. Das hat schon ziemlich die Stimmung gedrückt, da man ständig das Gefühl hat, etwas falsch zu machen, da gerade der Ablauf des Vergleichs entscheidend ist. Hier wäre ein ausformuliertes Beispiel mit Bildern wichtig gewesen. Die Bilder allein verwirren mehr als das sie helfen.


[FAZIT]

Leider ist mein Fazit aufgrund der Schwierigkeiten mit der Anleitung wirklich etwas getrübt, so dass keine Freude aufkommen wollte. Zu oft war die Unsicherheit groß, dass doch etwas falsch gegangen ist. Manche Dinge sind auch einfach ziemlich unklar formuliert und lassen Interpretationsspielraum, was immer ein wenig ärgerlich ist.

Grundsätzlich verspricht das Prinzip aber schon Spaß, gerade wenn man in einer etwas größeren Runde ein Auftaktspiel oder Absacker sucht. Taktische Möglichkeiten sind gegeben und durch das verdeckte Ausspielen ist auch Spannung an Bord. Bei den Unklarheiten muss man sich am besten vorab Gedanken machen, wie man dies in der Regelerklärung löst und so spielen, wie es einem am sinnigsten erscheint.

Als schnelles Draftingspiel für Rennspiel-Fans kann es auf jeden Fall seinen Zweck erfüllen, hätte aber deutlich positiver erscheinen können. Schade. Auch der Preis von USD 40,00 (!!!) ist völlig überzogen und nicht mal ansatzweise gerechtfertigt. Und: ihr braucht VIEL Platz… 10 Karten untereinander können ganz schön viel Platz wegnehmen!

[FAKTEN-CHECK]

Thema: 4 von 5 (das Nascar-Prinzip kommt gut rüber)

Mechanik: 3 von 5 (zuviele offene Fragen trüben das Gesamtbild)

Material: 3 von 5 (Karten sind okay, mehr nicht)

Regal-Präsenz: 4 von 5 (Schachtel ist zu groß, aber schick)

Tisch-Präsenz: 3 von 5 (sieht nur bedingt interessant auf dem Tisch aus)

Anleitung: 1 von 5 (das war ein Satz mit X…)

Zielgruppe:

Normalerweise müsste hier die Familie genannt werden, aber Sprache und umständliche Anleitung veranlassen mich, dieses Spiel nur für Kenner zu empfehlen, denn diese weisen genug Kenntnisse auf, um die Unklarheiten zu lösen. Auch vom taktischen Anspruch ist es eher unteres Kennerniveau.
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Draftcar von Nathan Hansen
Erschienen bei Hansen Games
Für 2 bis 10 Spieler in ca. 20-30 Minuten ab 10 Jahren

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Nathan Games)