17.11.2022

Kleine Völker, großer Garten



Kleine Völker möchten in einem verlassenen Garten eine neue Stadt errichten, nachdem sie aus dem Wald vertrieben wurden und Frida die Schildkröte hilft ihnen dabei. Klingt das nicht zauberhaft und herzerwärmend? Ich finde schon und deshalb schrumpfe ich direkt auf Däumelinchengröße und schließe mich den kleinen Völkern an. Erschienen bei BoardgameCircus, nehme ich euch mit in dieses Szenario von Kleine Völker, großer Garten

Spielidee 

Bei Kleine Völker, großer Garten handelt es sich um ein strategisches Mehrheiten- und Aufbauspiel auf einem modularen Spielplan. Die Spieler*innen möchten mit ihrem Volk die Oberhand in den einzelnen Gebieten des Gartens gewinnen, indem sie Gebäude und Stockwerke bauen. Wir möchten Ziel- und Auftragskarten erfüllen, Kontrolle über Gebiete erlangen und hin und wieder auch gegnerische Gebäude überfallen. 


Spielablauf 

Je nach Zugreihenfolge führen die Spieler nacheinander eine bestimmte Anzahl an Zügen aus. Wer zuletzt am Zug war, bestimmt welcher Spieler*in als nächstes an der Reihe ist. 

Während der Aktionsphase führen die Spieler*innen so 1-2 Aktionen aus, je nachdem wieviele Aktionen ihnen aufgrund ihrer aktuellen Postion auf der Zugreihenfolgeleiste erlaubt sind. In der Regel führt hier der erste Spieler*in 1 Aktion und alle weiteren 2 Aktionen aus. 


Eine Aktion muss immer in dem Gebiet ausgeführt werden, in dem der Schildkrötenkran Frida steht. Nach der Ausführung einer Aktion muss der Schildkrötenkran versetzt werden, dabei bestimmt das Feld, auf welchem die letzte Aktion ausgeführt wurde, in welches Gebiet der Schildkrötenkran bewegt werden muss. 

In meinem Zug habe ich die Wahl zwischen 2 unterschiedlichen Aktionsmöglichkeiten. In dem Gebiet der Schildkröte kann ich somit entweder ein Gebäude bauen oder ein Gebäude abreißen. 

Baue ich ein Gebäude so fallen Kosten in Form von Bevölkerung an, abhängig davon ob ich auf einem leeren Feld baue oder ich dort bereits ein Stockwerk in früheren Zügen errichtet habe und somit aufstocke. 
In jedem Gebiet befinden sich unterschiedliche Bodenarten, (Wiese, Stroh, Laub oder Dornenbuschfelder) welche ich bebauen kann. Diese Entscheidung ist interessant für das Erfüllen von öffentlichen oder geheimen Bauvorhaben, welche mir bei Erfüllung sofort bzw. bei Spielende Siegpunkte einbringen. Gebäude, welche ich für die Erfüllung einer Zielkarte verwendet habe, erhalten ein Dach und gelten somit als abgeschlossen. Diese können nun also nicht mehr für weitere Zielkarten berücksichtigt werden. 

Entscheide ich mich in meinem Zug eines meiner Gebäude abzureißen, erhalte ich alle Stockwerke dieses Gebäudes in meinen Vorrat zurück und bekomme doppelt soviel Bevölkerung zurück, wie ich für den Bau dieses Gebäudes insgesamt bezahlt habe. Dies ist einen gute Möglichkeit um wieder an Einkommen zu gelangen und um neue Bauvorhaben zu ermöglichen. 

Außerdem habe ich in meinem Zug pro Aktion je einmal die Möglichkeit eines meiner vier Listplättchen einzusetzen. 
So kann ich durch ein eingesetztes Listplättchen z.B. meine Aktion in einem anderen Gebiet als dem mit dem Schildkrötenkran ausführen oder ein Dach von einem meiner fertigen Gebäude auf ein anderes meiner Gebäude verschieben, sodass nun dieses Gebäude wieder für die Erfüllung von Bauvorhaben zur Verfügung steht. 
Oder aber -und dies ist ein wichtiges, taktisches Element- ich kann durch eine List ein Gebäude eines Mitspielers übernehmen. Der/die Mitspierler*in erhält seine Stockwerke zurück und ich baue dort in gleicher Höhe mein Gebäude auf. Eine teure aber gute Möglichkeit um Mehrheit in einem Gebiet zu erlangen. 


Nach der Aktionsphase folgt die Bevölkerungsphase, ich welcher die Spieler*innen neues Einkommen (Bevölkerung) erhalten, abhängig davon ob sie in den einzelnen Gebieten die meisten oder zweitmeisten Stockwerke gebaut haben. 

Im Anschluss, wird nun die letzte Person in Zugreihenfolge neuer Startspieler*in und es beginnt eine neue Runde. 

Sobald ein Spieler*in sein letztes Stockwerk platziert hat, wird das Spielende ausgelöst und im Anschluss an die laufende Runde erfolgt die Schlusswertung. 
Hier werden nun noch Punkte für die geheimen Bauvorhaben und die restliche Bevölkerung der Spieler*innen ermittelt und zu den im Spiel bereits erworbenen Siegpunkten addiert. 

Und voilà, wir haben den Garten besiedelt und eine/n Gewinner*in! 

Fazit 

Klingt das nicht interessant, innovativ und nach viel Interaktion? 
Ist es auch! Kleine Völker, großer Garten kommt in niedlichem Gewand daher, hat aber ordentlich Taktisches und Konfrontatives im Schlepptau! 


Spielerisch bietet Kleine Völker, großer Garten spannende Elemente und dadurch fühlt es sich frisch und unverbraucht an. 
Ein besonderer taktischer Kniff zum Beispiel ergibt sich daraus, dass ich durch meine Aktion das nächste Gebiet bestimme, in welchem die nächste Aktion ausgeführt werden muss. Auch entscheide ich darüber, welcher Mitspieler*in als nächstes am Zug ist, um eben in diesem Gebiet zu bauen bzw. ein Gebäude abzureißen. Dies stellt eine spannende Art der Interaktion unter den Mitspielern dar und lässt Raum für strategische Überlegungen! 

Zudem muss ich bedenken, dass der letzte gewählte Spieler in Zugreihenfolge die beiden letzten Aktionen der Runde macht und zu Beginn der nächsten Runde als erstes wieder am Zug ist, was ihm/ihr somit 3 Aktionen hintereinander ermöglicht und nicht leichtfertig entschieden werden sollte. 

Einen weiteren Kniff in diesem Spiel bietet das richtige Timing. Wann baue ich ein neues Gebäude in einem Gebiet um anderen den freien Platz dort zu nehmen, wann stocke ich eines meiner Gebäude auf um öffentliche Bauvorhaben vor den anderen Spielern zu erfüllen?! Meine Entscheidungen sollten also stets gut geplant sein und meine Mitspieler gut im Auge behalten werden. 

Die Qualität des Spielmaterials ist herausragend! Die Gebäude der Spieler jeweils unterschiedlich verziert, der Plan und auch die Marker im Spiel aus sehr stabiler Pappe, ein Papp-Inlay welches schön gestaltet ist und Frida ist umwerfend. Der gesamt Look, sowie die Illustrationen gefallen mir sehr gut. 
Die vier unterschiedlichen Völker werden ausführlich und liebevoll in der Spielanleitung beschrieben. Leider haben ihre unterschiedlichen Charakterbeschreibungen keinerlei Auswirkungen im Spiel. Hier würde für mich evtl. eine Erweiterung Sinn machen, mit unterschiedlichen, asymmetrischen Fraktionsfähigkeiten, um die Völker noch stärker einzubinden. 


Die Liebe zum Detail im Spiel ist entzückend! Die Anleitung ist gut strukturiert und sehr verständlich und auch zu Frida der Schildkröte wurden rührende Zeilen niedergeschrieben mit niedlichen Illustrationen dazu. Thematisch wurde die Story also schön verarbeitet und umgesetzt und nimmt mich tatsächlich stimmungsvoll mit in diesen großen Garten mit seinen kleinen Bewohnern. 

Kleine Völker, großer Garten ist definitiv ein "Keeper" in meiner Sammlung, da es sich frisch und anders anfühlt als andere Spiele dieses Genres. Insgesamt und umfassend hat dieses Spiel einfach einen Nerv bei mir getroffen und bereitet mir sowohl optisch als auch spielerisch Freude. Ein Wohlfühlspiel mit einer ordentlichen Portion Ärger-Potenzial. 

Wer den Mechanismus Area Majority gern mal in einem anderem Gewand, einer angenehm flotten Spielzeit von ca. 1 Stunde und mit frischen Ideen erleben möchte, sollte hier definitiv mal einen Blick drauf werfen. Von mir gibts eine Empfehlung!

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Kleine Völker, großer Garten von Nathalie & Rémi Saunier
Erschienen bei Board Game Circus
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten ab 10 Jahren

 sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Board Game Circus)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link.