05.06.2023

Tough Calls: Nach dem Untergang




Als ich den ersten Pitch von Tough Calls gelesen habe, dachte ich zuerst “Geil, Kings Dilemma mit Endzeit-Thema, das wird bestimmt der Hammer!” - Ja, leider hätte ich wohl mehr ins Detail gehen sollen, denn dann hätte ich mich nicht für diesen Titel entschieden. Was wiederum nun negativer klingt, als ich es meine - ich nehme nur vorweg, diese Art von Spiel ist einfach nicht meins.


Aber von vorne: Versprochen werden harte Entscheidungen, die getroffen werden müssen und dass der Spieler mit den besten Ideen das Spiel für sich entscheiden wird und rein von diesen Aussagen bin ich von einem Brettspiel im eigentlichen Sinn ausgegangen, aber schlussendlich ist es ein rein kommunikatives Spiel. Wir entscheiden uns zu Beginn für eines der Settings, von denen es insgesamt 10 verschiedene gibt, dazu passend jeweils drei Ereigniskarten und dann noch 30 allgemeine Fragekarten.




Die Einführung ins Szenario endet mit einer Frage, auf die nun jeder Spieler eine Antwort geben muss und zwar am Besten in einer bestimmten Rolle, die er im Spiel dann auch beibehält. Danach zieht ein Spieler drei Fragekarten, wählt eine aus und stellt diese nun in die Runde. Hat jeder seine Antwort gegeben, darf nun jeder mit Hilfe von Wahlmarkern (witzig: es sind Dosenlaschen) eine Stimme an denjenigen geben, welcher seiner Meinung nach die beste Antwort gegeben hat. So eine Fragerunde veranstaltet jeder Mitspieler und dann geht es weiter mit der abschließenden Ereignisrunde. Der aktive Spieler zieht zufällig eine der drei Ereigniskarten, aus der sich eine Frage ergibt. Eine letzte Abstimmung findet statt und dieses Mal verwendet man den Kronkorken seiner eigenen Fraktion, die dem Spieler, der gewählt wurde, zwei Punkte statt einem gibt. Es wird alles ausgezählt und der Spieler mit den meisten Stimmen gewinnt das Spiel.


Wenn man also weiß, worauf man sich einlässt, dann ist es sicherlich eine schöne Box mit coolen Ideen. Die Probleme sind gut gewählt (ein Beispiel findet ihr in den Bildern) und die Fragen teils echt problematisch, auch wenn es zum Teil echt schwierig sein kann, fünf verschiedene Antworten zu finden. Das Spiel lässt einem Freiheiten und evtl. fast schon zu viele Freiheiten, so dass man in Anbetracht der Möglichkeiten etwas überfordert sein kann. Und je nach Runde endet das Spiel dann relativ uninspiriert, weil die naheliegenden Optionen sofort genannt werden und der Rest sich etwas Hanebüchenes aus Fingern saugen muss.




Tough Calls richtet sich an Fans von Rollenspielen, an Spieler, die gern in Rollen schlüpfen und gut darin sind, kreative Ideen zu kommunizieren. Und wie gesagt, die finden hier dann schöne Grundgerüste, auf denen man aufbauen kann, aber alle, die ein Spiel, wenn auch nur wenig, wie bei Kings Dilemma erwarten, die werden hier enttäuscht sein.


Ich kann dem Spiel das natürlich nicht vorwerfen, auch wenn ich die Marketing-Texte schon ein wenig irreführend finde. Das Spiel hat viele tolle Ideen, wie Kronkorken, Dosenlaschen und den Flaschenöffner. Tolle Illustrationen von Dmitry Vishnevsky. Und zum Teil auch gute Fragen, die sich die Autoren Diego Burgos und Margarita Pino überlegt haben. Für mich ist es aber zu wenig Spiel und in meinen Runden verlaufen solche Spiele eher verhalten. Und zum Schluss eher frustrierend. Daher wird es bei mir wieder gehen.




Aber wenn euch sowas gefällt und ihr mit eurer Spielgruppe gern redet und in Rollen schlüpft, dann schaut euch Tough Calls mal genauer an. Vielleicht ein Tipp für Spieler, die überlegen eine große Pen-and-Paper Runde zu starten und testen wollen, ob der kommunikative Part hier funktioniert.


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Tough Calls von Diego Burgos and Margarita Pino
Erschienen bei Nice Game Publishing
Für 3 bis 5 Spieler in ca. 45-60 Minuten ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Nice Game Publishing)